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BVG: Neuer Fahrplan - neuer Ärger

Am 27. Oktober gab es wieder einmal einen Fahrplanwechsel bei der BVG. Dies wurde zum Anlaß genommen, alle seit dem 2. Juni erfolgten Änderungen zum VBB-Kursbuch 1996/97 in einem 400 Seiten (!) starken Ergänzungsband abzudrucken, der kostenlos ausgegeben wird. Gleichzeitig gab es eine neue Version des Fahrinfo, das zum Preis von 29,90 DM (Diskette) bzw. 49 DM (CD-ROM) erhältlich ist. Wesentlicher Anlaß für den neuerlichen Fahrplanwechsel waren einschneidende Änderungen im Fahrplan mehrerer U-Bahn-Linien sowie das novellierte Ladenschlußgesetz, worauf jedoch nur der Unternehmensbereich Bus fahrplanmäßig reagierte. Darüber hinaus gab es wieder eine Vielzahl von kleineren Fahrplanänderungen im Busbereich durch Umleitungen oder „durch verändertes Fahrgastverhalten“.

BVG-Logik: Längere Bahnsteige und weniger Platz für Fahrgäste

U-Bahnsteig
Verlängerter Bahnsteig U-Bf Stadtmitte. Ende September begann auf der U6 der jetzt mögliche Einsatz von Sechs- statt Vier-Wagen-Zügen. Damit verbunden war, gewissermaßen zur „Belohnung“ der Fahrgäste für das Erdulden jahrelanger baubedingter Einschränkungen, die Erweiterung des Berufsverkehrstaktes auf fünf Minuten, was zugleich eine Reduzierung des Platzangebotes bedeutet. Foto: Stefan Schnerr

Die Fertigstellung der Bahnsteigverlängerungen auf der U6 ermöglicht hier nun den Einsatz von 6- statt 4-Wagen-Zügen. Die Fahrgäste der U6, die während der fünfjährigen Bauzeit immer wieder monatelange Pendelverkehre, z.T. im Halbstundentakt, und Umwege durch geschlossene Ausgänge ertragen mußten, wurden von der BVG in besonderer Weise belohnt: Ende September wurde der Berufsverkehrstakt von bisher 3 auf nun mehr 5 Minuten verlängert, was einer Reduzierung des Platzangebotes um 10% entspricht (bisher 20 Züge x 4 Wagen = 80 Wagen je Stunde/Richtung; jetzt 12 Züge x 6 Wagen = 72 Wagen je Stunde/Richtung). Regelmäßige Zählungen hätten ergeben, so die BVG, daß ein 5-Minuten-Takt vorerst ausreichend sei und ansonsten ein betriebswirtschaftlich nicht vertretbares Überangebot vorhanden wäre. (Wir empfehlen der BVG den Versuch, während des Berufsverkehrs beispielsweise zwischen Seestraße und Leopoldplatz einen Stehplatz zu erkämpfen ...)

U7 abends ohne Anschlüsse

Auch sonst ist der U-Bahn-Bereich immer wieder für unangenehme Überraschungen gut. Der neue Abend-Fahrplan der U7 kann nur noch als fahrgastfeindlich bezeichnet werden. Sämtliche bisher abends gebotenen Umsteigeanschlüsse an der Berliner Straße, am Mehringdamm und am Hermannplatz sind beim 10- und sogar beim 20-Minuten-Takt entfallen. Den Fahrgästen werden jetzt Wartezeiten von z.T. über einer Viertelstunde selbst in Hauptumsteigerelationen an allen drei o.g. - wie auch an praktisch allen anderen Umsteigebahnhöfen - zugemutet.

Geschäftsschluß bei der BVG

U-Bahnsteig
U-Bf Hermannplatz auf der U7. Abends gibt es auf der U7 keine Anschlüsse mehr zu den anderen U-Bahn-Linien. Ärgerlich ist ferner, daß bei der U-Bahn - im Gegensatz zum BVG-Busbereich - generell nicht auf den seit dem 1. November verlängerten Ladenschluß reagiert wurde. Erfreulich ist demgegenüber, daß die BVG auf U7 und U9 den 10-Minuten-Takt am Wochenende tagsüber wieder verdichtet hat Foto: Marc Heller

Und schließlich zeigt man sich auch hinsichtlich der Verlängerung der Geschäftsöffnungszeiten gewohnt behäbig. Während fast alle Einzelhändler in der Berliner Innenstadt frühzeitig angekündigt hatten, ihre Geschäfte ab 1. November abends bis 20 Uhr offen zu halten, wird bei der U-Bahn z.B. der Betrieb auf der City-U-Bahn-Linie 15 ab 19.30 Uhr unverändert auf den Pendelverkehr Uhlandstraße - Wittenbergplatz reduziert, und die Einkaufszentren Wilmersdorfer Straße und Hermannplatz werden mit aus allen Nähten platzenden Zügen auf der U7 ab 19.30 Uhr nur noch im 10-Minuten-Takt bedient.

Aber wenigstens einem Überfüllungsproblem hat die BVG nun endlich abgeholfen: Der vor zwei Jahren im gesamten U-Bahn-Netz eingeführte generelle 10-Minuten-Takt am Sonnabend-Nachmittag und sonntags ganztägig wurde jetzt auf der U7 und U9 zugunsten eines 6/7/7-Minuten-Taktes zurückgenommen.

Fahrgastorientierter reagierte der BVG-Busbereich auf die Novellierung des Ladenschlußgesetzes. Alle normalerweise nach Geschäftsschluß verkürzt fahrenden Linien werden künftig bis 20 Uhr und sonnabends bis 16 Uhr in die Geschäftszentren fahren. Die bisher auf diesen Linien donnerstags bis 20.30 Uhr durchgeführten zusätzlichen Fahrten entfallen dagegen.

Ikarus - Abschied ohne Tränen

Ikarus Bus
Ein Stück Berliner Verkehrsgeschichte ging Ende Oktober zuende. Die Ikarus-Busse werden jetzt nur noch bei solchen Sonderverkehren eingesetzt. Die meisten Fahrgäste werden nicht traurig sein, nun auf die tägliche Klettertour in die zu hohen Fahrzeuge verzichten zu müssen. Foto: I. Schmidt

Insbesondere für ältere Fahrgäste und diejenigen mit Koffer oder Kinderwagen bringt der neue Winterfahrplan eine wesentliche Erleichterung. Die für so manchen Fahrgast beinahe unüberwindbare Einstiegshöhe der Ikarus-Busse wird man zukünftig nur noch bei Sonderverkehren sowie im Schienenersatzverkehr zu bewältigen haben. Im regelmäßigen Linieneinsatz hat der alte Ikarus in Berlin ausgedient.

IGEB

aus SIGNAL 8/1996 (November 1996), Seite 4

 

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