Berlin
Automaten in den BVG-Straßenbahnen mangelhaft
20. Dez 2012
Sie wollen oder müssen in Berlin mit einer Straßenbahn fahren? Sie brauchen einen Fahrschein und haben kein Kleingeld? Dann gehören Sie zu den Fahrgästen, welche von den regelmäßigen Nutzern der Straßenbahn sofort als Gelegenheitsfahrgast oder als Tourist erkannt werden.
Der Fahrschein Berlin AB kostet derzeit 2,40 Euro. Geldscheine können die Automaten nicht annehmen, und an eine Zahlung mit der Geld- oder EC-Karte brauchen Sie gar nicht erst zu denken. Ohne Münzen geht also nichts.
Schon dieser Zustand ist untragbar, doch obendrein tritt häufig das Problem auf, dass die Automaten sich weigern, 2-Euro- Münzen anzunehmen. Oft genug kann man beobachten, wie Fahrgäste entnervt ihr Portmonee durchwühlen und nach ausreichend Kleingeld suchen. Der Höhepunkt sind
dann Fahrkartenkontrolleure, die einem erklären, man müsse aussteigen und den nächsten Zug nehmen oder die einen gar als Schwarzfahrer einstufen und 40 Euro wegen Fahrens ohne gültigen Fahrschein verlangen.
Am 20. September 2008 hatte die BVG Berlins neueste Straßenbahn, die Flexity Berlin, der Öffentlichkeit vorgestellt. Angepriesen als hochmodernes Fahrzeug gab es folglich auch einen neuen Fahrkartenautomaten der Firma ACS Solutions Schweiz AG. Auch die drei später gelieferten Prototypen erhielten diese Automaten. Doch schnell machten sich Probleme bemerkbar. Häufig wurde an den Geräten nur noch “Außer Betrieb” angezeigt. Man arbeite an der Problemlösung, hieß es seitens der BVG.
Wenn diese Automaten in Betrieb sind, was selten genug ist, dann haben sie durchaus ihre Vorteile. Sie verfügen über alle angebotenen Fahrausweise, wie es vom VBB gefordert wird. Dass man sein Handy aufladen kann, ist eigentlich nebensächlich und hält den Betrieb unnötig auf. Auch die Bezahlung ist bei diesen Automaten leichter, nimmt er doch Geldscheine an und akzeptiert auch Geld- sowie EC-Karten.
Drei Jahre später, am 10. September 2011, wurde der erste Serienwagen der Flexity Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Neben einigen Anpassungen im Fahrgastraum wurden nun in den langen Bahnen zwei Automaten eingebaut, jedoch überraschenderweise wieder die alten Modelle, die ausschließlich Münzen als Zahlungsmittel akzeptieren. Auf dem IGEB-Fahrgastsprechtag Straßenbahn 2011 begründete der BVG-Bereichsleiter Straßenbahn, Klaus- Dietrich Matschke, den Einbau damit, dass die Herstellerfirma der neuen Automaten noch immer an der Problemlösung arbeite, vorher würden die neuen Automaten nicht eingebaut.
Inzwischen geht 2012 zu Ende, aber auch vier Jahre nach Inbetriebnahme des Flexity- Prototyps hat sich noch nichts geändert. In den langen Flexity-Zügen befinden sich nach wie vor zwei alte Geräte mit den gleichen Unzulänglichkeiten wie bisher. Seit Ende Oktober 2012 werden die neu gelieferten kleinen Zweirichtungszüge in Betrieb genommen, welche ebenfalls mit alten Automaten ausgestattet wurden und davon sogar nur noch einen je Zug erhielten. Leider wird dieser auch noch – wie beim GT6Z – in den A-Teil des Zuges eingebaut. Somit muss der Fahrgast den Automaten suchen oder die Stellung des Zuges erkennen. Letzteres dürften aber die wenigsten Fahrgäste können. Fährt ein Zweirichtungszug mit seinem B-Teil voraus, ist der Automat nicht mehr vorne sondern hinten. Der Fahrgast muss sich dann gegebenenfalls durch den vollen Zug drängeln.
Im benachbarten Potsdam wurden mittlerweile alle alten Automaten gegen neue ausgetauscht, und diese funktionieren ohne nennenswerte Probleme. Dort kann in der Straßenbahn, welche ungefähr so lang ist wie die bisherigen Niederflurzüge der BVG vom Typ GT6, an zwei (!) Fahrkartenautomaten mit Geldscheinen und ab einem bestimmten Betrag mit EC-Karte bezahlt werden. Die Geldkartenfunktion ist immer verfügbar.
Der Zustand in Berlin ist unhaltbar. War es bei Einführung dieser Automatengeneration vor inzwischen 20 Jahren noch zumutbar, seine Fahrkarte allein mit Münzen zu bezahlen, so kann man heute davon ausgehen, dass viele nicht ausreichend Münzen dabei haben, um sich beispielsweise eine Tageskarte Berlin AB für 6,50 Euro zu kaufen. Es ist auch davon auszugehen, dass durch diesen Umstand der BVG durchaus Fahrgeldeinnahmen entgehen. Es besteht also dringender Handlungsbedarf – im Interesse der Fahrgäste wie auch der BVG. (md)
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 6/2012 (Dezember 2012), Seite 15