Brandenburg
Fertigstellung rechtzeitig zur Landesgartenschau 2013
2. Mär 2012
Die Bahnstrecke Berlin-Gesundbrunnen— Stralsund durchquert die Stadt Prenzlau in Nord-Südrichtung. Der Bahnhof und der auf dem Bahnhofsvorplatz direkt daneben liegende Busbahnhof befinden sich in Zentrumsnähe. Das Empfangsgebäude ist auf der westlichen Seite der Gleise angeordnet.
Der Personenverkehr wird über 3 Gleise, einen Haus- und einen Mittelbahnsteig (beide überdacht) abgewickelt. Der Zugang zum Mittelbahnsteig erfolgt vom Empfangsgebäude über den Hausbahnsteig durch einen nicht barrierefreien, sanierungsbedürftigen Bahnsteigtunnel. Eine kurze fußläufige Verbindung zum östlichen Teil der Stadt existiert seit dem Rückbau der desolaten Fußgängerbrücke im Dezember 2010 nicht mehr.
Die Erschließung des Bahnhofes erfolgt über eine Straßenbrücke im Zuge der L26/ Brüssower Straße ca. 450 m südlich des Bahnhofes und stellt den einzigen Zugang für die östlichen Stadtbezirke zu den Anlagen des ÖPNV dar (Bahnhof, Busbahnhof). Es kommt zu Umwegen von ca. 1 km, die vor allem für Fußgänger eine spürbare Beeinträchtigung bilden. Der Bahnhofsvorplatz bietet 45 Kfz-Stellplätze ohne zeitliche und 6 mit zeitlicher Begrenzung. Diese Anzahl ist für die Nutzer des ÖPNV, insbesondere Pendler, nicht ausreichend, wie Beobachtungen und eine Umfrage belegen. Ebenfalls vorhanden ist eine Fahrradabstellanlage für 60 Fahrräder.
Zur Verbesserung der Situation, auch mit Blick auf die 2013 in Prenzlau stattfindende Landesgartenschau, soll eine neue Gleisquerung
geschaffen werden. Diese muss sowohl die barrierefreie Erschließung des Mittelbahnsteiges vom Bahnhofsvorplatz einschließlich Busbahnhof als auch die kurze und barrierefreie Verbindung des östlichen Stadtteiles mit seinen ca. 5000 Einwohnern zu den Anlagen des ÖPNV und zum westlichen Stadtteil ermöglichen. Damit gilt es, die Interessen der Deutschen Bahn AG und der Stadt Prenzlau zu einem guten Ergebnis zu verbinden.
Neben der Barrierefreiheit sind die Aufwertung des Bahnhofsumfeldes, die Baukosten und möglichst geringe Folgekosten Gründe, die für eine Tunnelvariante sprechen.
Um die Parksituation am Bahnhofsvorplatz zu entlasten und Verkehr zu vermeiden, sollen auf der Ostseite der Gleise ein Parkplatz mit 50 Stellplätzen und eine weitere Fahrradabstellanlage entstehen. Dazu wird eine Brachfläche im Bereich der alten Ladestraße genutzt.
Die ersten ernsthaften Überlegungen zur Erneuerung der Gleisquerung erfolgten 2008, als der vorhandenen stählernen Fußgängerbrücke nur noch eine begrenzte Restnutzungsdauer von 3 Jahren bei notwendigen Reparaturen prognostiziert werden konnte. In Sondierungsgesprächen wurden Verbündete für das Vorhaben gesucht. Die zum damaligen Zeitpunkt bei der DB AG für 2010/2011 vorgesehene Sanierung der Bahnsteige war ein guter Ansatzpunkt.
Als die Stadt Prenzlau am 19. Januar 2009 den Zuschlag zur Ausrichtung der Landesgartenschau 2013 erhielt, stand fest: Wenn es mit der Querung klappen soll, muss alles bis Ende 2012 fertig gestellt sein. Im November 2009 gab es nochmals einen Beschleunigungsschub. Alle Sperranmeldungen mussten vor dem 31. August 2012 liegen, da die Strecke Berlin—Stralsund danach den Umleitungsverkehr aus dem Bau der Strecke Berlin—Rostock aufnehmen muss.
Variantenuntersuchungen bestätigten die Ausführung eines Personentunnels als die günstigste und komplexeste Lösung. Der geschlossene 2,50 m breite und 3,00 m hohe Tunnelquerschnitt soll die Gleise rund 30 m unterqueren. Vom Bahnhofsvorplatz wird man wahlweise über eine Treppe oder einen Aufzug in den Tunnel gelangen. Der Mittelbahnsteig wird ebenfalls über eine Treppe oder den Aufzug erreichbar sein.
Weiterführend werden die Fußgänger über einen als Rampe ausgebildeten rund 70 m langen Trog auf den östlichen Parkplatz bzw. in diesen Stadtteil geleitet. Die Planung basiert auf den neuen Bahnsteighöhen, die bis August 2012 durch die Deutsche Bahn mit dem Umbau der Bahnsteiganlage realisiert sein werden.
Um die Herausforderung der kurzen Planungszeit zu meistern, wurde der Projektbegleitende Arbeitskreis Prenzlau (PAK) gegründet. So konnten mit den Vertretern der Beteiligten wie dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, dem Landesamt für Bauen und Verkehr, dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, der Deutschen Bahn Netz AG, der Deutschen Bahn Station & Service AG, dem Landkreis Uckermark, den Planungsbüros, der Stadt Prenzlau schnelle Problemlösungen erzielt werden.
In der Bevölkerung und bei den Stadtverordneten findet das Projekt Zustimmung, so dass die Beschlüsse dazu zeitnah und mit großer Mehrheit gefasst wurden.
Im Mai und Juni 2011 erfolgten in Sperrpausen die Baufeldfreimachung, das Einbringen von Spundwänden und der Einbau von Hilfsbrücken unter Gleis 1 und 2. Zusammen mit der Sperrung von Gleis 7 bestanden für die Baufirma somit gute Voraussetzungen für den Erdaushub, die Herstellung der Entwässerung und der Tunnelsohle sowie die Schal-, Bewehrungs- und Abdichtungsarbeiten für die abschnittsweise Herstellung des Tunnels unter der Bahnlinie. Gleis 7 konnte am 9. Dezember 2011 wieder planmäßig in Betrieb gehen.
Der Rückbau der Hilfsbrücken, der Bahnsteigneubau der Gleise 1 und 2 mit je 320 m Länge sowie die Verfüllung des alten Tunnels sind in der Zeit von März bis Juni 2012 geplant. Die Zeit bis Ende Juli 2012 wird für den Bahnsteigneubau Gleis 7 mit 140 m und die Montage des Bahnsteigdaches Gleis 1 sowie der Aufzüge bleiben.
Zurzeit erfolgt die Ausschreibung der P+R-Anlage, die ab dem III. Quartal 2012 gebaut wird.
Finanzierung, Ausführung und Baulast der Anlagen des Personentunnels sind in der Kreuzungsvereinbarung zwischen Deutscher Bahn AG und Stadt geregelt. Die förderfähigen Kosten des städtischen Anteils am Tunnel sowie der P+R- und B+R-Anlage von rund 4 Mio Euro werden entsprechend der Richtlinie zur Förderung von Investitionen für den ÖPNV zu 75 Prozent gefördert und aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert. Der Landkreis Uckermark beteiligt sich an der verkehrspolitisch wichtigen Maßnahme mit einer Summe von 100 000 Euro. Der städtische Eigenanteil beträgt rund 1 Mio Euro.
Nicht in den genannten Kosten enthalten sind der Neubau der Bahnsteige einschließlich neuem Bahnsteigdach und die Verfüllung des alten Tunnels, die die DB AG in Eigenregie mit finanzieller Unterstützung des Landes Brandenburg ausführt.
Die Landesgartenschau (LaGa), die 2013 in der Stadt der regenerativen Energien Prenzlau stattfindet, setzt natürlich auch in ihrer Erreichbarkeit auf Nachhaltigkeit. „Wir planen, in Zusammenarbeit mit dem Windkraftunternehmen Enertrag wasserstoffgetriebene Busse für den Shuttleverkehr zum LaGa-Gelände einzusetzen“, kündigt LaGa-Geschäftsführer Thomas Guhlke an. Ohnehin setzt die Landesgartenschau 2013, die vom 13. April bis 6. Oktober 2013 ihre Pforten geöffnet hat, auf den öffentlichen Personennahverkehr als die ökologischere Variante der motorisierten Fortbewegung im Vergleich zum Pkw-Verkehr. „Es wird am Stadtrand im Gewerbegebiet am Schafgrund einen großen Parkplatz für die Anreisenden geben, von dort fährt in regelmäßigen Abständen der Shuttlebus zum LaGa- Gelände und zurück“, erklärt Thomas Guhlke.
Ebenso werde es einen Shuttleverkehr zwischen dem Prenzlauer Bahnhof und dem Gartenschaugelände geben. „Wir werden dafür sorgen, dass alle Anreisenden uns bequem erreichen können“, versichert er.
Zudem gibt es für Bahnkunden, die mit dem Schönes-Wochenende-Ticket nach Prenzlau reisen, einen Euro Rabatt für den LaGa-Eintrittspreis. „Sie werden bei Vorlage ihres Tickets nur zehn statt elf Euro Eintritt zahlen müssen, um die grüne Wonne im Herzen der Uckermark-Hauptstadt genießen zu können“, sagt Thomas Guhlke.
Stadt Prenzlau
aus SIGNAL 1/2012 (März 2012), Seite 19-20