Service im Test
2. Mai 2012
Auch die BVG musste durch die Inbetriebnahme eines elektronischen Stellwerks die U-Bahn in Pankow mit Bussen ersetzen – zeitüberlappend mit der S-Bahn. Dabei hat man viel im Einklang mit der S-Bahn für die Fahrgäste getan. Am Schnittpunkt der beiden SEV-Buslinien wurde mit gelben Klebefußspuren eine sehr gute Wegeleitung im öffentlichen Raum verwirklicht. Außerdem wurde eine gemeinsame Infobroschüre herausgegeben, und diverse Straßenbahnlinien, die den S-Bahn- Ring berühren, wurden in der Platzkapazität erhöht.
Auch wenn die BVG wiederholt versicherte, dass es zum Zeitraum der Bauarbeiten in den Osterferien und damit zur Überlappung mit der S-Bahn-Baustelle keine Alternative gab, so ist dennoch zu kritisieren, dass der U-Bahn-Bau nicht wenigstens einen Tag früher begonnen wurde, um dann die Arbeiten gemeinsam mit der S-Bahn am 16. April abzuschließen. Obendrein wurde das Datum 16. April für die S-Bahn- und die U-Bahn- Bauarbeiten gemeinsam kommuniziert, obwohl die U 2 erst ab 17. April wieder nach Pankow fuhr. Wie verwirrend das war, zeigten mehrere Zeitungsartikel. Und sogar die Sprecherin der BVG verlor den Überblick, als sie dem rbb-Radio sagte: „Ab dem 16. April ist die U 2 in diesem Abschnitt erst einmal für viele Jahre fertig.“
Die geplante Baumaßnahme zwischen Rosa- Luxemburg-Platz und Pankow war jedoch leider nicht die einzige Unterbrechung der U 2. Auf der Baustelle für ein Einkaufszentrum am Leipziger Platz kam es am 30. März zu einem Grundbruch, so dass die wichtige Linie nun eine ganze Weile zwischen Potsdamer Platz und Mohrenstraße unterbrochen ist. Dann stießen am 7. April auch noch zwei Baufahrzeuge auf der U 2-Baustelle am Rosa-Luxemburg-Platz zusammen, was zu Verzögerungen und zu einer Umleitung der SEV-Busse führte.
Doch die meisten Probleme für den Fahrgast waren hausgemacht. Die hervorragende Kundeninformation an der Schönhauser Allee blieb ein Einzelfall. An den anderen Stationen wurden die bekannten Fehler gemacht. Schlechte oder gar keine Lautsprecheransagen, keine Laufschriften in den DAISY-Anzeigern und eine Zielbeschilderung, die regelrecht fahrgastverachtende Auswirkungen hat.
Denn auf den verbliebenen U-Bahn- Abschnitten gaukelte man den Fahrgästen vor, es sei alles in Ordnung, und schickte sie damit ins mehrfache Unglück. Anstatt die Kunden also bereits frühzeitig auf die Umfahrungsmöglichkeiten mit S-Bahn, Straßenbahn und anderen U-Bahn-Linien hinzuweisen, schilderte DAISY beispielsweise auf den Bahnhöfen Zoo und Gleisdreieck fleißig „Pankow“ ohne jeglichen Hinweis, obwohl dieses Ziel nur mit Umsteigen in den SEV-Bus, zurück in die U-Bahn und erneut in einen anderen SEV-Bus nicht einmal theoretisch annehmbar mit diesem Zug erreichbar war.
Auch am Alexanderplatz fuhren die Züge in beide Richtungen laut Anzeiger nach Ruhleben und Pankow. Wenn die BVG einerseits verlautbart, man möchte den Fahrgästen Fahrtalternativen bieten, so dass die SEVBusse nur den wirklich nötigen Verkehr aufnehmen müssen, und andererseits mit der Beschilderung jeden Fahrgast in die SEVFalle lockt, stimmt in dem Unternehmen etwas nicht.
Viele Gedanken hat man sich bei der BVG gemacht, wie man die Fahrgäste der Ringbahn und der U 2 mit anderen Linien abfangen kann. So wurden auf der M 4 fast ausschließlich lange Flexity und GT6-Doppeltraktionen eingesetzt. Letztere sind die einzigen Fahrzeuge, die die 60-Meter- Haltestellen komplett ausnutzen. Hier ging die Rechnung auf: Die Fahrgäste, die stadteinwärts sonst am S-Bahnhof Greifswalder Straße in die Ringbahn umstiegen, verteilten sich gut in den langen Fahrzeugen, und für die vielen weiteren Fahrgäste, die im Verlauf der Greifswalder Straße bis zum Alexanderplatz hinzukamen, blieb ausreichend Platz. Damit hat sich gezeigt, dass es sich bei den 60-Meter-Fahrzeugen um die ideale Fahrzeuggröße für die M 4 handelt.
Auf anderen Linien war man leider knausriger. Auf den Straßenbahnlinien vom S-Bahnhof Landsberger Allee Richtung Alexanderplatz gab es keine Verstärker oder längere Fahrzeuge. Auch die M 2 musste mit den ohnehin schon zu vollen GT6-Solowagen auskommen.
Hart getroffen hat es die Fahrgäste der M 1. Hier wurden zwei Drittel der sonst im 10-Minuten-Takt fahrenden GT6-Solowagen durch längere Tatrawagen ersetzt, was zum einen bei Weitem nicht ausreichte und zum anderen auch eine Einschränkung der Barrierefreiheit bedeutete. So war es zwar möglich, als gebeutelter U 2-Fahrgast auf die M 1 umzusteigen, jedoch nicht umgekehrt. Denn der SEV-Bus ließ alle Nicht-U-Bahnhöfe auf der Strecke aus, obwohl die M 13 ein wichtiger Umsteigeanschluss gewesen wäre und obwohl der die einzige barrierefreie Alternative für die M 1 wäre.
Auch die Fahrgäste der Straßenbahnlinie 12 hat es wieder erwischt. Um in die Innenstadt zu kommen, müssen diese derzeit in der Kastanienallee in die M 1 umsteigen, was aufgrund der vollen Fahrzeuge faktisch unmöglich ist, während die 12 ab Zionskirchplatz zur verkürzten provisorischen Endstelle am Nordbahnhof mit durchschnittlich 15 Fahrgästen verkehrt. Wenigstens während der U 2-Bauarbeiten hätte diese über Hackescher Markt und Friedrichstraße zum Kupfergraben geführt werden müssen
Ansonsten war der Ersatzverkehr mit Bussen aber gut organisiert und bot meist ausreichend Kapazität. Eine Streckenführung von Norden kommend wenige hundert Meter weiter bis zur Memhardstraße wäre wünschenswert gewesen, um den vielen Fahrgästen zum Alexanderplatz wenigstens einen Umsteigevorgang zu ersparen. Auch ein paar mehr Busspuren hätten sicher nicht geschadet. (hm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 2/2012 (Mai 2012), Seite 12-13