Verkehrsrecht & Tarife
18. Mär 2011
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufrieden stellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.
Der Beschwerdeführer buchte im Internet ein Online-Ticket für zwei Personen für eine Fahrt von Bad Malente nach Augsburg und zurück. Dafür zahlte er einen Preis von 258 Euro. Als Identifikationsnachweis gab er seine Kreditkarte an, die der Beschwerdeführer am Reisetag jedoch vergaß.
Auf der Hinfahrt informierte der Beschwerdeführer den Zugbegleiter, dass er seine Kreditkarte vergessen hatte und bat um kulantes Entgegenkommen – ohne Erfolg. Statt eine Fahrpreisnacherhebung auszustellen, forderte ihn der Zugbegleiter zum Erwerb von zwei neuen Fahrscheinen zum Preis von 278 Euro auf. Bei der Kontrolle auf der Rückfahrt zeigte sich der Zugbegleiter hingegen
kulant und verzichtete auf den Kauf weiterer Tickets.
Der Beschwerdeführer verlangte eine Erstattung der im Zug gezahlten 278 Euro. Dies wurde vom Verkehrsunternehmen abschlägig beschieden. Begründet wurde die Ablehnung mit den geltenden Beförderungsbedingungen. Dort sei ausdrücklich geregelt, dass der bei der Buchung angegebene Identifikationsnachweis zur Fahrkartenkontrolle vorzuzeigen sei. Nur mit diesem Nachweis sei das Online-Ticket gültig. Im Übrigen könnten die nachgelösten Tickets nicht mehr zurückgenommen werden, da sie bereits zur Reise genutzt wurden.
Nach der Ablehnung des Erstattungsantrages wandte sich der Beschwerdeführer an die söp. Die Prüfung seines Anliegens ergab, dass nach den Beförderungsbedingungen ein Erstattungsanspruch nicht besteht. Die Beförderungsbedingungen ermöglichen aber in besonderen Härtefällen aus Gründen der Billigkeit den Umtausch oder die Erstattung.
Einen solchen Härtefall zog die söp in Erwägung. Dabei wies sie insbesondere darauf hin, dass der Beschwerdeführer für die Beförderung auf der Hinfahrt zweimal bezahlte, obwohl er die Leistung nur einmal in Anspruch nahm. Auch war der Nachzahlungsbetrag allein für die Hinfahrt mit 278 Euro erheblich höher als der Preis für das gesamte Online-Ticket (258 Euro für Hin- und Rückfahrt). Ferner hätte der Zugbegleiter die Ausstellung einer Fahrpreisnacherhebung in Betracht ziehen können. In diesem Falle hätte der Beschwerdeführer innerhalb von 14 Tagen den Besitz einer gültigen Fahrkarte nachweisen können, was zu einer Reduzierung der Forderung auf 7 Euro geführt hätte.
Die Schlichtungsempfehlung der söp wurde angenommen. Das Verkehrsunternehmen erstattete dem Beschwerdeführer die nachgelösten Tickets in Höhe von 278 Euro abzüglich der Bearbeitungsgebühr in Höhe von 7 Euro. (Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 1/2011 (März 2011), Seite 15