Fernverkehr

Fahrpläne: Alles neu macht die DR


IGEB

1. Jan 1991

“Berlin im Takt“ hatte die IGEB den zweiten Teil ihres "Konzepts über Maßnahmen zur Verbesserung des Eisenbahn-Reiseverkehrs mit Berlin (West)” überschrieben. Veröffentlicht wurden die IGEB-Vorschläge Ende 1987, realisiert werden sollen sie 1991 - zumindest die wesentlichsten Vorschläge und nun natürlich mit den nach der Vereinigung beider deutscher Staaten gebotenen Korrekturen.

Damals schrieb die IGEB, daß das Angebot sich aus dem bereits seit 1962 geltenden Fahrplan entwickelt habe, eine grundlegende Neuordnung aber nie stattfand, “so daß Bahn nach Berlin heute noch nach den Bedürfnissen der Menschen der frühen sechziger Jahre fährt". Als Reaktion auf diese Kritik gab es in der Folgezeit zumindest einige Verbesserungen. So wurde ein weiterer Zug von Berlin nach Bayern eingeführt, allerdings über eine andere Strecke und zur anderen Zeitlage als in "Berlin im Takt" gefordert. Nach und nach wurden sämtliche Tageszüge mit einer halbwegs akzeptablen Versorgung eingerichtet, auch wenn die DB teilweise nur umgebaute Gesellschaftswagen statt richtiger Speisewagen stellen konnte. 1990 wurde dann erstmals ein angenäherter Taktfahrplan mit InterRegio-Zügen der DB gefahren, allerdings nur auf der von der DB schon immer präfrierten Strecke nach Hannover.

Aber im kommenden Fahrplan, der ab 2. Juni 1991 gelten wird, bleibt fast nichts mehr beim alten. Es wird zahlreiche neue Züge geben, und auch anhand der Zugnummern wird man das neue Angebot kaum noch mit dem bisherigen vergleichen können - alles wird neu geordnet. Flaggschiff des zukünftigen Berlin-Verkehrs werden natürlich die beiden IC-Linien, die jeweils (fast) im Zwei-Stunden-Takt fahren sollen. Aber auch in die anderen Richtungen gibt es zahlreiche Verbesserungen im Zugangebot, teilweise durch Verlängerung ehemaliger DDR-Binnenverkehrszüge in den Bereich der DB. Was im einzelnen geplant ist, das wollen wir Ihnen, den SIGNAL-Lesern, nun nachfolgend schon einmal vorstellen, möchten Sie aber darauf hinweisen, daß der IGEB bisher nur die Entwürfe des neuen Fahrplans bekannt sind und sich durchaus noch Änderungen ergeben können!

Neu ist das Angebot von insgesamt drei Zugpaaren über Schwerin nach Lübeck, von denen zwei sogar bis bzw. ab Kiel fahren. Diese Züge fahren alle ab Berlin-Lichtenberg über den nördlichen Außenring, werden allerdings wegen durchgehender Diesel-Traktion in Nauen nicht mehr umgespannt, wie dies bisher bei den Schweriner Zügen üblich war. Für viele Reisende wird in dem nur bis und ab Lübeck verkehrenden Zugpaar ein “Sitzwagen mit Kioskabteil" neu sein, im Eisenbahnerjargon wegen des (hoffentlich nur bisher) schlechten Angebots auch “Diätabteil" genannt. Die anderen beiden Zugpaare werden zwischen Berlin und Lübeck einen Mitropa-Speisewagen führen.

In der Hamburg-Relelation werden die Karten neu gemischt. Zukünftig wird es nur noch zwei Schnellzugpaare nach Hamburg geben, und zwar um 8.53 und 14.55 Uhr ab Berlin Hbf und um 7.58 und 17.13 Uhr ab Hamburg-Altona, beide mit Kieler Kurswagen und Mitropa-Speißewagen. Sonntags fahren zusätzliche Schnellzüge um 13.32 ab Berlin Hbf und 19.58 Uhr ab Hamburg-Altona. Alle Schnellzüge halten zusätzlich zu den bisherigen Stationen auch in Ludwigslust, Neustadt (Dosse) und Nauen. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit geringfügig. Schneller kommt man mit einem der vier InterCity-Zugpaare voran, die alle von Berlin-Spandau bis Hamburg Hbf nicht halten werden. IC “Emil Nolde“ wird bis nach Westerland (Sylt) weitergeführt, mit Kurswagen nach Dagebüll (Richtung Föhr - Amrum). Dieser IC soll DSG-Halbspeisewagen führen, die übrigen Hamburg-ICs “Max Liebermann", “Karl Friedrich Schinkel" und “Theodor Fontane” Mitropa-Speisewagen. Die ICs fahren um 5.46, 8.08, 12.31 und 8.21 ab Berlin Hbf, zurück geht's ab Hamburg-Altona um 6.08, 1033 (Hbf), 13.41 und 18.58 Uhr.

Neu sind zwei Schnellzugpaare Berlin - Schiphol (bei Amsterdam), die bereits ab Hoofddorp zurückfahren, beide mit Mitropa-Speisewagen. Sie fahren ab Berlin Hbf über die Stadtbahn und halten bis Hannover dann in Berlin-Spandau, Rathenow, Stendal, Gardelegen, Oebisfelde, Wolfsburg und Hannover Hbf. Neu ist auch ein Eilzugpaar in dieser Richtung, das über die Stadtbahn und Potsdam Stadt, Stendal bis Hannover und zurück verkehrt.

Magdeburg wird man (mit schnellfahrenden Zügen nur noch über die Stadtbahn erreichen. Die Schnellzüge werden ab Magedebur weiter nach Halberstadt fahren, die beiden IC-Linien ab Magdeburg nach Braunschweig. Ab Braunschweig wird die eine IC-Linie nach Hildesheim - Kassel - Fulda - Frankfurt - Karlsruhe weitergeführt (Abfahrten in Berlin Hbf um 5.26 , 7.18, 9.18, 11.18 - mit Weiterführung nach Zürich, 15.18 und 17.18 Uhr) und die andere IC-Linie nach Hannover - Köln - Mannheim - Basel (Abfahrten um 5.36 6.41 8.41 10.41 12.41, 14.41 und 16.41 Uhr ab Berlin Hbf, teilweise mit Weiterführung in die Schweiz nach Genf und zurück ab Interlaken). Als Versorgung sind durchweg DSG-Vollspeisewagen geplant, auf der Frankfurt-Karlsruhe-Route sogar der Einsatz des modernen “BordRestaurants”. Die beiden Nachtschnellzüge Ost-West-Expreß und D244/245 bleiben weitgehend unverändert; der Ost-West-Expreß wird aber das ganze Jahr bis Paris fahren, im Sommerabschnitt jedoch zwischen Braunschweig und Hagen nur mit Betriebshalten. Neu eingeführt wird ein weiteres (sommerliches) Schnellzugpaar nach Paris, das gleichzeitig als günstige Tagesrandverbindung abends nach Hannover genutzt werden kann (Berlin Hbf ab 18.54 Hannover Hbf an 23.30 Uhr), leider Jedoch wie gesagt nur im Sommerabschnitt und ohne Versorgung, vom Schlaf und Liegewagenschaffner einmal abgesehen. In der Richtung Hannover - Berlin wird es fruh morgens um 5.36 Uhr ab Hannover einen auch für Geschaftsreisende interessanten IC "Mark Brandenburg" nach Berlin geben (Zoo an 9.39 Uhr Hhf an 10.27 Uhr).

Die IGEB hat in Gesprächen mit Vertretern der Deutschen Reichsbahn ihre Kritik am unzureichenden und im Winter ganz fehlenden Angebot abends zurück nach Hannover geäußert. IGEB und DR sind übereingekommen, im Sommeerabschnitt die Reisenden nach Hannover im Pariser Nachtschnellzug zu zählen und für den Winterabschnitt die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer attraktiven Abendverbindung nach Hannover zu schaffen. Ebenfalls auf Kritik stieß bei der IGEB der für einen Zwei-Stunden-Takt fehlende IC um 13.18 Uhr ab Berlin Hbf über Frankfurt nach Karlsruhe, zumal der Mittags-Schnellzug Berlin - Frankfurt über Erfurt wegfallen wird, wie auch der fehlende Gegenzug. Nach Frankfurt wird man künftig durch Benutzung der DB-Neubaustrecke über Braunschweig - Hildesheim und zwei Stunden schneller sein als über die herkömmliche Strecke über Erfurt. Aus diesem Grund wurde auch schon im IGEB-Konzept “Berlin im Takt" eine Führung der Frankfurter Züge über Braunschweig vorgeschlagen. Der Halt der InterCitys in Berlin-Wannsee, der nach den Plänen der Bahn wegfallen wird, soll nach Meinung der IGEB zumindest bis zur Verlängerung der elektrischen S-Bahn von Wannsee bis Potsdam Stadt bestehen bleiben.

Neu wird auch die tägliche Durchbindung des D655 mit dem D1056 sein, der dann Berlin-Lichtenberg - Halle - Kassel fahren wird, leider ganz ohne Versorgung. Zurück ergibt sich leider nur eine Umsteigeverbindung.

Eingeschränkt wird das Angebot ab Berlin in Richtun Frankfurt über Halle - Erfurt, Der D354/355 fällt weg. Die übrigen drei Zugpaare bleiben bestehen, werden jedoch ab Berlin-Lichtenberg verkehren und auch auf weiteren Bahnhöfen in den Ländern Brandenburgs Sachsen-Anhalt und Thüringen halten. Der D350/351 wird leider statt des bisherigen DSG-"Servicewagens" nur noch oben schon angesprochenes “Diätabteil“ führen, während das Angebot an Schlaf- und Liegewagen ausgeweitet wird. Der DSG-Schlafwagen im D358/359 wird künftig bis und ab Basel statt Frankfurt/M fahren, die Liegewagen in diesem Zug werden von der DSG übernommen. Im neuen D354/355, dem bisherigen Nachtschnellzug Berlin-Schöneweide - Frankfurt/M und zurück bleibt alles beim alten, lediglich die Abfahrt soll evtl, nach Lichtenberg verlegt werden.

Auch über Halle und Nürnberg nach München wird das Angebot neu geordnet. Künftig werden sämtliche Züge ab Berlin Hbf über die Stadtbahn fahren. Da die DR-Binnenverkehrszüge Berlin - Saalfeld und zurück durch Nürnberger Züge ersetzt werden, kommen dementsprechende Halte bei diesen Zügen dazu. Die Fahrzeit bleibt dennoch in etwa gleich. Südlich von Nürnberg werden die Züge in verschiedene Richtungen geschickt. Der Zug 5.12 Uhr ab Berlin Hbf wird über Augsburg - München mit Mitropa-Speisewagen nach Garmisch-Partenkirchen fahren, Auch vor drei Jahren hatte die IGEB bereits einen Schnellzug Berlin - Garmisch-Partenkirchen vorgeschlagen, allerdings nachts. Der Zug 9.03 Uhr ab Berlin Hbf wird über Ingolstadt nach München fahren, aber nur eine Minibar führen, falls der IGEB-"Protest" bei der DR nicht noch Erfolg haben sollte. Um 13.42 Uhr geht's über Augsburg nach München (mit Mitropa-Speisewagen) und um 20.50 Uhr ab Berlin Hbf fährt der Münchener Nachtzug ab, in dem nun auch der Liegewagen von der Mitropa übernommen wird. Diese Züge führen keine Kurswagen mehr, Neu ist ein eigener Nacht-Schnellzug Berlin - Stuttgart, der Berlin Hbf um 19.14 verläßt und dessen Schlafwagen von der Mitropa und Liegewagen von der DSG bewirtschaftet werden, dieser Zug wird an Sommer-Wochenenden bis nach Konstanz verlängert und erhält damit Kurswagen ab Radolfzell nach Lindau (Bodensee).

Neu geordnet und erweitert wird auch das Zugangebot über die ostbayerische Strecke über Hof - Regensburg. Die Züge fahren künftig ab Berlin-Lichtenberg über Leipzig Hbf. Der mit Mitropa-Speisewagen ausgerüstete D2003/2002 wird ab Lichtenberg um 6.00 Uhr über München nach Oberstdorf fahren, der Gegenzug um 22.01 in Lichtenberg eintreffen. Der mit Mitropa-Minibar ausgestattete D2007/2006 verläßt den Bahnhof Lichtenberg um 11.47 Uhr und erreicht München um 21.22 Uhr (Gegenrichtung: München 8.37 Uhr, Berlin-Lichtenberg 17.50), Auch für diesen Zug hat sich die IGEB bei der DR um den Einsatz einer angemessenen Versorgung bemüht, das Ergebnis steht aber noch nicht fest. Von der IGEB vor drei Jahren bereits vorgeschlagen wurde ein Nachtschnellzug über Regensburg nach München mit Kurswagen nach Österreich über Passau. Dieser Zug wird vom kommenden Jahr an Wirklichkeit, und zwar um 19.47 Uhr ab Berlin-Lichtenberg, 6.00 Uhr München an bzw. 8.30 Uhr Wien West (Rückfahrt um 20.00 Uhr ab Wien, 23.08 Uhr ab München, 8.44 Uhr Berlin-Lichtenberg an). Schlaf- und Liegewagen nach München und Wien werden von der Mitropa bewirtschaftet. Die Kurswagen in den Bayerischen Wald entfallen leider mit dem kommenden Fahrplanwechsel. Mit diesen Kurswagen wird neben dem schon last traditionellen “Vindobona" als Tagewerbindung und dem neuen Nacht-"Sanssouci" Berlin - Prag - Wien eine dritte Verbindung Berlin - Wien entstehen.

Auch wenn noch Änderungen dieses Fahrplans während der weiteren Bearbeitung durch DR und DB möglich sind, auch wenn noch der eine oder andere Kritikpunkt ausgeräumt werden muß, so kann doch eine insgesamt positive Bilanz zum kommenden Fahrplan gezogen werden. In zahlreichen Relationen wird das Zugangebot erweitert und neu geordnet und dadurch für die Reisenden übersichtlicher. Nicht zuletzt ist das dem eingangs erwähnten IGEB-Konzept “Berlin im Takt" zu verdanken, das im Juni 1991 in seinen wesentlichsten Punkten Wirklichkeit wird.

Aber nicht nur beim Verkehr in die zehn alten Bundesländer wird es Verbesserungen geben. Auch beim Verkehr z.B. nach Dresden oder Chemnitz gibt es erste Entwürfe für Taktfahrpläne. Mehr darüber in einer der nächsten SIGNAL-Ausgaben, weil diese Fahrpläne noch in Bearbeitung sind.

IGEB

aus SIGNAL 10/1990 (Dezember 1990/Januar 1991), Seite 15-16