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Ein Computer-Mangel und die Folgen


IGEB

1. Apr 1991

Ein Berliner Steuerberater möchte mit einem Geschäftspartner zur Büro- und Technikmesse CeBIZ nach Hannover. Obwohl passionierter Autofahrer, hat er keinerlei Verlangen nach dem “Superstau". Da ist guter Rat gar nicht so teuer. Schließlich haben DR und DB mit Zeitungsanzeigen und Plakaten mehrfach dafür geworben, daß vom 13. bis 20. März und nochmals - zur Industriemesse - vom 10. bis 17. April 1991 ein direktes Zugpaar (D 1348/1349) zwischen Berlin Stadtbahn und Hannover Messebahnhof fährt. Benutzbar ist der Zug mit den üblichen Tickets, Platzreservierung ist möglich, aber nicht vorgeschrieben.

In freudiger Erwartung auf die Highlights des Schaufensters der Elektronik-Welt rollen zwei gutgelaunte Herren am Morgen des 14. März streßfrei der Messestadt entgegen. Die MITROPA bietet Gastlichkeit auf Rädern: Das Frühstück ist opulent, Fünf-Minuten-Ei und frische Brötchen, Schinken, Käse, ordentlicher Kaffee. Da irritiert nur kurz der Hinweis des Reichsbahnschafferns, daß die Bundesbahn später eventuell noch einen Nachschlag verlangen würde - “wie letztes Jahr schon".

Zwar nicht allzu rasch, doch angenehmst ist inzwischen Braunschweig erreicht. Ab hier nochmals Billet-Kontrolle. Na gut, verständlich, denn noch gibt es ja zwei deutsche Bahnen, und auch die DB soll schließlich prüfen dürfen, ob dem DR-Schaffner nicht vielleicht ein Schwarzfahrer entgangen ist. Außerdem: Könnte nicht auch ein Fahrgast sich im Zug geirrt haben? Möglicherweise jemand, der zum Hauptbahnhof möchte und ausgerechnet den Messzug erwischt hat, der eben dort nicht hält...

"Die Fahrkarten bitte." - “Aber gern", zumal die Zugschaffnerin wirklich charmant ist. “Sie möchten zum Messebahnhof” - "Ja sicher, dahin fährt dieser Zug doch?" Da wird die Dame von der Bundesbahn bestimmt: “Ihr Fahrschein ist nur bis Hannover Hbf gültig. Zum Messegelände haben Sie nachzulösen, 2 Mark 80 bitteschön". Im Abteil kommt Unruhe auf. Alle sind doch im Besitz einer gültigen Karte, wofür dann noch der Aufschlag? - Dazu die Erklärung amtlicherseits: “Zum Messebahnhof besteht eine Tarifentfernungsdifferenz von acht Kilometern. Die sind abrechnungstechnisch im Reichsbahn-Computer nicht erfaßt."

Nun denn, immerhin geht's zur CeBIT, vielleicht sollten DB und DR auch eine Delegation entsenden, um sich über die Möglichkeiten heutiger Computertechnik zu informieren. Aber Argumente vermögen nicht zu überzeugen, die Tarifbestimmungen sind unerbittlich, die Zugbegleiterinnen - im Waggon mittlerweile deren drei - sind's auch. Da zückt jemand unverhofft seine Platzkarte - und siehe da, diese ist nach Hannover Messebahnhof ausgestellt. “Ja wenn Sie die haben!", da wird die inzwischen höchstselbst herbeigeeilte Zugführerin kulant, “damit geht das in Ordnung. - Sie ohne Platzkartef' Dann 2 Mark 80 bitte."

Wo`s denn wohl diese Platzkarte gegeben hat? Fragen über Fragen, doch schon kreischen die Bremsen, das Messegelände ist erreicht. Auch einige andere Reisende sind heute um den Zusatz-Obulus herumgekommen, einfach, weil für weitere Kontrollen keine Zeit mehr geblieben war. Dem Berliner Steuerberater fällt plötzlich wieder ein, daß ja schon der Reichsbahn-Schaffner vorgewarnt hatte, es könne sein, daß die DB ... Ein Schweizer. ob der unerwarteten Aufregung noch geröteten Hauptes, kommentiert: "Ja, schauen Sie. Da haben Sie ja einen taktischen Vorteil gehabt. Sie konnten sich auf die Verhandlungen schon vorbereiten!"

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Wann endlich wird auf derlei Mätzchen verzichtet. Die Höhe der amtlich festgestellten Tarifdifferenz steht in keinem erhältnis zum Ärger, der vielen Messebesuchern bereitet wird. Gerade unter ihnen wollen DR und DB neue Bahnkunden werben, doch Spezialitäten der geschilderten Art bewirken gewiß das Gegenteil.

IGEB

aus SIGNAL 3/1991 (April 1991), Seite 6