Verkehrsrecht & Tarife

Lokführerstreik und DB-Ersatzfahrplan

Zuspitzung im Machtkampf zwischen DB und GDL auf dem Rücken der Fahrgäste


Berliner Fahrgastverband IGEB

15. Okt 2007

Berlin Hbf. Schlangestehen auch nach dem Streik. Foto: Florian Müller, 5. Oktober, 15 Uhr

„Das große Bahn-Chaos blieb aus“, verkündete die Deutsche Bahn triumphierend, nachdem es ihr am 5. Oktober gelungen war, auch während des Lokführerstreiks von 8 bis 11 Uhr Züge fahren zu lassen. Sie hatte einen Ersatzfahrplan in Kraft gesetzt, der diesen vermeintlichen Erfolg ermöglichte, weil er ohne die Lokführer der streikenden Gewerkschaft GDL gefahren werden konnte.

Aber um das zu erreichen, hatte die DB das Zugangebot drastisch ausgedünnt. Nicht nur während der drei Streikstunden, sondern ganztägig fielen viele Züge aus. Der „Erfolg“ der Bahn wurde also auf dem Rücken der Fahrgäste erkämpft.

Während die meisten Berliner Fahrgäste noch die Möglichkeit hatten, die S-Bahn mithilfe der BVG zu meiden, waren viele Brandenburger ohne Chance, pünktlich zur Schule oder zur Arbeit zu kommen. Viele erreichten ihr Ziel gar nicht, weil mehrere RBLinien überhaupt nicht befahren wurden und die RE-Linien so weit ausgedünnt waren, dass zahlreiche Fahrgäste nicht mitkamen.

Beispiel RE 1: Die Züge der brandenburgischen Vorzeigelinie fahren normalerweise alle halbe Stunde. Am 5. Oktober verkehrten sie nur alle zwei Stunden. Drei von vier Zügen fielen also aus. Entsprechend überfüllt und oft verspätet waren die Züge. Ein besonderes Ärgernis war, dass der Zugverkehr bereits am Abend eingestellt wurde, obwohl die Züge sonst bis nach Mitternacht fahren und gerade am Freitagabend auch dann sehr gut besetzt sind.

Gravierend waren auch die Einschränkungen im internationalen Verkehr. So waren die Züge von Berlin nach Warschau, obwohl sie vor 8 Uhr bzw. nach 11 Uhr verkehren, auf deutscher Seite ganztägig ersatzlos entfallen.

Der Ersatzfahrplan der DB, der diesen Namen nicht verdiente, belastete die Fahrgäste sehr viel mehr, als es der dreistündige Streik getan hätte. Der Berliner Fahrgastverband IGEB erwartet deshalb von den Bestellern des Nahverkehrs, dass sie entschieden gegen einen solchen nicht streikbedingten Ausfall bestellter und bezahlter Nahverkehrsleistungen vorgehen.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 5/2007 (Oktober/November 2007), Seite 24