Schienenverkehrswochen 2012

Neue Fahrzeuge und Zugstreichungen

Bericht vom Fahrgastsprechtag Regionalzugverkehr 2012


Jens Fleischmann

26. Okt 2012

Am 25. September 2012 fand im S-Bahnhof Jannowitzbrücke der „Fahrgastsprechtag Regionalzugverkehr“ statt. Für den einladenden Berliner Fahrgastverband IGEB war es eine historische Stätte, denn er war bis 2008 Mieter der heutigen Schulungsräume der DB und hatte diese unter anderem für die Sprechtage genutzt. Der Einladung zum Sprechtag 2012 folgten Heiko Miels, Angebotsplaner beim VBB, Renado Kropp, DB Regio Nordost Angebotsplanung, Arnulf Schuchmann, Geschäftsführer der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (ODEG), und Patrick Malter, Leiter Bahnhofsmanagement Berlin bei DB Station & Service. Die Moderation lag bei Christfried Tschepe, Vorsitzender der IGEB. Der Publikumszuspruch war mit ca. 70 Personen wieder sehr gut, ebenso zeichnete sich die Publikums-Fragerunde wieder durch fachkundige und praxisbezogene Beiträge aus.

Fahrplan 2013

Zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012 geht die Strecke durch den Berliner Grunewald nach einem Jahr Baumaßnahmen wieder in Betrieb, womit die

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Unterbrechungen bzw. Umleitungen auf den Linien RE 1 und RE 7 entfallen können. Des Weiteren erfolgt die Betriebsaufnahme des Netzes Stadtbahn in der zweiten Stufe. Nach den Regionalbahnlinien im Vorjahr folgen nun die Regionalexpresslinien. Größte Änderung ist hierbei der Betreiberwechsel auf den weiterhin als RE 2 und RE 4 bezeichneten Linien, die künftig durch die ODEG gefahren werden. Die Linien RB 21 und RB 22 werden zu bestimmten Zeiten montags bis freitags über Griebnitzsee hinaus bis Friedrichstraße verlängert und verstärken damit die Linie RE 1 auf diesem Abschnitt. In Richtung Potsdam halten diese weitergeführten Züge der Linie RB 21 und RB 22 allerdings nicht mehr in Griebnitzsee, da der dafür notwendige Bahnsteig noch fehlt.

Auf der Bahntechnik-Messe InnoTrans in Berlin wurde im September erstmals der neue „KISS“-Doppelstockzug von Stadler für die Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) vorgestellt. Die ersten Züge sollen ab Dezember 2012 als RE 2 und RE 4 über die Berliner Stadtbahn fahren. Foto: Florian Müller
Foto: Florian Müller
Die ODEG will zum Fahrplanwechsel im Dezember 2012 auf RE 2 und RE 4 die neuen Doppelstocktriebwagen vom Typ KISS einsetzen, aber ob bis dahin die Zulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt vorliegt, ist noch offen. Bedauerlich ist, dass weder Besteller (ODEG) noch Hersteller (Stadler) zu fahrgastrelevanten Fragen im Vorfeld das Gespräch mit den Fahrgastverbänden gesucht haben. So erstaunen einige ungünstige Anordnungen von Haltestangen und harte Sitze mit eingeschränkter Kniefreiheit ebenso wie die relativ sparsame Motorisierung des 4-teiligen Triebzuges. Foto: Florian Müller
RE 2 nach Wittenberge. Im Dezember 2012 erfolgt ein Betreiberwechsel von der DB zur ODEG. Dennoch bleibt es bei der bisherigen Linienbezeichnung. Damit wird die langjährige IGEB-Forderung nach betreiberunabhängigen Linienbezeichnungen erfreulicherweise endlich umgesetzt. Foto: Marc Heller

Neben dem Netz Stadtbahn nimmt auch die auf zwei Jahre angelegte Vergabe Netz Prignitz (PE 73, PE 74) ihren Betrieb auf. Wer diese Linien künftig fahren wird, ist allerdings noch nicht entschieden.

Zum kleinen Fahrplanwechsel am 9. Juni 2013 erfolgt schließlich noch die Betriebsaufnahme im Netz Elbe-Elster (Linien RE 15, RE 18, RB 31, RB 49) durch die DB Regio. Einige Wochen vorher, voraussichtlich am 27. April 2013, wird die Strecke des RE5 zwischen Birkenwerder und Neustrelitz wieder in Betrieb genommen. Und sofern keine erneute Verschiebung erfolgt, sollen nunmehr zum 27. Oktober 2013 der Flughafen Berlin-Brandenburg und damit der neue Flughafenbahnhof in Betrieb gehen. Der bisherige Bahnhof wird dann nur noch durch die S-Bahn bedient und in „Schönefeld“ umbenannt.

Im Fahrplan 2013 kommt es leider auch zu Angebotskürzungen, da das Land Brandenburg sich nicht mehr in der Lage sieht, das bisherige Angebot komplett finanzieren zu können. Dabei werden auch Leistungen gestrichen, die im Netz Stadtbahn ausgeschrieben worden waren.

Die Änderungen zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012 im Überblick:

RE 1 Magdeburg/Brandenburg—Berlin Stadtbahn—Frankfurt/Eisenhüttenstadt: Die Fahrten zwischen Frankfurt und Eisenhüttenstadt werden nur noch montags bis freitags und nur noch in der Hauptverkehrszeit angeboten. In den übrigen Zeiten steht nur noch der stündlich verkehrende RE 11 Frankfurt (Oder)—Cottbus zur Verfügung.

RE 5 Rostock/Stralsund—Berlin Nord- Süd-Tunnel—Falkenberg/Lutherstadt Wittenberg: Die derzeitigen Direktzüge Berlin— Rostock über Schwerin sind durch das Land Mecklenburg-Vorpommern mangels Nachfrage abbestellt worden und werden eingestellt.

RE 6 Wittenberge—Hennigsdorf—Berlin- Spandau: Die Durchbindung nach Berlin- Gesundbrunnen entfällt. Alle Züge enden und beginnen wieder in Spandau.

RE 7 Dessau—Berlin Stadtbahn—Flughafen Schönefeld—Wünsdorf-Waldstadt: Zwischen Dessau und Bad Belzig wird der Stundentakt durchgehend eingeführt, gleichzeitig erfolgt eine Fahrzeitverkürzung. Die morgendlichen Verstärkerzüge fahren neu über die Berliner Stadtbahn bis zum Flughafen Schönefeld.

RE 11 Frankfurt (Oder)—Cottbus: Es werden drei Sprinterzüge zwischen Frankfurt und Cottbus eingeführt, die die Strecke in unter einer Stunde befahren und nur in Eisenhüttenstadt und Guben halten.

RB 21/RB 22 Wustermark/Flughafen Schönefeld—Potsdam Griebnitzsee(—Berlin Friedrichstraße): Die Linie RB 21 verkehrt wieder mit allen Fahrten nach Wustermark. Die Direktfahrten zum Berliner Hauptbahnhof (tief) über Spandau entfallen. Beide Linien werden montags bis freitags in der Hauptverkehrszeit und teilweise in der Nebenverkehrszeit bis Friedrichstraße verlängert. In Richtung Potsdam können die aus Friedrichstraße kommenden Züge allerdings nicht in Griebnitzsee halten.

OE 33 Berlin-Wannsee—Jüterbog: Montags bis freitags wird nur noch in der Hauptverkehrszeit stündlich zwischen Beelitz Stadt und Jüterbog gefahren, zu den anderen Zeiten verkehren die Züge nur noch alle 2 Stunden.

OE 36 (Berlin-Lichtenberg—)Königs Wusterhausen— Frankfurt (Oder): Zwischen Lichtenberg und Königs Wusterhausen verkehren die Züge nur noch montags bis freitags. Darüber hinaus wird zwischen Beeskow und Frankfurt (Oder) am Wochenende nun ganzjährig nur noch alle 2 Stunden gefahren.

OE 51 Brandenburg an der Havel—Rathenow: Am Wochenende erfolgt teilweise eine Taktausdehnung auf 2 Stunden.

RB 66 Szczecin—Angermünde(—Berlin- Gesundbrunnen): Alle direkten Züge von und nach Berlin verkehren neu nur ab bzw. bis Gesundbrunnen.

Darüber hinaus wird es einzelne Zugstreichungen auf den Linien RE 4, RE 6, RB 14, NE 26, NE 27 und RB 43 sowie ein stark eingeschränktes Angebot auf den Linien PE 73 und PE 74 geben.

Fahrzeuge

Die neuen elektrischen Talent-2-Züge gelangen seit dem Frühjahr 2012 nun endlich in den Einsatz. Derzeit verkehren sie vor allem auf den Potsdamer Linien RB 20, RB 21, RB 22 und RB 23, auf der RB 13 und auf dem RE 5-Shuttle zwischen dem Berliner Hauptbahnhof und Birkenwerder. Zum Fahrplanwechsel sollen sie auch auf den Linien RE 7 und RB 14 zum Einsatz gelangen. Je nach Strecke werden die drei- bzw. fünfteiligen Fahrzeuge einzeln oder gekoppelt verkehren. In Golm und Flughafen Schönefeld sind Zugschwächungen und -stärkungen vorgesehen.

Auch die ersten modernisierten Doppelstockfahrzeuge für die Linie RE 1 sind inzwischen eingetroffen und zusammen mit einer Lokomotive des Typs Taurus (BR 182) im Einsatz. Bis zum Fahrplanwechsel werden allerdings nicht alle 75 zur Modernisierung vorgesehenen Wagen fertig, so dass teilweise weiterhin die RE 160-Doppelstockwagen auf dieser Linie eingesetzt werden, allerdings dann geführt von einer Taurus-Lokomotive. Die durch den Betreiberwechsel frei werdenden RE160-Doppelstockwagen sollen nach einem Umbau auf den Nord-Süd- Linien RE 3 und RE 5 zum Einsatz kommen.

Auf der Bahntechnikmesse InnoTrans im September 2012 wurde der erste Doppelstocktriebzug vom Typ KISS (Komfortabler Innovativer Spurtstarker S-Bahn-Zug) vorgestellt, der künftig auf den ODEG-Linien RE 2 und RE 4 zum Einsatz kommen soll. Bestellt sind 16 Triebzüge mit je 4 Wagen, die bis zum Fahrplanwechsel allerdings nicht vollständig zur Verfügung stehen werden. Des Weiteren steht noch die Zulassung der Fahrzeuge aus, so dass die ODEG bereits an einem Ersatzzugkonzept arbeitet. Genauere Informationen gibt es hierzu noch nicht. Die Lage ist aber brisant, da keine 160 km/h schnellen Ersatzfahrzeuge in Deutschland zur Verfügung stehen, die jedoch für die Einhaltung des Fahrplans benötigt würden.

Im vergangenen Winter gab es große Probleme mit der Verfügbarkeit der fabrikneuen GTW-Fahrzeuge (Baureihe 646) der ODEG. Nachdem Filter ausgetauscht und die Software für die Stromrichter angepasst wurde, fuhren die Wagen dann ohne Probleme, bis im Sommer die Klimaanlage versagte und weitere Nacharbeiten erforderlich wurden. Seither sind die Wagen stabil im Einsatz. Dafür gibt es mit den GTW-Fahrzeugen der DB Regio Verfügbarkeitseinschränkungen, die sich unter anderem auf die Behängung der Stettiner Züge auswirken. Aber auch diese Probleme sind inzwischen gelöst, und die Verfügbarkeit bessert sich.

Neue Bahnhöfe

Ohne große Vorankündigung haben die Arbeiten für den lange geplanten Bahnhof Ludwigsfelde-Struveshof am südlichen Berliner Außenring bereits begonnen. Der Bahnhof, gelegen an der Potsdamer Straße, erhält zwei Seitenbahnsteige, einen pro Streckengleis. Die Bahnsteige werden über eine Fußgängerbrücke mit Aufzügen miteinander verbunden. Die Inbetriebnahme ist geplant zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012. Gleichzeitig wird der nur wenige Kilometer entfernte, aber abseits gelegene Bahnhof Genshagener Heide geschlossen. Angefahren wird der neue Bahnhof von der Linie RB 22.

Für den zweiten Bahnsteig in Griebnitzsee (Richtung Potsdam Hbf) gibt es noch keinen Bautermin. Er wird aber dringend benötigt, damit auch die aus Berlin kommenden Züge der Linien RB 21 und RB 22 dort halten und ihre Aufgaben als Direktverbinder der Potsdamer Universitätsstandorte wahrnehmen können.

Keine guten Nachrichten gibt es außerdem zu den geplanten Bahnhöfen in Berlin- Köpenick und Berlin-Mahlsdorf. Vor allem bei Köpenick, bei dem das Land Berlin die Zughalte der Linie RE 1 sogar bereits bestellt hat, gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Land Berlin, welches den Halt haben will, und dem Land Brandenburg sowie DB Regio, die dagegen sind. Momentan ist der Bau für den Zeitraum 2016 bis 2020 geplant.

Die Realisierung des neuen Regionalbahnhofs Mahlsdorf ist abhängig vom geplanten Ausbau entlang der Ostbahn zwischen Strausberg und Rehfelde, die die für den zusätzlichen Halt benötigten Minuten im Fahrplan liefern könnte, damit für den Halt kein zusätzlicher Umlauf benötigt wird. Derzeit wird für die auf der Ostbahn verkehrende Linie NE 26 allerdings die Anbindung an das Ostkreuz als wichtiger angesehen, die ebenfalls nur dann finanzierbar ist, wenn kein zusätzlicher Umlauf erforderlich ist.

Sonstiges

Nicht nur über neue Bahnhöfe wird diskutiert, sondern auch über Schließungen von Brandenburger Bahnhöfen mit weniger als 50 Ein- und Aussteigern pro Tag werden Gespräche geführt. Entscheidungen stehen hier aber noch aus.

Die Linienbezeichnungen sollen vereinheitlicht werden. Gestartet wird dabei mit den Regionalexpresslinien, die künftig alle unabhängig vom Betreiber als RE bezeichnet werden. Die Regionalbahnlinien sollen folgen und dann alle die Bezeichnung RB erhalten.

Durch die Übernahme des RE 2 verspricht sich die ODEG eine effizientere Anschlusssicherung in Cottbus zu den Linien OE 46 und OE 65, da dann nur noch ein Unternehmen beteiligt ist.

Der behindertengerechte Bereich der Doppelstockwagen der DB Regio soll speziell gekennzeichnet werden, damit schneller erkennbar ist, wo sich dieser befindet. Bei neuen bzw. modernisierten Fahrzeugen befindet sich dieser immer in der Zugmitte, bei den alten Wagen hingegen im Steuerwagen, so dass vor allem in der Übergangszeit, in der noch die alten und schon die erneuerten Wagen verkehren, die Schwerbehinderten eine Zusatzinformation benötigen.

Jens Fleischmann

aus SIGNAL 5/2012 (November 2012), Seite 4-5