International

Internationale Ostbahn-Konferenz bestätigt Pläne für Modellkorridorregion


Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin—Gorzów (IGOB-EWIV)

1. Jun 2011

Entwicklung der Ostbahn zur europäischen Modellregion. Grafik: Gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg, Sep. 2010
Ostbahn-Konferenz im brandenburgischen Küstrin-Kietz am 16. März. Im Mittelpunkt stand der Plan zur Bildung einer europäischen Modellkorridorregion Foto: Foto: Landkreis Märkisch-Oderland

Mehr als 100 Teilnehmer aus der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen berieten am 16. März auf der Internationalen Ostbahn-Konferenz 2011 in Küstrin-Kietz über die Weiterentwicklung der Eisenbahnstrecke zwischen Berlin, Gorzów Wlkp. (Landsberg), Krzyż Wlkp. (Kreuz) und Piła (Schneidemühl). Dabei konnte ein positives Resümee der Arbeit der letzten Jahre gezogen werden, denn zahlreiche Bahnhöfe wurden saniert und die Zugsicherungstechnik erneuert. Etwa 9500 Fahrgäste nutzen die Ostbahn im Abschnitt zwischen Berlin und Gorzów täglich. Zur Förderung der weiteren Entwicklung soll bis 2013 eine europäische Modellkorridorregion gebildet werden.

Schwerpunkt der Konferenz waren die inhaltliche Darstellung und der Meinungsaustausch zur Bildung einer europäischen Modellkorridorregion in der Struktur eines Europäischen Verbundes der territorialen Zusammenarbeit (EVTZ). Bis 2025 wollen deutsche und polnische Kommunen und Landkreise entlang der Eisenbahnstrecke in drei Etappen eine solche europäische Modellkorridorregion entwickeln. Sitz des „Ostbahn EVTZ“ könnte die brandenburgische Kreisstadt Seelow werden – die Bereitschaft dafür wurde durch den Bürgermeister der Stadt erklärt.

Für den Gründungsprozess wurde ein Zeitplan erarbeitet. Er sieht vor, dass bei einem weiteren Treffen in Kostrzyn nad Odrą (Küstrin) im August 2011 eine Projektgruppe gebildet werden soll. Sie wird die Leitlinien für die Entwicklung der Modellkorridorregion und die Grundsatzdokumente für das EVTZ erarbeiten. Das Jahr 2012 soll dann dazu genutzt werden, bei den an der Ostbahn liegenden Landkreisen und Gemeinden für das Projekt zu werben und Gründungsmitglieder zu gewinnen. Die eigentliche Gründung des „Ostbahn EVTZ“ ist für Anfang 2013 vorgesehen.

Gernot Schmidt, Landrat von Märkisch- Oderland, sagte in seinem Grußwort: „Die Ostbahn bietet die Chance, ein Alleinstellungsmerkmal der Region zu werden – ein stabiles Verbindungsglied zwischen dem Berliner Raum und der Grenzregion. Auch die polnische Seite hat eine dynamische Entwicklung genommen, und unsere Region zwischen den Zentren kann davon profitieren, wenn diese Bahninfrastruktur weiter aufgewertet wird. Mit dem Modellkorridor kann ein politischer Nutzen erreicht werden, die Sichtbarkeit unserer Region könnte eine deutliche Aufwertung erfahren, ein echter Mehrwert ist erst erreicht, wenn sich dadurch die Bedingungen für wirtschaftliche Entwicklung verbessern.“

Ausgehend von den in den letzten fünf Jahren gesammelten Erfahrungen haben die Referenten zur Ostbahn-Konferenz ein Konzept zur weiteren Entwicklung der traditionsreichen Eisenbahnstrecke und der in ihrem Einzugsbereich liegenden Gemeinden hin zu einer europäischen Modellkorridorregion zur Diskussion gestellt. In den Referaten wurde deutlich, dass das neue europäische Instrument des EVTZ, welches die Zusammenarbeit über Grenzen erleichtert, dazu genutzt werden kann, eine nachhaltige Mobilität für Personen und für Güter in der ca. 7000 km² großen Region im Einzugsgebiet der 253 km langen Eisenbahnstrecke von Berlin bis Piła anzustoßen. Diese Verkehrsverbindung ist eine wichtige Grundlage, damit sich die Menschen entlang dieser Eisenbahnlinie auch künftig wohlfühlen und insbesondere auch in der weiteren Zukunft ihre Kinder dort attraktive Lebensgrundlagen und ihre Heimat finden.

Bei der Verwirklichung dieses anspruchsvollen deutsch-polnischen Projektes werden vier Ziele verfolgt:

  1. Wir wollen einen ganzheitlichen Ansatz bei der Projektentwicklung und neben der reinen Mobilität auch Aspekte wie Arbeiten und Leben in einer attraktiven, ansprechenden und über die Grenze eng zusammenarbeitenden Region von Beginn an berücksichtigen.
  2. Wir wollen eine nachhaltige Mobilität mit Anknüpfungspunkten zum Klimaschutz, zur nachhaltigen Stadtentwicklung und zur Entwicklung zukunftsfähiger ländlicher Räume mit dem Ziel der positiven Einflussnahme auf den demografischen Wandel umsetzen.
  3. Wir wollen auf der Grundlage der gemeinsamen historischen Wurzeln die nachbarschaftlichen Beziehungen und das Zusammenleben der deutschen und polnischen Bürger und Bürgerinnen verbessern und in allen gesellschaftlichen Bereichen weiterentwickeln – Europa von unten gestalten.
  4. Wir wollen gemeinsam ein deutsch-polnisches Pilotprojekt in der Europäischen Union schaffen und regionales Wissen und Engagement mit den Zielen der Europäischen Union verbinden. Damit betreten wir mit der Gestaltung dieser Zukunftsvision Neuland.
Die Internationale Ostbahn-Konferenz hat Interessenten über die Inhalte eines EVTZ und einer Modellkorridorregion informiert. Es wurde insbesondere auf die Frage „EVTZ – Was bringt es und was kostet es?“ eine erste Antwort gegeben.

Ausgewiesene Fachleute für Raumentwicklung und EVTZ-Gesetzgebung sind in das Projekt integriert und werden bis zur Gründung polnischen und deutschen Landräten, Bürgermeistern und weiteren Interessenten erläutern, welche konkreten Aktivitäten umzusetzen sind, um die Handlungsfelder der Modellkorridorentwicklung in der vorgesehenen Zeitschiene mit Leben zu erfüllen.

Bei unserem letzten Arbeitsbesuch bei der EU in Brüssel wurde der Delegation bescheinigt, dass unsere deutsch-polnische Initiative das Potenzial hat, Vorbild für eine nachhaltige und grenzüberschreitende Mobilität in der EU zu werden. Die Form des „Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit“ sei dafür bestens geeignet, denn die EU habe diese Struktur genau für solche Kooperationen geschaffen.

Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin—Gorzów (IGOB-EWIV)

aus SIGNAL 2/2011 (Juni 2011), Seite 25-26