Planung
Konzept-Entwurf zur Erweiterung der Fernbahn-Empfangsanlagen nach Ausschöpfung der Bahnsteigkapazität im Fernbahnhof Zoologischer Garten
1. Okt 1989
der Anhalter Bahnhof | 73 ZP. | 28,2% |
der Stettiner Bahnhof | 52 ZP. | 20,1% |
der Lehrter Bahnhof | 28 ZP. | 10,8% |
der Potsdamer Bahnhof | 19 ZP. | 7,3% |
der Görlitzer Bahnhof | 14 ZP. | 5,4% |
die 5 Stadtbahnhöfe | 73 ZP. | 28,2% |
Der Bahnhof Zoo wurde danach täglich auf seinen 4 Ferngleisen mit 73 Zugpaaren und weiteren 128 Vorort-Personenzügen belastet! Die durchschnittliche tägliche Anzahl der Fernreisenden betrug insgesamt bei den genannten Bahnhöfen 120.000, jährlich 43 Mio. ohne Urlaubs- und Saisonverkehr bei ca. 260 Fernreisezugpaaren täglich. Hinzu kamen beim Lehrter, Potsdamer, und Görlitzer noch insgesamt 180 Zugpaare im sog. Vorortverkehr mit geschätzten 80.000 Reisenden pro Tag, und 30 Mio. pro Jahr. Die Leistungen im eigentlichen öffentlichen Personennahverkehr sahen wie folgt aus: S-Bahn und Vorortbahnen 515 Mio./Jahr, U-Bahn, Tramway, Bus 1.050 Mio./Jahr, alle zusammen rund 1,6 Mrd. Reisende.
Die letzten 2 Kriegsjahre hinterließen unterschiedlich starke Spuren. Bis auf den schwer getroffenen Potsdamer Bf. wurden jedoch alle anderen ihrer Be- deutung entsprechend noch im Jahre 1945 wieder in Betrieb genommen. Der ANHALTER hatte lediglich Teile seiner Dachkonstruktionen verloren.
Die 4 in West-Berlin gelegenen Kopfbahnhöfe sowie der auf Ost-Berliner Gebiet gelegene Stettiner wurden als Folge politisch motivierter gegenseitiger Abnabelung ohne Vorausschau auf ROSA ZEITEN von ihren Bauverwaltungen abgerissen und die hochwertigen Ziegelsteine - zerkrümelt und neugeformt - im sozialen Wohnungsbau nutzbringend weiterverarbeitet, so daß nur Denkmalsschützer, damals ohne Resonanz in der Presse, eine stille Träne vergossen. Es gelang jedoch, unter Anstiftunng eines leitenden kunstbewußten Baubeamten, die Terrakotten und das Fürstenportal des ANHALTERs vor der Sprengung abzunehmen und in den unterirdischen Bunkeranlagen vor den Krümelmonstern bis in unsere Tage herüberzuretten. Das Fürstenportal ist inzwischen im Museum für verkehr und Technik liebevoll rekonstruiert worden.
Während die Verkehrspolitik der DDR darauf gerichtet war, die Kapazitäten im Güter- und Personenverkehr an die gewandelten Bedürfnisse anzupassen, die Hauptstrecken von OST-WEST auf NORD-SÜD-Verbindungen umzubauen, und die Traktion zunächst auf Dieselbetrieb und schließlich auf elektrische Antriebstechnik umzustellen, war die Befassung -speziell in dieser Stadtvage. Es gab -über 3 Jahrzehnte verteolt- Pläne, den ANHALTER und POTSDAMER zu vereinigen und als Neuanlage in den Bereich südlich der Yorck-Brücken zurückzuverlegen; dann in jüngerer Zeit Vorschläge, den Bahnhof Zoo auszubauen. dies wegen der sehr engen Randbebaung verworfen wurde, zog man den Bahnhof Charlottenburg in Betracht, mit Abstellanlagen in Freiflächen des Bähngeländes GRUNEWALD. Ein anderer Vorschlag forderte in jüngerer Zeit, im Bereich Westkreuz einen Endpunkt für den INTERCITY zu bauen, weil davon das Messegelände und das ICC unmittelbar zu profitieren vermöchten. Die Frage nach innerstädtischen Anbindungen ließ sich adhoc nicht beantworten, wenn man von der Wannsee-S-Bahm Linie 1 (in Betrieb) und dem S-Bahn-Südring (voraussichtliche Wiederinbetriebnahme nunmehr ab 1992) absieht, bei letzterer Lösung freilich ein Milliardenprojekt allein für den Hoch- und Tiefbau.
Der IBA-Wettbewerb 2 zur Neugestaltung des Zentralen Bereiches im Frühjahr ’86 brachte als Vorgabe die Ausgestaltung des Bahnhofes Zoo als Endbahnhof für einen Pendelverkehr auf der westlichen Verkehrsachse (Aachen/Köln-Berlin W) mit Abstellanlagen auf dem Kieslagergelände des Hamburg-Lehrter Güterbahnhofes (HuL), die über eine ausscherende Gleisschleife von der Stadtbahn in der Höhe der Paulstraße zunächst in süd-östlicher, danach Alt-Moabit in nord-östlicher Richtung unterquerend, das ehemalige Luftfahrzeugmuseumsgelände nördlich tangierte. Einer der Lösungsvorschläge forderte u.a. an diesem Ort eine Veranstaltungshalle für 10.000 bis 20.000 Zuschauer (Austragung von Welt—Championaten) mit eigenem Versorgungsgleisanschluß für Blockzüge solcher Aussteller, die weltweit mit eingener Ausrüstung anreisen, ebenso nutzbar für INTERCITY-Züge.
Das Verbindungsgleis unterquerte dann im Verlauf der Gütergleise des Moabiter Werders die Stadtbahn (auf +1) in nordöstlicher Richtung (auf 0), um sich in die dort befindlichen und vom Hauptzollamt genutzen Verkehrsgleise einzufügen, bis zu einer geplanten Gleisharfe, etwa auf der Fläche des ehemaligen Lehrter D-Zug-Lok-Betriebswerkes. Diese sollte nach Planungsvorgabe auf Gleisen des jetzigen etwa 1500 m langen Kieslagerplatzes für die erwarteten INTERREGIO- und IC-Garnituren errichtet werden.
Sinn dieser Zwischenlösung war -vorgegeben- die Steigerung der Bahnsteigkapazitat des Bahnhofs Zoo mit derzeit 2 Paar Bahnsteiggleisen, die seinerzeit durch die langen Aufenthaltszeiten in Richtung Nadelöhr Übergangsbahnhof Friedrichstraße auf 25 - 40 % ihrer Leistungsfähigkeit reduziert wurde.
Die Zahl der Gleise (4), die Anordnung der Bahnsteige nach dem Inselprinzip (2) gleicht denen vor dem 2. Weltkrieg. Die vom BSVV anfang der 80er Jahre angemahnte Renovierung brachte außer den überfälligen Rolltreppen und der Klarsichtverglasung auch die von der Fachwelt dringlich geforderte Verlängerung der Bahnsteige für 14-Wagen-Einheiten (ca. 350 m Länge). Weiterhin unverändert bleiben jedoch die eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten als Folge des Mauerbaus, da der Bahnhof Zoo Grenzbahnhof auf West-Berliner Gebiet ist und die hoheitlich von der Reichsbahnverwaltung der DDR festgelegten Abfertigungszeiten in Verbindung mit den Grenzsicherungsmaßnahmen längere Aufenthaltszeiten der vollbespannten internationalen Fernreisezuggarnituren in Richtung Osten zur Folge haben.
Eine Regel-Abfertigungszeit ohne sporadische Sicherungmaßnahmen läßt sich leicht an den in Richtung Westen fahrenden Zügen ermitteln. Überschläglich lassen sich bei ca. 6 Min. Zugverweildauer am Bahnsteig mit den Blockbelegungszeiten für Einfahrt und Ausfahrt in und aus dem Bahnhofsblock mit Vorblockung 20 Minuten ansetzen. Dies bedeutet eine Regelkapazität je Richtungsgleis von 3 Abfertigungen je Stunde, bei 18 Stunden Regelbetriebszeit (5.00 bis 23.00) also 54 Züge je Gleis und Richtung.
Es ist jedoch einschränkend anzumerken, daß der Bahnhof Zoo mangels erforderlicher Umfahr- oder Überholgeise für Sonder- und Hilfszüge ohne Halt am Bahnsteig ein Gleis je Richtung ständig unbelegt, also freizuhalten hat (Betriebsvorschriften für Bahnhöfe an internationalen zweigleisigen Hauptstrecken der Kategorie A).
Es bleibt also bei der Zahl 54 in den verkehrsrelevanten Betriebszeiten -in westlicher Richtung. Die Auslastung lieg- derzeit - mit den Kurswagenverkehren und gelegentlichen Dienstfahrten, lnformationsangeboten, und Überbringerpostzügen - bei 45 %. Eine Erweiterung des Angebotes mit Direktverbindungen nach Leipzig, Dresden, oder anderen DDR-Knoten ließe stufenweise die Auslastung auf über 50 bis 60 % anschwellen. Weitere geplante Westzubringer bei Eröffnung der HGZ-Verbindung Hamburg - Würzburg über Hannover brächten 9 Zuggarnituren im 2 Stundentakt nach dem Bahnhof Zoo - es würde die 80%-Marke erreicht! - Wohlgemerkt: in der betrieblich besser beherrschbaren West-Ausfahrt!
An dieser Stelle wird bereits deutlich, welche Entlastung und Erleichterung der Betriebsabläufe eine Ausschleusungsmöglichkeit der in West-Berlin endenden Zuggarnituren in Richtung Hamburg-Lehrter Abstellanlage mit sich brächte. Denn eine Weiterfahrt in Richtung Osten - als der erschwertere Betriebsablauf - (Fach-Jargon: "Worst case") bringt bei gar nicht so seltener Bahnsteigverweildauer von 25 Minuten eine Blockbelegungsdauer von 40 Minuten, d. h. eine Halbierung der Gleiskapazität in Richtung Osten im Vergleich zur Richtung nach Westen, bei sonst unveränderten Betriebsbedingungen. Bis zur endgültigen Sanierung der zwischen Bahnhof Zoo und Bahnhof Friedrichstraße befindlichen Langsamfahrstellen (Fachjargon "LAFAs") würde sich ein Herauslösen der Zuggarnituren in Richtung Abstellharfe Hamburg und Lehrter Bahnhof ("HuL") vorab positiv bemerkbar machen.
Generell muß jedoch aus praktischer betrieblicher Sicht angemerkt werden, daß ein Dauerbetrieb bereits bei 80 % Auslastung irreal ist. Die nach etwas älteren Streckenbelastungsangaben stärkst belastete Hauptstrecke der Deutschen Bundesbahn, die Lombardsbrücke in Hamburg zwischen Hamburg-Harburg und Hamburg-Altona, welche ebenfalls -allerdings ohne Bahnsteighalt- mit verminderter Geschwindigkeit befahren wird, hat mit täglich über 300 Fahrten je Richtung ohne Bahnsteighalt eine Zugfolgedichte von immerhin noch durchschnittlich 8 Minuten (18 Stunden Betriebszeit als rechnerische Basis), - Das von Fachlaien gern herangezogene Beispiel der sehr kurzen Belegungszeiten im Bahnhof Bonn kann nicht als Rechengrundlage eines 24-Stunden-Betriebs verwendet werden. Es handelt sich hierbei um Belastungen, die durch besondere Streckenausrüstuug und Gleislage so- wie die übrigen Zusatzbedingungen des Layouts und der Zugfolgeüberwachung begünstigt sind und nur die Spitzenverkehrszeiten gelten. - Auf der Stadtbahn ließen sich zudem die Anfahrzugleistungen der Elektro-Loks aus baulich-statischen Gegebenheiten nicht umsetzen.
Unter Zusammenfassung des oben gesagten wären unter Bewahrung einer betrieblichen Reserve zur Verarbeitung von Verspätungen oder Schlechtwetterlagen die Kapazitätsgrenzen in Richtung Osten -unter sonst gleichen Bedingungen- bei Start eines 2-stündigen Taktes von Hannover, in Richtung Westen bei Aufnahme eines 1-stündigen Taktes erreicht. Dabei werden bereits die Abstelleinrichtungen in HuL als in Grundausstattung gegeben und eine Beschränkung der Direktabfahrten zu Knoten der DDR auf Leipzig und Dresden zweimal je Tag und Relation vorausgesetzt.
Bei Nichtrealisierung dieser oben genannten Randbedingungen bliebe als weiterer Ausweg nur eine durchgreifende Modernisierung der Bahnhofseinrichtungen durch ein elektronisches Stellwerk mit angepaßten Streckenblocks und vollautomatischem Gleiswechsel- sowie Zweirichtungsbetrieb in jedem Gleis. Dies würde auf begrenzte Zeit alle 4 Gleise -unter Schaffung entsprechender Gleisverbindungen an den Bahnhofs-Ein und Ausfahrten- zur gleichberechtigten Nutzung in beiden Fahrtrichtungen und zur Reduzierung der Freihaltekapazität auf nur 1 Gleis - und dies unabhängig von den aktuellen Belegungszuständen in den verbleibenden 3 anderen - aufwerten.
Unerörtert blieb jedoch bis jetzt die Ausrüstung der Stadtbahn für elektrischen Betrieb sowie die Forderung des Betreibers der auf der Stadtbahntrasse in Parallellage angeordneten S-Bahn-Gleise auf Verbreiterung des Gleismitten- und Randabstandes für Einbau und Wartung zeitgemäßer Strecken- und Sicherungsausrüstungen, die de facto auf den Rückbau eines der beiden Fernstreckengeise hinauslaufen. Diese Gründe - und ihre durch viele Faktoren erschwerte kurzfristige Beseitigung - zwingen zu Überlegungen über alternierende Ergänzungs- oder Ersatzlösungen.
Die Maßnahmen bestünden in einer bereits an Streckenteilen (Savignyplatz) vorgenommenen Sanierung und Verstärkung des Mauerwerks. Weitere Baumaßnahmen müßten einer seitlichen Verbreiterung sowie einer Fundamenterrichtung für die Masten der elektrischen Oberleitung gelten.
Die Streckenlänge bemißt sich auf West-Berliner Gebiet ab Km 0 am Ostausgang des Bahnhofs Charlottenburg (Unterführung Holtzendorffstraße) bis Km 6,4 (Brücke Humboldthafen am Friedrich-List-Ufer in Moabit, östlich des Lehrter S-Bahnhofes). Zählt man jedoch die Streckenausrüstungen der Abschnitte ab Grenzübergang (GUE) Staaken oder GUE Griebnitzsee (Wannsee) hinzu, ergeben sich 400 Mio. DM.
Die Abschnitt Brücke Humboldthafen bis Westeingang Hauptbahnhof (Km 12) soll außer Betracht bleiben, da er sich auf Ost-Berliner Gebiet befindet und der Hauptbahnhof derzeit bis zu seinem Westausgang, vermutlich bis zum Grenzübergang Friedrichstraße, von der DDR-Reichsbahn ausgerüstet werden wird. - Die Stromsysteme sind - historisch bedingt - mit 15 KV und 16 2/3 HZ miteinander verträglich.
Es ist nun eine Meinung denkbar, etwa derart, daß die Überlegungen noch ein wenig Zeit haben, bis die Heranführung der Schnelltrasse über Stendal nach Staaken Wirklichkeit geworden ist. Dies ist jedoch deshalb trügerisch, weil die 9 oder 10 Zugaare eines 2-Stunden-Taktes von und nach Hannover notfalls - gegen DM-Devisen an die DDR-Reichsbahn - mit Dieseltraktion über die Magdeburger Strecke gezwängt werden könnten; und die Planungen für einen Versuchsbetrieb sind durch den Bau von INTERREGIO-Wagen und durch den Umbau von DDR-Dieselloks auf höhere Maschinenleistungen (Baureihe 132) für die vorgesehene Klimatisierung dieser neuen Reisewagen-Generation bereits vorangeschritten. Eine Aufnahme ab Sommerfahrplan 1990 erscheint nicht mehr ausgeschlossen - Eile ist daher durchaus geboten.
Damit erhebt sich die Frage, welche anderen Möglichkeiten innerhalb West-Berlins zu einer Erweiterung der Empfangseinrichtungen nach Erschöpfung der Reserven im Bf. Zoo bestehen.
Im folgenden soll eine aus weiteren denkbaren Lösungen etwas hervortretende Alternative beschrieben werden, die sich im Vergleich zu den Streckenausbaukosten der Stadtbahn als unter Umständen günstiger oder zumindest nicht viel aufwendiger darstellt: Eine Zuführun der schnellen Fernbahngarnituren über die ehemalige Südtrasse vom Berliner Außenring (BAR) über den Abzweig Ludwigsfelde mit Durchfahrt ohne Halt bis zum ANHALTER Bahnhof in Hochlage (als Denkmodell im Falle der Kostengleichheit jedoch mit dem Nachteil eines - wenn auch sehr minimalen - Eingriffes in die Oberflächen-Biotope).
Zwei weitere Zuführungen mit dem Zielpunkt ANHALTER Bahnhof sollen als Alternativen über den Nordring sowie über den Südring mit Halt vor dem ICC eingeschlossen werden.
Der Mythos des ANHALTERs, als Symbol des eisenbahntehnischen und zivilisatorischen Fortschritts (Walter Benjamin: "Mutterhöhle der Eisenbahnen der Welt") und sehr volkstümlich als "Tor zum Süden" allen älteren Berlinerinnen und Berlinern in bester Erinnerung, bietet sich aus mehreren Gründen als vorrangige Alternative an:
Das nebenstehende Schema (Abb. 4) verdeutlicht in vereinfachter Form die Hauptstreckenverläufe in Gesamt-Berlin (Grenzverlauf gestrichelt). Von Bedeutung: der Berliner Außenring BAR um West-Berlin, und der Berliner Innenring BIR, letzterer wird durch den Grenzverlauf halbiert.
Zur Veranschaulichung der historisch ewachsenen Vernetzung wurden alle 13 Streckenstrahlen nach Windroseart aufgenommen. Die für eine Entlastung des Bahnhofes Zoo in eine engere Wahl zu ziehenden Fernstrecken sind diejenige über den BAR zum AHB (ANHALTER Bahnhof als Personenbahnhof nördlich des Landwehrkanals mit Stadt-Ausgängen an der wieder einbezogenen Portikusruine am Askanischen Platz) an erster Stelle. Der Berliner Außenring gestattet die Zuführung von IR- und IC-Garnituren sowohl aus Hamburg/Nauen, aus Hannover/Stendal über Wustermark wie auch aus Hannover/Magdeburg über Werder.
Eine weitere Variante beinhaltet die Zuführung über die nördliche Einfädelung via Staaken/Spandau mit Abzweig am Fürstenbrunner Weg in den südlich verlaufenden Berliner Innenring. Dieser Streckenverlauf böte die Möglichkeit zu einem Halt vor dem ICC (gegenüber vom S-Bahnhof Witzleben). Ein Umsteigen in die Nord- oder Südring-S-Bahn wäre an dieser Stelle baulich möglich. Endpunkt auch hier zunächst er ANHALTER. Der ICC-S-Bahn-Zugang wurde mit dem am 25. September 1989 durch Bausenator Nage und Verkehrssenator Wagner vollzogenen Spatenstich für den S-Bahn-Südring bereits von der Planungs- in die Realisierungsphase übergeführt.
Schließlich bietet sich noch eine schnelle Durchbindung auf der alten Potsdamer
Strecke über Düppel und Zehlendorf für die Züge an, die über die
(durch DDR-Güterzüge schwer belastete) Magdeburger Strecke und den
Südwest-BAR Berlin anfahren.
Als letzte in erster Ausbaustufe sinnvolle Zuführung zum LEHRTER + ANHALTER ist
die nördliche Strecke
über Staaken-Moabit-Nordring-Hamburg-und-Lehrter über den LEHRTER
in Tieflage mit Südausgang zum
Reichstag und zum geplanten Standort
des Deutschen Historischen Museums
zu nennen.
Bei weiterer Durchdringung der Problematik muß danach versucht werden, diese Konstellation in Richtung Osten auszudehnen, und über das unterirdische Fernbahn-Gleisdreieck eine durchgehende Verbindung zum Hauptbahnhof in Ost-Berlin zu schaffen. Begünstigt würde dieser Entwurf in Nord-Süd-Richtung durch parallel geführte S-Bahn-Verbindungen sowie durch einen Autotunnel in Nord-Süd-Lage) in Verbundanordnung mit Fernbahn und S-Bahn auf Teilabschnitten (Kosteneinsparungen) und separaten Unterschneidungen des Spreebogens südlich des Humboldthafens. Diese Denkansätze sind als Bestandteil des lBA-Wettbewerbes 2 in dem Stadtplanungsentwurf "Zentraler Bereich” mit Radien und Steigungen und einer Einbindung in das bestehende Straßen-, Fernbahn- und S-Bahn-System maßstäblich ausgearbeitet worden.
Der IBA-Entwurf 1 “Block 14 Südliche Friedrichstadt" ließ den bereits oben erwähnten Plan so weit gedeihen, unter Erhaltung der als Vorgabe gesetzten oberirdischen Begrünung die Gleisanlagen mit den Empfangs- und Abfertigungseinrichtungen unterirdisch, auf Ebene - 1,5 bis Ebene -2,0 zu legen. Dadurch ergäben sich ideale und schnelle Zugwechselzeiten für ankommende oder abfahrende Reisende zum ebenfalls in Tieflage liegenden und in Betrieb befindlichen S-Bahn-System der Linie 2 mit der am südlichen Tunnelmund liegenden Verzweigung in dichte Bevölkerungseinzigsgebiete des Berliner Südens.
Der Gleisplan, der unter maßstäblicher Beachtung des Grundrisses des abgetragenen Empfangsgebäudes (Nord) und der Bahnsteighalle unter genauer Beachtung der lichten Breiten- und Längenmaße in die Gegebenheiten des Stadtplanes hineinkonstruiert wurde, weist 6 Durchgangsgleise und 7 Bahnsteige auf, Erkennbar sind die extrem günstigen Übergänge zu der westlich gelegenen S-Bahn-Linie 2, deren Gleise und Bahnsteige vorliegenden Lageplänen entsprechen. Um den Landwehrkanal unterfahren zu können, wurden die Fernbahngleise wegen des Lichtraumprofiles der Oberleitung (analog zur Ausbauhöhe des Frankfurter Flughafen-Anschlusses) auf Ebene -2 angeordnet, wärhrend die S-Bahn wegen ihrer geringeren Profilhöhe (Stromschienenbetrieb) auf Ebene -1,5 belassen werden kann.
Die Hauptgleise auf der Südseite liegen deckungsgleich unter den zwei vormaligen mittigen Brücken-Hauptgleisen, die Verkehrsgleise für die Postwagen des Brief- und des Paketpostamtes (Möckernstraße und Luckenwalder Straße) wurden wegen der noch vorhandenen Tunnel am Südkopf angeordnet, um den Postverkehr von Berlin aus zum Bundesgebiet entscheidend zu beschleunigen und die jetzigen Laufzeitnachteile der Berliner Kleingewerbe- und der privaten Postbenutzer zu vermindern (FEG-Markt 1992!).
Der Nordausgang berücksichtigt die Baumasse des Deutschlandhauses, die nicht unterfahren zu werden braucht, Die Gleisverbindungen innerhalb des im Gesamtschema angedeuteten unterirdischen Gleisdreiecks erfordern noch eine längere konstruktive Durchdringung in Bezug auf Stadtplan und Kurvenradien und sind dort nicht dargestellt.
Von Bedeutung ist die auf Ebene -2 mögliche Längenentwicklung der Fernbahnsteige, welche mit 432 m für 16 Wagen mit einer Standard-LÜP von 26.40 m ausgelegt werden konnte (Bahnhof Zoo nach Verlängerung jetzt 350 m Bahnsteiglänge = 14 Wagen). Damit kann der künftige ANHALTER 2 Zugeinheiten des INTERCITY-EXPRESS (ICE) aufnehmen (analog zum Gare de Lyon in Paris mit 2 TGV-Zügen = 450 m Länge). Die Auftauchpunkte der unterirdischen Trassenführung lägen im Norden zwischen Perleberger Straße und Putlitzbrücke, im Süden in der Höhe des Schöneberger Kreuzes und im Osten -Kooperation und Einverständnis der DDR-Reichsbahn nach der Philosophie des gegenseitigen Nutzens vorausgesetzt- an der Ostseite des Bahnhofsgebäudes des Hauptbahnhofes, da hier unmittelbar vorher die Spree unterfahren werden muß. Auch hier ist -wie im Falle des Fern-Gleisdreiecks- die konstruktive Durchdringung in Arbeit, bedarf aber noch einiger Untersuchungen und Berechnungen.
Eine vordringliche zivilisatorische Aufgabe ist die Bereitsstellung technischer
Möglichkeiten für Millionen und Abermillionen Bürger der Industrienationen,
damit diese ihren wohlverdienten Urlaub über Tausende von Autobahnkilometern nicht
unter Stress und dem unausbleiblichen volks- und umweltwirtschaftlichen Schaden
mit dem eigenen
PKW zurücklegen müssen. Getreu dem
guten Ruf, den der ANHALTER als
Ort des innovativen Reisekomforts vor
seiner Reduzierung auf die Grundmauern erworben hat, sollte erstmals im
Oberflächenlandverkehr (analog zur
Kanalunterfürung ab Mai 1993) folgendes Verfahren "massenhaft" konzipiert werden:
Der ANHALTER in Tieflage bietet in
mehreren Parkgeschossen zwischen -2
und + 1 bei Wiederherstellung der ursprünglichen Nivellierung Platz für
etwa 600 Pkw.
Dies bedeutet zum einen -in Analogie zum Flugverkehr- die Verkettung von privater Pkw-Nutzung im Nahverkehr, soweit ÖPNV-Anbindungen in den Vororten noch ungünstig ausgelegt sind, und der Hochgeschwindigkeits technik im spurgebundenen überregionalen Fernverkehr. - Für den Urlaubsreiseverkehr wird der ANHALTER zum andern so ausgerüstet, daß Pkws für Reisende mit längeren Nachlaufstrecken in den Zielgebieten oder mit umfangreichen Reise-Utensilien der Familien "wie Gepäckstücke" direkt im Bahnhof “aufgegeben" und in neuartigen Waggons nach den Vorstellungen visionsfreudiger Motorsportjournalisten zum Aufpreis einer Gruppenfahrkarte 1. Klasse von den beteiligten Bahnverwaltungen zum Zielbahnhof (und am Urlaubsende wieder zurück-) befördert werden können.
Der Vorteil der oben beschriebenen modernen Konzeption liegt einmal in der Umwandlung vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof. Damit entfallen neben allen ablauftechnischen Nachteilen auch die dafür benötigen Gleisanlagen mit ihrem beargwöhnten Flächenbedarf. Die unterirdische Trassenführung gestattet die Beibehaltung der in den letzten 4 Jahrzehnten entstandenen Oberflächenbiotope. So ließe sich unter Einbindung von Erlebnisräumen, wie dem im Ausbau befindlichen Museum für Verkehr und Technik eine durchgehende innerstädtische Grünfläche vom Tiergarten und Lenne-Dreieck über Potsdamer Begrünung und Mendelssohn-Park bei Einbeziehung des Oberflächengeländes um den ANHALTER herum in Richtung Süden bis zum Schöneberger Kreuz schaffen.
Bahnhof Zoo - quo vadis? bedeutet in keinem Fall Schrumpfun oder Abriß der Stadtbahntrasse - auch wenn ein rigoroser Jungarchitekt in einer Diskussion "weg mit jeder Mauer in Berlin - 2 Mauern sind zuviel für diese Stadt" forderte.
Die Stadtbahn und ihr durchlässiges Mauerwerk bedarf zur Bewältigung ihrer enormen Zukunftsaufgaben bei Durchlässigwerden der Ost-West-Mauer einer mehrjährigen, tiefgreifenden Verstärkung, Verbreiterung und Modernisierung. Der Fachwelt -aber auch den Fachlaien- ist bereits heute klar, daß dies ohne tragfähigedauerhafte Alternative in Trassenführung und Nutzung für Hochgeschwindigkeitszüge und -technik nicht realisierbar ist.
Außer den oben bereits kurz umrissenen Varianten könnte in folgenden Beiträgen die Beschreibung des Layouts des LEHRTER Bahnhofs mit Spreebogenunterquerung und Zugängen zu den geplanten Verwaltungsbauten am Spree-Ufer sowie zum Reichstag selbst dargestellt werden. Dabei ließen sich auch feingraphisch die Möglichkeiten einer Mehrzweckhalle mit idealen Verkehrsanbindungen auf dem ehemaligen Luftverkehrsausstellungsgelände zwischen Alt-Moabit, Invalidenstraße und Friedrich-List-Ufer aufzeichnen und erläutern.
Mindestens zwei Gestaltungsfelder bedürfen aus Sicht des Autors noch der Behandlung: die Versorgung des Kongreßbereiches um das ICC wie des Ausstellungsbereiches von der südlichen Seite Eichkamp mit Fernbahn- und innerstädtischen Schnellbahnanschlüssen.
Nährboden für weitere Ideen sind die Eindrücke, die aus zahlreichen Gesprächen mit allen Einwohnerinnen und Einwohnern dieser Stadt wie auch mit Besuchern, besonders aus der DDR, auf einer 90 Tage währenden Ausstellung des Modells eines künftigen ANHALTERS in 1987 gewonnen werden konnten. Die Wiederherstellung durchgehender Fernbahnverbindungen, welche zwischen der DDR und der Bundesrepublik ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur innerdeutschen Normalisierung bilden, darf an den Grenzen West-Berlins nicht haltmachen. Die von der IGEB vorgeschlagenen direkten paarigen Tagesranddirektverbindungen vom Bahnhof Zoo nach Dresden und Leipzig sind überfällig. Die Direktverbingungen an die Ostseeküste sowie Halte in Magdeburg und später in Stendal müssen folgen, und es ist heute kaum noch nachvollziehbar, daß es dies alles bis ins Jahr 1952 von den Großbahnhöfen ANHALTER und LEHRTER ausgehend gegeben hat, wenn auch mit Unterbrechungen in den 11 Monaten der Berliner Blockade vom Juni 1948 bis Mai 1949.
Weltweit sind 70.000 km Eisenbahn im Bau, die Hochgeschwindigkeitstechnik brachte in Frankreich wie in Japan den Beweis einer überwältigenden Akzeptanz durch alle Generationen und Besuchernationalitäten. - Wie keine anderen Verkehrsteilnehmer könnten erlebnisfreudige und unternehmenslustige Berlinerinnen und Berliner der umweltfreundlichen Eisenbahn im Super- Schaufenster ANHALTER UND LEHRTER das TOR ZUM SÜDEN, zur Erlebniswelt eines neuen Reisezeitalters nach allen Regionen der Windrose Europas aufstoßen helfen.
Literaturverzeichnis
Norbert Krichler
aus SIGNAL 9/1989 (Oktober 1989), Seite 13-20