Schlichtungsstelle söp
2. Mai 2012
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen- Anhalt können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
Der Beschwerdeführer fuhr am 29. August 2011 zusammen mit einem weiteren Reisenden von Avignon nach Berlin-Wannsee. Die Fahrt wurde mit einem Autoreisezug durchgeführt.
Mit E-Mail vom 26. August 2011 wurde dem Beschwerdeführer von dem Verkehrsunternehmen die Ankunftszeit übermittelt. Planmäßig sollte er am 30. August 2011 um 14.50 Uhr ankommen.
Auf der Fahrt hatte der Autoreisezug aber eine erhebliche Verspätung, so dass der Beschwerdeführer Berlin-Wannsee erst um 16.15 Uhr erreichte. Da sich das Zugpersonal weigerte, die Verspätung zu bestätigen, ließ sich der Beschwerdeführer von einem Mitarbeiter im Abfertigungscontainer die Verspätung auf der Fahrkarte quittieren. Der Mitarbeiter notierte auf der Fahrkarte die Ankunftszeit von 16.15 Uhr.
Nach der Rückkehr von der Fahrt stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verspätungsentschädigung beim Servicecenter Fahrgastrechte. Das Servicecenter stellte eine Verspätung von 0 Minuten fest und lehnte die Zahlung einer Verspätungsentschädigung ab. Der Beschwerdeführer legte gegen diese Entscheidung mehrfach Widerspruch ein, aber ohne Erfolg. Das Servicecenter blieb bei einer Verspätung von „0“ Minuten.
Der Beschwerdeführer wandte sich an die söp, weil er auf seiner Fahrt eine Verspätung von mehr als 60 Minuten hatte und ihm nach seiner Meinung daher 25 Prozent des Fahrpreises zustehen.
Die söp setzte sich mit dem Verkehrsunternehmen in Verbindung und wies darauf hin, dass der Verspätungsbegriff in der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 (VO) definiert ist. Dort heißt es in Art. 3 Ziffer 12 VO, dass Verspätung „die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgastes gemäß dem veröffentlichen Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft“ ist. Der gegenüber dem Beschwerdeführer veröffentlichte Fahrplan sah eine Ankunft um 14.50 Uhr vor. Dies wurde ihm sogar zwei Mal bestätigt. Insofern muss sich das Verkehrsunternehmen auch an die Fahrplanauskunft und die von ihm kommunizierte Uhrzeit halten. Es kann sich nicht auf zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen berufen, wenn diese nicht nach außen erklärt wurden. Dies wäre eine unangemessene Benachteiligung für die Reisenden.
Nach Auffassung der söp hatte der Beschwerdeführer daher Anspruch auf eine Verspätungsentschädigung i.H.v. 25 Prozent des Fahrpreises (hier: 30 Euro), da er eine Verspätung von mehr als 60 Minuten hatte.
Im Übrigen wies die söp darauf hin, dass das Eisenbahnunternehmen nach Art. 18 Abs. 4 VO auf Anfrage des Fahrgastes verpflichtet ist, auf der Fahrkarte die Verspätung zu bestätigen.
Die Schlichtungsempfehlung der söp wurde angenommen. Das Verkehrsunternehmen zahlte eine Verspätungsentschädigung i.H.v. 30 Euro und übersandte als kleine Wiedergutmachung auf Anraten der Schlichtungsstelle zwei Verzehrgutscheine im Gesamtwert von 10 Euro. (Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
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söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 2/2012 (Mai 2012), Seite 26