Cottbus

Anwalt: „Bürgerbegehren ist zulässig!“

Warum ProTramCottbus dennoch nicht gerichtlich klagt


Initiative ProTramCottbus

1. Jun 2010

Das Bürgerbegehren für die Straßenbahn in Cottbus war erfolgreich, wurde aber aus vorgeschobenen formalen Gründen abgelehnt. Foto: Florian Müller

Das Bürgerbegehren für Erhalt und Ausbau der Cottbuser Straßenbahn war, wie berichtet, erfolgreich. Doch die Stadtverwaltung hatte den Stadtverordneten empfohlen, das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären, was diese dann auch am 27. Januar 2010 mit rot-rot-grüner Mehrheit taten (vgl. SIGNAL 1/2010)

Daraufhin hatten die Initiatoren einen Anwalt beauftragt, die Aussichten einer Klage zu prüfen. Inzwischen liegt das Prüfergebnis vor. Der Potsdamer Anwalt Peter Schüler, Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung Potsdam, schrieb: „Zusammenfassend komme ich zu dem Ergebnis, dass ich das Bürgerbegehren für zulässig halte. Gleichwohl muss ich darauf hinweisen, dass eine Klage nicht ohne Risiken wäre. (…) Meiner Erfahrung nach neigen die brandenburgischen Verwaltungsgerichte dazu, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Bürgerbegehren eng auszulegen. Meines Wissens fehlt es bislang an einer Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg in einem vergleichbaren Fall. Es wäre aus juristischer Sicht durchaus interessant, diese Streitfrage einer obergerichtlichen Entscheidung zuzuführen, aber ich fürchte, dass damit ein längerer Instanzenweg verbunden sein könnte, dessen Ergebnis ungewiss ist. Vor diesem Hintergrund scheue ich mich, eine Klage zu empfehlen.“ Die vollständige Analyse und Empfehlung ist nachzulesen unter www.pro-tram-cottbus.de/dokumente

Entscheidung für den Klageverzicht

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sowie alle anderen Mitglieder von ProTramCottbus kamen nach längerer Beratung zu dem Entschluss, der Empfehlung zu folgen. Diesem Entschluss liegen folgende Argumente zu Grunde:

Für die Initiatoren bleibt die bittere Erkenntnis, dass der Stadtverwaltung und den Stadtverordneten der mit mehr als 9400 gültigen Unterschriften bekundete Wille der Cottbuser Bevölkerung mehr oder weniger gleichgültig ist. Ihnen ist es gelungen, mit juristischen Spitzfindigkeiten den Willen der Cottbuser mit Füßen zu treten. Das von den Abgeordneten in der Stadtverordnetenversammlung für die Initiative der Bürger gespendete übermäßige Lob erscheint in diesem Licht nur als blanke Scheinheiligkeit.

Möglicherweise versucht die Stadtverwaltung mit ihrem Verhalten ja auch, zukünftige Bürgerbegehren im Vornherein abzuwürgen. Motto: „Hat ja doch keinen Zweck!“. Die Initiatoren bitten an dieser Stelle die Cottbuser eindringlich, sich nicht in diesem Sinne beeinflussen zu lassen. Schließlich ist Basisdemokratie in Cottbus eine ziemlich junge Sparte; sie ist noch entwicklungsfähig.

Im konkreten Fall kommt noch hinzu, dass die Risiken einer Klage ungleich verteilt sind. Verliert die Stadt, bezahlt der Steuerzahler; verliert der Kläger, wird er persönlich zur Kasse gebeten. So fällt es der Stadtverwaltung natürlich leicht, ihren Willen gegen die Bevölkerung durchzudrücken. Basisdemokratie ist in Brandenburg noch lange nicht richtig angekommen.

Bürgerbegehren war dennoch erfolgreich

Ungeachtet dessen betrachtet es ProTramCottbus als großen Erfolg, dass das Gutachten gemäß Bürgerbegehren überhaupt in Auftrag gegeben wurde, wobei ProTramCottbus in gewisser Weise im Dunkeln tappt, denn weder die Ausschreibung noch der Auftrag selbst wurden bekannt gegeben.

Und das von Cottbusverkehr-Chef Ulrich Thomsch kürzlich bekannt gegebene positive Ergebnis bei den Fahrgastzahlen des Jahres 2009 ist sicher mit darauf zurückzuführen, dass die Cottbuser durch die ÖPNV-Diskussion des Jahres 2009 wieder mal auf ihre gute alte Elektrische aufmerksam wurden.

Internet: www.pro-tram-cottbus.de

Initiative ProTramCottbus

aus SIGNAL 2/2010 (Mai 2010), Seite 19