Schienenverkehrswochen 2007
Umsteigen am Hbf und Radmitnahme waren nur zwei der Themen der Fragerunde zum Bussprechtag bei den diesjährigen Schienenverkehrswochen...
25. Dez 2007
Zur Tradition der Schienenverkehrs-Wochen gehört seit langem auch der Sprechtag für die BVG-Busfahrgäste, dieses Jahr am 27. September erneut mit Johannes Müller, Direktor Omnibus, und Helmut Grätz, Abteilungsleiter Betriebsmanagement.
Eingangs berichtete Johannes Müller über die technische Aufrüstung der Busse, um die gesetzlichen Anforderungen der Abgasverordnung zu erfüllen. Alle neu in Betrieb genommenen Fahrzeuge entsprechen nicht nur der Euro-4-Norm, sondern sie sind zusätzlich mit CRT-Rußfiltern ausgerüstet. Der Schadstoffausstoß wird somit auf ein Minimum im Bereich der Nachweisgrenze reduziert und stellt somit faktisch eine Übererfüllung der gesetzlichen Anforderungen dar. Außerdem wurden etwa 1000 Busse der bestehenden Fahrzeugflotte für 5500 Euro pro Stück mit diesen Filtern nachgerüstet. Lediglich 100 ältere Doppeldecker der Baureihe D benötigen eine Ausnahmegenehmigung für Fahrten im Innenstadtbereich, wenn ab Januar 2008 in Berlin die Umweltzone gilt. Da die Beschaffung neuer Busse kontinuierlich erfolgt, ist mit baldiger Ausmusterung der Altfahrzeuge zu rechnen. Darüber hinaus läuft der Versuchsbetrieb mit Wasserstoffbussen weiter. Bislang sind vier von insgesamt vierzehn vorgesehenen Fahrzeugen mit dieser Technik ausgerüstet.
Für seinen sehr unterhaltsam vorgetragenen Bericht aus dem Betriebsalltag hatte sich Helmut Grätz das eher als Trauerspiel zu wertende Thema „Erschließung des Hauptbahnhofs“ ausgesucht. Bekanntlich sollte dieser zu seiner Eröffnung 2006 zusätzlich zur Stadtbahn mit einer neuen S 21 in Nord- Süd-Richtung, der U 5 zum Alex und drei Straßenbahn-Linien über die Invalidenstraße erschlossen werden. Die Busanbindung spielte in der Planung eine untergeordnete Rolle. Entsprechend klein wurden die Bushaltestellen und Wendeanlagen konzipiert. Doch alle Schienenprojekte sind viele Jahre im Verzug, so dass nun die BVG-Busse diese Lücke in der ÖPNV-Anbindung schließen müssen. Die Haltestellen und Wendeanlagen sind für diese Anforderungen aber vollkommen unzureichend. Entsprechend groß ist der Unmut bei den Fahrgästen – und bei der BVG, die jetzt die Fehlplanungen ausbaden muss.
Nachdem zunächst überhaupt kein Witterungsschutz für wartende Fahrgäste vorhanden war, wurden auf öffentlichen Druck kurzfristig die nun vorhandenen Wartehallen aufgestellt. Sie stehen aber so nah am Radweg, dass gegenseitige Behinderungen und Gefährdungen zwischen wartenden Fahrgästen und Radfahrern vorprogrammiert waren. Außerdem sind die Wartehallen zu klein. Zwar gäbe es Platz für großzügige Haltestellenanlagen, aber der ist als Bauland verplant und gehört nicht zum Straßenraum.
Auch die fehlenden Wendeanlagen sind ein Problem. Die von der BVG der Senatsverkehrsverwaltung vorgeschlagenen Standorte wurden nicht genehmigt. So war zum Zeitpunkt der Veranstaltung unklar, ob die von der BVG geplante und sehr sinnvolle Verlängerung der Linie M 85 aus dem südwestlichen Berlin zum Hauptbahnhof überhaupt realisiert werden kann, weil es bislang keine Wendemöglichkeit für diese Linie am Hauptbahnhof gibt. Inzwischen wurde dieses Problem aber gelöst.
Die an die Vorträge anschließende Diskussion zeichnete sich durch ein sachkundiges und humorvolles Frage- und Antwortspiel von beiden Seiten aus. Ein Auszug aus dem vielfältigen Fragenkatalog:
Gibt es eine Fahrradmitnahme in Bussen? Nein. Busse sind Zubringer zur Schnellbahn, der knappe Platz soll Kinderwagen und Rollstuhlfahrern vorbehalten werden.
Wird das Einkaufscenter Alexa besser an den Bus angeschlossen? Derzeit nicht. Der Alexanderplatz ist mit seinen zahlreichen S-Bahn-, U-Bahn-, Straßenbahnund Buslinien in fußläufiger Nähe. Gleichwohl wird man die Entwicklung beobachten.
Was für Busse werden auf dem M 85 zum Hauptbahnhof fahren? Neue Dreiachs-Doppeldecker Typ DL. Allerdings müssen zuvor im Ahlener Weg in Lichterfelde Süd an Bäumen und im Haltestellenbereich die dafür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Warum soll der M 41 nach Verlängerung des M 85 zum Hauptbahnhof dann zwischen Potsdamer Platz und Hauptbahnhof im Straßentunnel und somit ohne Zwischenhaltestellen verkehren? Da der oberirdische Straßenbereich im Regierungsviertel durch den M 85 erschlossen wird, kann der M 41 den deutlich schnelleren Straßentunnel benutzen und wird auch nicht mehr durch die häufigen Sperrungen im Regierungsviertel beeinträchtigt.
Warum hält die Buslinie TXL nicht am Washingtonplatz an der Haltestelle des M 41, damit man schneller und bequemer zum Hauptbahnhof umsteigen kann? Die Linie TXL ist als schneller Flughafenzubringer konzipiert, ein zweiter Halt am Hauptbahnhof würde zu viel Zeit kosten. [Nachtrag der Redaktion: Knapp drei Monate nach diesem Sprechtag wurde zum Fahrplanwechsel im Dezember 2007 eine zusätzliche Haltestelle des TXL am Washingtonpl (Hbf Süd) eingerichtet.]
Es gibt Fahrer, die bei Bussen, die im SEV fahren, die hinteren Türen nicht öffnen. Ist das zulässig? Das Fahrpersonal ist angewiesen, beim SEV alle Türen zu öffnen. Eine Fahrscheinkontrolle durch den Fahrer findet nicht statt, ein Fahrscheinkauf ist aber möglich. Die Außenöffnungsknöpfe für die hinteren Türen gibt es nicht mehr bzw. sie sind bei älteren Fahrzeugen außer Funktion. Daher ist eine Selbstöffnung für die Fahrgäste nicht möglich.
So weit auszugsweise einige von vielen Fragen. Alle Fragesteller bekamen an diesem Abend eine fundierte Antwort. Auch wenn naturgemäß nicht alle mit der Antwort auf ihre Frage zufrieden waren, so war es doch in jedem Fall interessant. Folgerichtig ging der Abend mit Beifall für Johannes Müller und Helmut Grätz zu Ende. (kju)
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 6/2007 (Dezember 2007/Januar 2008), Seite 18