Berlin

Die Uferbahn muss weiter fahr’n!


Peer Hauschild, Initiative Pro Uferbahn

1. Jun 2011

Demonstration für die Straßenbahnlinie 68 am 9. April in Alt-Schmöckwitz. Mit vielfältigen Aktionen kämpfen die Anwohner für den Erhalt ihrer Uferbahn. Foto: Initiative Pro Uferbahn
Die Uferbahn, beliebt bei Anwohnern und Ausflüglern. Foto: Matthias Horth
Rund 3000 Anwohner und Unterstützer sowie Mitglieder der Fahrgastverbände bildeten eine Menschenkette entlang der 7,5 km langen Strecke. Als nächste Aktion findet am 4. Juni ein „Uferbahnlauf“ statt. Foto: Initiative Pro Uferbahn

„Ist die Uferbahn noch zu retten?“ Diese Frage stellen sich zusehends nicht nur besorgte Bürger im Südosten Berlins, sondern Straßenbahnfahrgäste aus ganz Berlin und Deutschland, die die Tram zu Ausflügen an den Langen See oder zur Fahrt zu einem der zahlreichen Sportvereine auch weiterhin nutzen wollen. Das hindert aber offensichtlich weder den Aufsichtsrat der BVG, unter Vorsitz des Berliner Finanzsenators Ullrich Nussbaum, noch führende Manager der BVG daran, auch weiterhin die Sanierung der Strecke abzulehnen und stattdessen einen Busverkehr zu favorisieren. Angesichts der Tatsache, dass die 7,5 Kilometer lange Straßenbahnstrecke nicht durch einen Busverkehr ersetzt werden kann, weil dieser nicht durch das Trinkwasserschutzgebiet fahren darf, stellen sich nun immer mehr denkende Bürger die Frage: „Sind die da oben noch zu retten?“

Weil Ihnen der Erhalt der Uferbahn zu wichtig ist, um ihn allein Politikern und Managern zu überlassen, engagiert sich die Initiative Pro Uferbahn seit Monaten auf verschiedenste Art und Weise für den Erhalt dieser so wichtigen Strecke. Insbesondere die Ortsvereine Grünau und Schmöckwitz, die Siedlergemeinschaft Karolinenhof sowie weitere Organisationen und Vereine haben bereits konkrete Aktionen organisiert.

Menschenkette

Am 9. April haben rund 3000 Anwohner, Kinder, Sportler und Freunde der Uferbahn mit einer 7,5 Kilometer langen Menschenkette für den Fortbestand der Uferbahn demonstriert. Eine Aktion in dieser Form für den Erhalt einer Straßenbahnstrecke hat es bisher noch nicht in Deutschland gegeben. Selbstbewusst stellten sich die Teilnehmer vor ihre Uferbahn, um sie vor dem Zugriff der Manager zu schützen. Pünktlich um 15 Uhr wurde die Reihe geschlossen. Ein deutlich sichtbares Zeichen für den Erhalt dieser so wichtigen Strecke.

Um die 7,5 Kilometer lange Strecke zu füllen, brachten die Teilnehmer selbst gefertigte Wimpelketten, Transparente aber auch Ruder, Paddel oder sogar Boote mit. Schüler hatten im Unterricht und im Hort selbst fantasievolle, freche Transparente und Plakate gemalt. Insbesondere aus den vorbeifahrenden Straßenbahnen bot sich ein beeindruckendes Bild vom Engagement der Bürger.

Im Anschluss an die Menschenkette fand in Alt-Schmöckwitz an der Endhaltestelle der Linie 68 die Preisverleihung des Schülerwettbewerbs statt. Unter Vorsitz des bekannten Berliner Schriftstellers Horst Bosetzky kürte die Jury die besten Schülerarbeiten. Mit einem Picknick auf dem Dorfplatz ließen die Teilnehmer den erfolgreichen Tag ausklingen.

Bereits wenige Tage später setzte sich Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge- Reyer im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses für den Erhalt der Straßenbahnstrecke vom S-Bahnhof Grünau bis Alt- Schmöckwitz ein. Sie forderte die BVG auf, die Strecke weiter zu betreiben. Allerdings muss es verwundern, wenn die Senatorin weiter ausführte, für die Sanierung sei noch Zeit bis zum Jahr 2013. Denn erstens würde der Aufsichtsrat der BVG wohl kaum seit Herbst 2010 eine Vorlage für die Sanierung zur Entscheidung auf dem Tisch haben, wenn die Arbeiten nicht bereits dieses Jahr beginnen sollten. Zum anderen sind Teile der Strecke bereits heute nur noch mit einer Geschwindigkeit von lediglich 20 bis 30 Kilometer pro Stunde befahrbar, weil es der Gleiszustand nicht anders zulässt. Nach eigener Aussage hat die Technische Aufsichtbehörde bereits „ein Auge auf die Strecke“.

Viele betroffene Bürger fürchten jetzt, von der Politik über den Wahltermin zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September hinweg vertröstet zu werden und dann im Herbst die Stilllegung der Strecke, eventuell sogar wegen Oberbaumängeln, erleben zu müssen.

Podiumsdiskussion

Am 7. Juni lädt der Ortsverein Schmöckwitz zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wie geht es weiter mit der Uferbahn?“ ein (SC Seddin, Am Seddinsee 13, Beginn 19.30 Uhr). Eingeladen sind die verkehrspolitischen Sprecher der Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus, die Verkehrssenatorin, die Vorstandsvorsitzende der BVG, Sigrid Evelyn Nikutta, der Vorsitzende des BVGAufsichtsrats sowie weitere Verkehrsexperten. Dort soll auch die Frage geklärt werden, ob die Strecke bei einer Sanierung im Bereich der Trinkwasserschutzzone zwingend in einen rund 9 Millionen Euro teuren Betontrog gelegt werden muss. So behauptet es zumindest hartnäckig die BVG. Eigenartiger Weise scheinen diese Vorgaben weder bei der Gleissanierung der Schöneicher Straßenbahn noch der Linie 61 der BVG kurz vor dem Strandbad Müggelsee gegolten zu haben, obwohl diese auch durch ein Trinkwasserschutzgebiet führen.

Bereits am 4. Juni können sich alle Freunde der Uferbahn schon mal warmlaufen. Der erste Uferbahnlauf startet um 10 Uhr am Platz des ehemaligen Sportlerdenkmals, auf halbem Weg zwischen den Stationen Regattastraße/ Sportpromenade und Strandbad Grünau. Die Strecke verläuft teilweise parallel zur Uferbahn über die Längen von fünf und zehn Kilometern.

Bereits am Tag der Menschenkette hat die Initiative Pro Uferbahn begonnen, Unterschriften für den Erhalt der Strecke zu sammeln. Die Tausender-Marke konnte bereits geknackt werden. Listen können auf der Website www. uferbahn.de heruntergeladen werden. Es gibt aber auch eifrige Sammler, wie das Team des Modellbaugeschäfts am Mierendorffplatz, die Listen im Laden ausgelegt haben. Nachahmer sind herzlich eingeladen.

In einem sind sich alle Freunde und Nutzer der Uferbahn einig: „Die Uferbahn muss weiter fahr`n! Deshalb werden sie ihren Kampf um den Erhalt dieser fast 100-jährigen Strecke erst einstellen, wenn die 7,5 Kilometer lange Trasse saniert und für die nächsten 30 Jahre gesichert ist.

Infos: www.uferbahn.de

Peer Hauschild, Initiative Pro Uferbahn

aus SIGNAL 2/2011 (Juni 2011), Seite 10-11