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Chancen für die Berliner S-Bahn durch BGH-Entscheidung


Berliner Fahrgastverband IGEB

18. Mär 2011

Titelbild: Zum dritten Mal in Folge war die Berliner S-Bahn dem Winterwetter nicht gewachsen und musste den Betrieb massiv einschränken. Foto: Marc Heller, Ringbahn, 20. Dezember 2010

S-Bahn-Leistungen müssen ausgeschrieben werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 8. Februar 2011. Der Fahrgastverband IGEB forderte daraufhin am 9. Februar die Länder Berlin und Brandenburg erneut auf, sofort alle Weichen zugunsten einer Ausschreibung des Verkehrs der Berliner S-Bahn zu stellen – oder eine Landeseisenbahngesellschaft zu gründen, die den S-Bahn-Verkehr übernimmt. Eine erneute Direktvergabe an die Deutsche Bahn oder an einen privaten Anbieter ist mit der BGH-Entscheidung jedenfalls ausgeschlossen. Rechtlich möglich ist weiterhin eine Übernahme der S-Bahn durch die BVG, aber das wird von der IGEB entschieden abgelehnt. Es darf im öffentlichen Nahverkehr Berlins keinen Monopolbetrieb geben.

Am 7. Januar 2010 hatte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer einen Zeitplan vorgestellt: „Die Vergabe der Leistungen wird etwa 1½ Jahre dauern, da den Unternehmen ausreichend Zeit gegeben werden muss, ein Angebot für derartig komplexe Leistungen zu kalkulieren. Zudem rechnen wir damit, dass die Fahrzeugindustrie etwa 5½ Jahre benötigt, um 190 Neufahrzeuge für die S-Bahn zu entwickeln, zu erproben und zu bauen. Wir müssen daher bis spätestens Januar 2011 entscheiden, ob und wie wir das mit Neufahrzeugen zu bedienende Teilnetz vergeben wollen.“

Tatsächlich wurden seither auch alle Voraussetzungen für eine Ausschreibung zumindest eines Teilnetzes geschaffen, doch die für „spätestens Januar 2011“ versprochene Entscheidung, ob es eine Ausschreibung gibt, ist noch immer nicht gefallen. Aber mit der BGH-Entscheidung muss das Zögern und Zaudern des Senats nun ein Ende haben. Ein Aufschieben bis nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2011 darf es jetzt nicht mehr geben. Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert deshalb,

Landeseisenbahngesellschaft…

entweder die Gründung einer Landeseisenbahngesellschaft der Länder Berlin und Brandenburg, die den S-Bahn-Betrieb nach 2017 übernimmt, wobei durchaus einzelne Serviceleistungen durch VBB oder BVG erbracht werden können,

…oder Vergabe im Wettbewerb

oder die Vergabe der S-Bahn-Leistungen im Wettbewerb unter folgenden Prämissen

Dem Fahrgastverband IGEB ist bewusst, dass die Ausschreibung keinen Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme der Berliner S-Bahn leistet und dass die Vergabe der Leistungen im Wettbewerb keine Garantie ist, dass es nicht auch nach 2017 noch Probleme gibt.

Aber die BGH-Entscheidung bietet die Chance, dass endlich schnell die Weichen für die Zukunft der Berliner S-Bahn nach dem Ende des 2017 auslaufenden Vertrages mit der Deutschen Bahn gestellt werden. Solange diese Zukunftsfrage nicht geklärt ist, wird die S-Bahn GmbH verständlicherweise nichts für die Entwicklung neuer Fahrzeuge tun.

Die rechtzeitige Entwicklung und Herstellung neuer Fahrzeuge ist aber die Schlüsselfrage für die Zukunft der Berliner S-Bahn. Wie die Verkehrssenatorin selbst Anfang 2010 richtigerweise festgestellt hatte, muss sofort mit der Fahrzeugentwicklung begonnen werden, damit 2018 ausreichend S-Bahnen zum vollständigen Ersatz der Baureihen 480 und 485 und in den Folgejahren zur stufenweisen Ablösung der Baureihe 481 zur Verfügung stehen.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 1/2011 (März 2011), Seite 7