Service im Test
Nachdem wir die Datenqualität der einzelnen Dienste getestet haben, wollen wir uns nun die Oberflächen direkt ansehen. Dabei ist zwischen der PC-Ansicht und den Seiten für mobile Endgeräte (Handys) zu unterscheiden. Positiv zu bewerten ist erst einmal, dass alle getesteten Seiten beide Versionen zur Verfügung stellen.
2. Mär 2012
Traurig stimmt zunächst, dass die BVG-Seite nur für zwei ihrer vier Verkehrsmittel Echtzeitdaten anbietet: Straßenbahn und Bus. Schmerzlich vermisst wird dieser Service für die U-Bahn und die Fähren.
Der Service ist auf der BVG-Homepage gut versteckt und nicht unter drei Klicks erreichbar. Im Menü muss man erst auf „Fahrplanauskunft“ klicken, dann auf „Meine Haltestelle“ und dann schließlich noch auf „Ist-Abfahrtszeiten“. Dort kann man dann entweder den gewünschten Haltestellennamen oder die sechsstellige Haltestellennummer eingegeben. Obwohl das System bei Routingabfragen die automatische Standortbestimmung des Handys beherrscht, kommt sie beim Echtzeitservice leider nicht zum Einsatz.
Die Ergebnisseite ist recht übersichtlich aufgebaut. Die Abfahrten sind nach den einzelnen Haltestellenmasten untergliedert. So muss man sich an großen Stationen nicht die gewünschte Information aus einer endlosen Liste suchen, sondern hat die Abfahrten gleich nach Richtung geordnet.
Interessant ist vielleicht die Tatsache, dass ausschließlich prognostizierte Abfahrtszeiten angezeigt werden. Die Fahrplanzeit fehlt. Es kann also nicht so leicht erkannt werden, ob die Abfahrt nun pünktlich, verfrüht oder verspätet stattfindet. Und auch sonstige Informationen fehlen, wie zum Beispiel Informationen, ob die Fahrt barrierefrei ist oder es sich um ein klimatisiertes Fahrzeug handelt.
Nicht einmal die Fahrtroute ist erkennbar. Eigentlich erwartet man, dass man mit einem Klick auf die Liniennummer die Unterwegshalte angezeigt bekommt. Doch auch diese Information ist leider nicht verlinkt. Dafür kann man aber auf das Fahrziel klicken und sieht dann die Echtzeitdaten des Linienziels – warum auch immer.
Ist die Abfahrtszeit echt, so entspricht das angezeigte Ziel leider häufig nicht der Wahrheit. Auch bei Bauarbeiten wird nämlich fleißig das planmäßige Ende der Linie angezeigt, auch wenn man das häufig mit dieser Fahrt schlecht bis gar nicht erreichen kann. So wird, wenn man Glück hat, zwar eine Baumeldung zu der Fahrt angezeigt, an deren Entschlüsselung man jedoch häufig scheitert. Echtzeit, aber leider nicht Echtziel.
Leider fehlen auch alle Verkehrsmittel, zu denen keine Echtzeitinfos vorliegen. Unschön, denn wer eine Haltestelle angezeigt bekommt, die „U-Bahnhof“ im Namen trägt, erwartet, auch Abfahrtszeiten zur U-Bahn zu sehen – auch wenn es nur Fahrplandaten wären. Zumindest ein Querverweis (Link) hätte wohl drin sein müssen.
Auf jeder Seite wird zu den einzelnen Standorten rechts oben ein Stadtplanausschnitt angezeigt. Das gibt eine gute erste Orientierung; um etwas erkennen zu können, ist dieser aber zu klein. Der Nutzer erwartet jetzt, dass er ihn anklicken kann und dann den Stadtplan angezeigt bekommt.
Doch das ist nicht der Fall. Damit hat man leider eine gute Idee nicht so weit zu Ende gebracht, dass sie nützlich werden könnte, sondern auf halber Strecke aufgegeben. Schade.
Zur mobilen Seite bleibt zu sagen, dass fast alle Kritikpunkte auch dort zutreffen. Mit dem Unterschied, dass auf der Handyansicht der Link zum Service gleich prominent auf der Startseite zu finden ist. Auch kann man den QR-Code, der rechts auf den Fahrplanaushängen an den Haltestellen zu finden ist, mit dem Handy abfotografieren und landet dann gleich direkt auf der entsprechenden Seite mit den Abfahrtszeiten. Ein guter Service.
Hier stimmt der Spruch. Denn die Ist-Abfahrtszeiten sind sowohl gleich von der Startseite als auch von jeder Unterseite auf der Internetpräsenz des VBB immer an derselben Stelle erreichbar. Das umständliche Suchen des Dienstes entfällt, da man auf jeder Seite seine Haltestelle eintragen kann.
Die Daten werden dann aber leider nur nach planmäßiger Abfahrtszeit untereinander in einer Tabelle angezeigt. Eine Richtungs- oder Verkehrsmittelselektion findet nicht statt. Das sorgt besonders bei großen Bahnhöfen für eine sehr schlechte Übersichtlichkeit. Am Bahnhof Zoologischer Garten muss man sich dann zum Beispiel die nächsten drei Abfahrten Richtung Hauptbahnhof aufwändig über die Unterwegshalte raussuchen. Zumindest lassen sich erleichternd einzelne Verkehrsmittel filtern.
Gut ist, dass man sich durch Klick auf die Liniennummern den Fahrtweg ansehen kann – inzwischen auch in der mobilen Version. Schön wäre noch, wenn man dort dann auch auf die Unterwegshalte klicken könnte, um sich die Abfahrten von seiner Anschlussstation anzeigen zu lassen, wie es ja bei der PC-Version funktioniert. Auch fehlen einige Daten der PC-Version auf der Handyseite.
Ebenfalls ist in den Fahrtdetails zu sehen, ob es sich um ein barrierefreies Fahrzeug handelt, und es gibt Hinweise zum Beispiel zur Fahrradmitnahme.
Besonders schön gelöst ist beim VBB die Verspätungsanzeige. Diese ist mit einem Ampelsystem in der Spalte „erwartet“ gekennzeichnet. Die grüne Uhrzeit zeigt sofort an, dass der Zug bzw Bus (fast) pünktlich ist, gelb sind geringe Verspätungen von drei bis fünf Minuten gekennzeichnet und rot dann alles darüber. Schön wäre noch, wenn sich die Abfahrten dann auch nach prognostizierter Abfahrtszeit sortieren lassen würden.
Fehlerhaft ist allerdings, dass Verfrühungen nicht angezeigt werden. Die Fahrten haben dann angeblich pünktlich stattgefunden. Unschön ist auch, dass Abfahrten von Stationen in der Umgebung zwanghaft mit angezeigt werden. Dadurch sind manche Fahrten doppelt in der Tabelle, beispielsweise einmal bei der Abfahrt am Potsdamer Hbf und dann noch einmal von der Haltestelle Lange Brücke. Das macht die Sache äußerst verwirrend und sollte unbedingt deaktivierbar sein.
Der VBB ist bemüht, möglichst von allen Verkehrsträgern im Verbundraum Echtzeitdaten zu erhalten. Daher ist die Datenfülle hier wohl am größten. Und auch die Aufbereitung überzeugt im Großen und Ganzen.
Ganz ohne Slogan kommt das Reisendeninformationssystem (RIS) der Deutschen Bahn aus. Der Service „Ist mein Zug pünktlich?“ ist direkt auf der Startseite verlinkt.
Die Abfahrten sind wie beim VBB tabellarisch nach planmäßiger Abfahrtszeit sortiert. Prognostizierte Abfahrtszeiten werden nicht angezeigt, die Verspätungen werden als Minutenanzahl – immer auf ganze fünf Minuten abgerundet – in einer Spalte “Aktuell” angezeigt.
Obwohl sich das größte von allen getesteten Systemen als ganzheitliches System für ganz Deutschland versteht, gibt es nur Echtzeitdaten der eigenen Verkehrsunternehmen. Diese dafür in einer erstaunlichen Qualität, denn die Spalte „Aktuelles“ verrät Gleiswechsel, verkürzte Linienführungen, Verspätungsgründe, geänderte Wagenreihung usw. Das alles wird in einer Detailtiefe geboten, die man sich auch bei allen anderen Diensten für alle Verkehrsmittel wünscht. Nur mit Ringlinien kommt das RIS anscheinend nicht klar. Diese werden Fehlerhaft mit einem Ziel gekennzeichnet und mehrfach angezeigt.
Ein ganz großes Manko ist das Fehlen der Liniennummern im Regionalverkehr. Das ist nicht nachvollziehbar, denn diese Information ist äußerst wichtig. Und genug Platz ist dafür auch da. Ähnlich wie beim VBB gibt es auf der mobilen Seite einige Informationen nicht, die die PC-Version hingegen bereithält: Beispielsweise der Verspätungsgrund.
Fallen die Echtzeitdaten bei VBB und BVG noch zu häufig aus oder befinden sich „im Wartungsmodus“, so bietet das Bahn-RIS eine hohe Verfügbarkeit. Ein großer Vorteil dieses Systems.
Bei der Gestaltung hätte man von der Bahn hingegen mehr Innovation erwartet. Die Spalte „Aktuelles“ enthält die wichtigsten und interessantesten Informationen, die anscheinend willkürlich angeordnet werden. Großstörungen hingegen werden über der Fahrt in einer Extrazeile angegeben, Störungen bei der S-Bahn unter der Fahrt. Hier sollte man die Aufteilung noch einmal überarbeiten und vereinheitlichen.
Den ganz großen Wurf hat leider keiner gelandet. Bei Qualität, Gestaltung und Benutzerfreundlichkeit haben alle drei unterschiedliche Fehler begangen. Damit lässt sich auch keine Rangfolge herstellen. Schön wäre es, die Vorteile aller in einem einzigen System zu haben. Doch so hat der Nutzer nur die Qual der Wahl, wobei die nebenstehende Tabelle vielleicht bei der Auswahl etwas helfen kann. (hm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 1/2012 (März 2012), Seite 8-9