Aktuell
1. Apr 1991
Der Startschuß für den Bau der Schnellbahnverbindung Hannover - Berlin ist längst gefallen. Die Vorbereitungen für das Planfeststellungsverfahren einer Hochgeschwindigkeitsstrecke für den Streckenabschnitt im Land Berlin sind in vollem Gange. Doch noch immer ist die Entscheidung über den Neubau eines Fernbahnhofes in Spandau - dem westlichen Außenbezirk Berlins - offen. Die Argumente des Bezirks und der zuständigen Senatsverwaltungen, die vor allem auch die Bedeutung des neuen Bahnhofs für das westliche Umland Spandaus im Land Brandenburg unterstreichen, stoßen im Bundesverkehrsministerium in Bonn offenbar auf taube Ohren.
Der von Berlin geforderte Fernbahnhof könnte Drehscheibe des Bahnverkehr: für ca. 450.000 bis 500.000 Menschen sein. Sein Einzugsbereich würde über den Bezirk Spandau mit seinen über 200.000 Einwohnern hinaus den westlichen Teil des Bezirkes Charlottenburg sowie die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam und eine große Zahl kleiner Städte und Gemeinden im Land Brandenburg umfassen.
Aber auch die unmittelbare Anbindung des neuen Bahnhofs an ein weitverzweigtes Netz öffentlicher Verkehrsmittel sowie die zentrale Lage unmittelbar an der Altstadt Spandau sprechen für diesen Standort. An diesem Punkt ist die Anbindung an die S-Bahn und den regionalen Bahnverkehr, an die U-Bahn sowie an das dort zentral zusammenlaufende Busnetz gegeben.
Dies alles beeindruckt die Bonner Ministerialverwaltung aber anscheinend nicht, obwohl diese Entscheidung z.B. etwa die dreifache Zahl der Einwohner der Stadt Hannover betrifft. Auch wenn im Jahr 2000 die Olympischen Spiele in Berlin stattfinden sollten, wurde der Fernbahnhof Spandau eine hervorragende Anbindung für das Olympische Dorf und die Besucher darstellen, die von Spandau mit der S-Bahn direkten Anschluß an das Olympiastadion hätten.
Wegen dieser ausgezeichneten Standortbedingungen ist man sowohl im Bezirk als auch im Hause der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz optimistisch, daß doch noch eine Entscheidung für den Fernbahnhof fällt.
Um aber in der Öffentlichkeit und in der Fachwelt die erforderliche Aufmerksamkeit und Unterstützung erreichen, hat der Bezirk Spandau darauf gedrängt, daß ein städtebaulicher Wettbewerb für das Bahnhofsgelände durchgeführt wird. An der bisher eher öden Nahtstelle zwischen der Altstadt Spandau und dem Ortsteil Wilhelmstadt könnte dann auf dem jetzigen Gelände des Güterbahnhofes nach den Vorstellungen des Bezirks in mehreren Bauabschnitten ein lebendiges Zentrum mit Fern- und Regionalbahnhof, Geschäften und Restaurants, Hotel und Appartements, Büros und Dienstleistungsbetrieben entstehen.
Klaus Jungclaus Berlin-Spandau, Stadtrat für Bau- und Wohnungswesen
aus SIGNAL 3/1991 (April 1991), Seite 5-6