Kleine Anfrage
Kleine Anfrage vom 27. März 2007 zur Zukunft sächsischer Eisenbahnverbindungen und Antwort der Bundesregierung vom 16 . April
15. Jun 2007
Wann ist mit einer durchgängig zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h auf der Bahnstrecke Berlin—Dresden zu rechnen?
Ein Termin zur durchgängigen Befahrbarkeit der Strecke Berlin—Dresden für eine Streckengeschwindigkeit von 160 km/h kann derzeit von der Bundesregierung nicht genannt werden. Die hierzu erforderlichen Abstimmungen mit der DB Netz AG sind noch nicht abgeschlossen.
Sind für den Ausbau der Strecke Berlin— Dresden von der Europäischen Union Zuschüsse genehmigt, bereits ausgezahlt oder in Aussicht gestellt worden? Falls ja, in welcher Höhe?
Für das TEN-Projekt Ausbaustrecke Berlin— Dresden wurden innerhalb der 1. Baustufe für Teilabschnitte 10 Millionen Euro Zuschuss beantragt und von der EU-Kommission bewilligt. Die geförderten Abschnitte wurden zwischenzeitlich realisiert.
Sind die Zuschüsse der Europäischen Union an eine Realisierung des Vorhabens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebunden?
Nein. Die Zuschüsse der EU müssen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt lediglich für die beantragten Abschnitte eingesetzt worden sein.
Welche Kapazität weist die Strecke Berlin— Dresden derzeitig auf? Um welchen Prozentsatz erhöht sie sich nach der durchgängigen Ertüchtigung auf 160 km/h?
Die zweigleisige elektrifizierte Strecke Berlin— Dresden weist derzeit vom Standard her eine Kapazität von 144 Zügen pro Tag und Richtung auf. Mit der durchgängigen Ertüchtigung der Strecke auf 160 km/h verbessert sich zwar die Betriebsqualität, die Streckenkapazität verändert sich jedoch nur unwesentlich.
Wird sich der Verkehr auf der Bahnstrecke Berlin—Dresden im Bereich der Personen- und der Güterbeförderung bis 2020 erhöhen? Falls ja, in welchen Dimensionen?
Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich bei anhaltendem stetigem Wirtschaftswachstum auch der Verkehr im Bereich der Personen- und Güterbeförderung auf der Strecke Berlin—Dresden erhöhen wird, wobei eine durchgängig mit 160 km/h stabil befahrbare Strecke zusätzliche Verkehre induzieren würde. Konkrete Angaben zum Jahr 2020 könnten nur auf der Grundlage einer detaillierten Verkehrsprognose für dieses Zieljahr getroffen werden.
Gibt es Planungen zum Zeitpunkt der Realisierung der 2. Ausbaustufe der Strecke Berlin— Dresden?
Nein. Der Zeitplan zur Realisierung der 2. Baustufe der Strecke Berlin—Dresden hängt wesentlich von der Höhe der insgesamt in den nächsten Jahren zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die Investitionen in die Schienenwege des Bundes ab.
Wann ist nach derzeitigem Erkenntnisstand mit einer Wiederinbetriebnahme der Dresdener Bahn auf Berliner Stadtgebiet zu rechnen? Welchen Stand hat das entsprechende Planfeststellungsverfahren? Wann ist mit dem Abschluss zu rechnen?
Ein Termin für die Wiederinbetriebnahme der sogenannten Dresdener Bahn kann derzeit nicht genannt werden. Die Bundesregierung strebt – in Übereinstimmung mit den Ländern Berlin und Brandenburg – eine Inbetriebnahme möglichst zeitnah zur Realisierung der Schienenanbindung des Flughafens BBI an.
Das Planfeststellungsverfahren zum Wiederaufbau der Dresdener Bahn ist in drei Planfeststellungsabschnitte unterteilt. Für den Abschnitt 1 [Attillastraße bis Schichauweg] erfolgte im März 2007 die Erörterung und für den Abschnitt 2 (Lichtenrade) wurde die Stellungnahme der Anhörungsbehörde (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) gegenüber der Planfeststellungsbehörde (Eisenbahn-Bundesamt) im März 2007 abgegeben. Für den Abschnitt 3 (im Landkreis Teltow-Fläming) ist der Erörterungstermin für April 2007 angesetzt. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Planfeststellungsbeschlüsse können zurzeit keine verlässlichen Aussagen getroffen werden.
Welchen Fahrzeitgewinn verspricht sich die Deutsche Bahn AG gegenüber der Fahrt über Großbeeren?
Es wird mit einem Fahrzeitgewinn von ca. 10 Minuten gerechnet.
Kommentar des Deutschen Bahnkunden-Verbandes
Die Bahnstrecke Berlin—Dresden ist Bestandteil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-Projekte). Aber laut Antwort der Bundesregierung ist damit offensichtlich nicht gewährleistet, dass die Strecke zügig ausgebaut bzw. die Verfügbarkeit der Infrastruktur auf einem hohen Niveau gehalten wird.
Besonders unverständlich ist, dass es noch immer keine Zeitplanung gibt. Bezüglich der Realisierung dieses Projekts hat es ohnehin schon erhebliche Verzögerungen gegeben, da mit den Ausbaumaßnahmen bereits im November 2000 (!) begonnen wurde. Stattdessen führen Langsamfahrstellen bzw. zum Teil erhebliche Geschwindigkeitseinbrüche nunmehr zu längeren Fahrzeiten und zu einem zumindest teilweise instabilen Fahrplan.
Erinnert sei daran, dass zum Jahresfahrplan 1992/93 diese Strecke von InterCity- und InterRegio-Zügen bereits weitgehend mit 160 km/h befahren wurde! Dieser Standard wurde seitens der DB Netz AG in der Folgezeit – zu Lasten der Bahnkunden – nicht gehalten. So benötigt ein EuroCity derzeit zwischen Berlin Hbf und Dresden Hbf planmäßig 2:05 Stunden, im Jahr 1937 benötigte z. B. D 54 für diese Strecke – berechnet natürlich ab Berlin Anhalter Bahnhof – 1:39 Stunden (die heutige Fahrzeitverlängerung durch den Umweg über Großbeeren beträgt lediglich ca. 10 Minuten, siehe oben)!
Zumindest die 1. Baustufe, die den Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h beinhaltet, muss endlich zügig umgesetzt werden, um die notwendige Fahrplanstabilität zu gewährleisten und wieder deutlich attraktivere Fahrzeiten zu ermöglichen. Diese Maßnahme bringt einen größeren und dazu noch mittelfristig erzielbaren Nutzen im Vergleich zu einer Aufstockung bzw. Konzentration der Investitionsmittel für extrem teure Infrastrukturmaßnahmen wie die Neu- bzw. Ausbaustrecke Nürnberg— Erfurt—Leipzig/Halle (VDE-Projekte 8.1 und 8.2) mit ihren zahlreichen Talbrücken und Tunnelbauten.
Auf einen Ausbau der Strecke Berlin—Dresden für 200 km/h kann dagegen angesichts einer zusätzlichen Investitionssumme von deutlich über 200 Millionen Euro (z. B. für die Beseitigung der Bahnübergänge, Einbau der Linienzugbeeinflussung LZB bzw. der ETCS) zugunsten eines ebenfalls forcierten Ausbaus anderer Strecken vorerst verzichtet werden. Die Strecken Berlin—Rostock, Berlin—Stralsund oder Berlin—Cottbus—Görlitz—Grenze D/PL seien hier stellvertretend genannt; auch in diesen Relationen besteht erheblicher qualitativer Nachholbedarf bezüglich der Infrastruktur!
Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag
aus SIGNAL 3/2007 (Juni/Juli 2007), Seite 13