Vorsicht, Satire

Aus der Anstalt

Vorsicht, Satire: Voll auf die 12


IGEB Stadtverkehr

1. Jun 2011

Die Landesanstalt (AöR) führt in der Hauptstadt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch. Peter Wille (54) und Ulricke Jokiel (42) arbeiten in der eigens für sie geschaffenen und häufig umbenannten Abteilung TaskForce Anti-12 (TfA12-4), wo sie zur Höchstform auflaufen.

Dienstagvormittag. Ulricke schnauft: „Diese verdammte Linie ist einfach nicht totzukriegen!“ Peter stimmt zu. „Seit Jahren versuchen wir die Fahrgäste mit fiesen Baumanövern von der Nutzung der Straßenbahnlinie 12 abzuhalten. Doch unser Erfolg ist immer nur von kurzer Dauer. Sind die Maßnahmen beendet, steigen die Fahrgastzahlen wieder dramatisch.“

Peter wirkt resigniert, doch seine Kollegin wird immer lauter. „Verdammt!“, flucht sie, „Aber diesmal schaffen wir das! Wenn dieses Jahr die Bauarbeiten in der Invalidenstraße beginnen, lassen wir die Linie im Niemandsland verenden! HA!“ Ihr schallendes Lachen durchdringt das ganze Gebäude. „Am Nordbahnhof ist nichts. Aber wir behaupten einfach, das wäre optimal. Wir verzichten auf einen Ersatzverkehr und lassen die Fahrgäste zur U 6 mitten durch die Baustelle laufen und bezeichnen das als ‚kurzen Fußweg’. Oder sie sollen in der Kastanienallee in die ohnehin überfüllte M 1 umsteigen, HAHA!“

Peter bekommt langsam Angst. Unauffällig entfernt er alle spitzen Gegenstände vom Schreibtisch und fragt Ulricke vorsichtig: „Wie willst du das denn begründen?“

„Gar nicht!“ schreit sie. „Wir behaupten einfach, mit dieser Variante ist das Beste für den Fahrgast rausgeschlagen, und hier braucht man keinen Ersatzverkehr, was man bei der normalen Umleitungsstrecke über den Hackeschen Markt jedoch brauchen würde.“

Peter erwidert: „Aber das ist doch genau umgekehrt. Mit solch einer Begründung machen wir uns lächerlich. Das glaubt uns kein Mensch…“

„Egal!“, unterbricht Ulricke ihn, „das wird jetzt so gemacht! Ich will diese Linie endlich loswerden! Und das schaffe ich! HAHAHA! Niemand wird mich davon abhalten! Egal, wie viele abstruse Begründungen ich mir dafür noch ausdenken muss! HAHAHAHA!“ Doch ihr dämonischer Wutausbruch geht sogar Peter zu weit. Er verlässt das Büro unauffällig, um auf dem Flur einen Arzt zu rufen. (hm)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 2/2011 (Juni 2011), Seite 6