International
2. Mär 2012
Schluss mit der Schonfrist für den Verkehrssektor! So lautet die zentrale Botschaft des Berichts, den der Abgeordnete Mathieu Grosch (Konservative, Belgien) zum im März 2011 von der Europäischen Kommission vorgestellten „Weißbuch für einen wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Verkehrssektor“ (siehe SIGNAL 2/2011) präsentierte. Am 15. Dezember 2011 hat das Europäische Parlament diesen Bericht mit großer Mehrheit verabschiedet.
Der Verkehr ist in der EU mittlerweile nicht nur für 30 Prozent aller
klimaschädlichen Emissionen verantwortlich, sondern hat seine Emissionen seit 1990 auch noch um rund 30 Prozent gesteigert. Damit ist er Klassenletzter beim Klimaschutz, denn im selben Zeitraum gelang in der Industrie eine Minderung um 34 Prozent, im Energiesektor um 17 Prozent und bei den Haushalten um 14 Prozent. Der Verkehr frisst also all das doppelt und dreifach auf, was in anderen Sektoren mit Milliarden unserer Steuergelder erreicht wurde.
Der Klimaschutz muss sofort beginnen! Das hat das Europäische Parlament nun unmissverständlich gefordert. Während auf dem UN-Klimagipfel in Durban eine Aufschiebung aller echten Anstrengungen auf die Zeit nach 2020 beschlossen wurde, hat die EU-Volksvertretung rechtlich verbindliche Minderungen im Verkehrssektor noch in diesem Jahrzehnt verlangt.
So fordert das EU-Parlament auf grüne Initiative hin ein schnelleres und stärkeres CO2-Reduktionsziel. Während die Kommission eine Reduktion um 20 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Niveau von 2008 anstrebt, will das Parlament eine Reduktionsrate von 20 Prozent bereits bis 2020 und im Vergleich zu 1990. Der Bezug zum Jahr 1990 bedeutet im Vergleich zu 2008 ein um rund 30 Prozent niedrigeres Referenzniveau.
Das Parlament hat sich aber nicht auf Forderungen beschränkt, sondern auch Vorschläge zur Erreichung des Ziels gemacht: So soll die Kommission bis 2014 einen Vorschlag zur Internalisierung der externen Kosten aller Verkehrsträger vorlegen. Damit würde die Benachteiligung ausgerechnet der umweltfreundlichen Verkehrsträger endlich beendet. Denn die klimaschonende Bahn zahlt zum Beispiel Energiesteuer und im internationalen Verkehr auch Mehrwertsteuer, während der Luftverkehr von beiden Steuern ausgenommen ist. Das bedeutet eine Subvention von jährlich rund 30 Milliarden Euro für den klimaschädlichen Luftverkehr.
Zudem soll die umweltfreundliche, gesunde und sichere Mobilität gefördert werden. Dazu sollen die Städte Pläne für nachhaltige Mobilität verabschieden, um die Zahl der Radfahrer und Fußgänger zu verdoppeln. Auch im Tourismus setzt das Europäische Parlament auf das Fahrrad und fordert die Einbeziehung der europäischen Radfernwege, der sogenannten EuroVelo-Routen, in die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T).
Michael Cramer, MdEP,
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament
aus SIGNAL 1/2012 (März 2012), Seite 21