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Auch im neuen Jahr überfüllte Stadtbahn-Züge


IGEB

1. Jan 1992

Die Fahrgastbeschwerden wegen unerträglich voller S-Bahn-Züge auf der Berliner Stadtbahn, insbesondere zwischen Zoo und Alexanderplatz, sind kaum noch zu zählen. Bei den 8. Berliner Schienenverkehrs-Wochen im September versprachen Reichsbahn und BVG Abhilfe. Noch im Dezember werde eine 5. Zuggruppe von Alexanderplatzt nach Westen bis Bf. Charlottenburg verlängert, ab Juni komme eine 6. hinzu. Das bedeutet: innerhalb von 20 Minuten verkehren auf der Stadtbahn zunächst 5 (später 6) statt bisher 4 Züge. Außerdem könne durch die Verlagerung des Kehren; der Züge nach Charlottenburg die Pünktlichkeit auf der Stadtbahn verbessert werden.

Gesagt, getan! Die BVG baute für mehrere 100.000 DM die Kehranlage in Charlottenburg für zusätzliche Züge aus. Mitte Dezember konnten die Arbeiten abgeschlossen werden. Doch dann kam das Stop-Signal aus dem Senat: Die BVG erhält keine Gelder für die zusätzlichen S-Bahn-Fahrten!

Unerträglich voll sind viele Züge auf der Stadtbahn, vor allem die der S5. Pläne von BVG und DR, ab Mitte Dezember zur Entlastung eine 5. Zuggruppe von Alexanderplatz nach Charlottenburg zu verlängern scheiterten am Berliner Senatz. Foto: Ch. Tschepe

"Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs soll bei der Bewältigung der Verkehrsprobleme in Berlin Vorrang haben. `Ein weiteres Wachstum des privaten Kraftfahrzeugverkehrs in der Stadt ist nur noch begrenzt müglich', sagte Verkehrssenator Herwig Haase ... Ein 'optimales Netz' von öffentlichen Verkehrsmitteln solle künftig dazu beitragen, daß immer mehr Berliner den Privatwagen stehenlassen." (Berliner Morgenpost, 13.12.1991)

Aber genau zum selben Zeitpunkt wird eine drigend erforderliche, seit längerem vorbereitete und allseits abgestimmte Angebots verbesserung gestrichen. Der Glaubwürdigkeitsverlust des Senates insgesamt und von Verkehrssenator Haase im besonderen ist immens, nicht nur bei den Fahrgästen, sondern z.B. auch bei der überraschten Reichsbahn.

Solange Senator Haase nicht bereit ist, den eigenen Worten auch entsprechende Taten folgen zu lassen, solange sollte er sich alle Bekundungen wie die o.g. sparen. Denn diese zeigen nur immer deutlicher, wie widersprüchlich, unglaubwürdig und fahrgastfeindlich die Verkehrspolitik dieses Berliner Senates ist.

IGEB

aus SIGNAL 10/1991 (Januar 1992), Seite 4-5