Planung
DB bringt neue Argumente gegen die S-Bahn
1. Apr 1995
Im September 1994 fand die öffentliche Auslegung der Pläne für den Wiederaufbau der Hamburger Bahn zwischen der Klosterstraße in Spandau und der Landesgrenze statt. Diese Pläne zeigten,
Auf die schriftlichen Einwendungen zu den Plänen erhielten die Staakener Bürger jetzt von den Senatsverwaltungen folgende von der Deutschen Bahn AG wörtlich übernommene - Stellungnahme:
"Im ausgelegten Plan ist erkennbar, daß das Regionalgleis Wustermark Spandau südlich der S-Bahn-Gleise (die bis zum Bahnhof Spandau geführt werden) eingezweigt wird. Dazwischen liegen die Fernbahngleise an definierten Richtungsbahnsteigen. Wirtschañliche Überlegungen und technische Zwänge waren ausschlaggebend für diese Lösung. Die Umsteigemögiichkeit zur S-Bahn bietet sich nicht günstiger an und entspricht der in vielen Bahnhöfen praktizierten Verfahrensweise... Der Übergang von der S-Bahn auf Züge des Regional- und Fernverkehrs und umgekehrt bleibt für die Reisenden mit notwendigen Laufwegen verbunden. Für einen Aufbau von S-Bahn-Gleisen ab Bahnhof Spandau in Richtung Albrechtshof/Falkensee liegt keine Bestellung und somit keine Planungsgrundlage vor. Beide S-Bahn-Strecken wurden ab Bf Spandau auf Fernbahngleisen mit Dampfbetrieb zugelassen und betrieben. Für die ab dem Jahr 1951 ohne Planfeststeìlung nachgerüsteten elektrischen Stromschienen gibt es insofern keinen Bestandschutz."
Zweitens verwundert die lapidare Feststellung über den fehlenden Bestandsschutz "die ab dem Jahr 1951 ohne Planfeststellung nachgerüsteten elektrischen Stromschienen". Es mag wohl sein, daß die Elektrifizierung vor über 40 Jahren ohne das heute übliche Planfeststellungsverfahren erfolgte. Sie wurde aber von den politisch verantwortlichen und zuständigen Stellen in West-Berlin, vor allem auch der Besatzungsmacht im Britischen Sektor, in deren Auftrag der Bahnverkehr von der Reichsbahn betrieben wurde, nicht beanstandet und auf der Lehrter Bahn bis zur Betriebseinstellung im September 1980 fast 30 Jahre geduldet. Ob sich daraus nicht auch ein Bestandsschutz ableiten läßt, muß zumindest gefragt werden. Außerdem erzeugt die Haltung der Bahn Sorge um den Bestandssehutz anderer S-Bahn-Strecken, die zu DDR-Zeiten ohne Planfeststellungsverfahren erstellt wurden, z.B. nach Königs Wusterhausen und zum Flughafen Schönefeld.
Zurück zur Hamburger Bahn: Wichtiger als der Bestandsschutz für die technische Anlage Stromschiene ist für die betroffenen Staakener Bürger (und letztlich auch deren Nachbarn im angrenzenden Havelland) der Bestandsschutz für den bis 1980 angebotenen Verkehr mit kurzem Takt, also S-Bahn-Verkehr, und zwar direkt in die Berliner Innenstadt. Ob dieser "mit Dampf“, mit Dieselbetrieb oder elektrisch durchgeführt wird, ist zweitrangig. Entscheidend ist, daß solch ein Verkehr nach Realisierung der im September 1994 ausgelegten Pläne auf der Lehrter Bahn in Richtung Staaken und Wustermark nicht mehr möglich sein wird.
Es drängt sich zum wiederholten Mal der Eindruck auf, daß die Anliegen der Fahrgäste im Havelland von allen Verantwortlichen nicht wirklich ernst genommen werden und keine Begründung fragwürdig genug ist, um sie nicht als "Argument" gegen die Fahrgastwünsche einzusetzen.
PRO BAHN
Regionalverband Havelland
aus SIGNAL 2/1995 (April 1995), Seite 16