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Pfifferling oder Fliegenpilz?

Berlins Eisenbahnplaner erarbeiteten ein Pilzkonzept


IGEB

1. Aug 1992

Fast 3 Jahre nach der Maueröffnung befindet sich Berlin noch immer im Ausnahmezustand. Aber jetzt werden die Weichen für die zukünftige Stadtentwicklung gestellt. Fast jede Planung ist eine Jahrhundertplanung, weil sie Auswirkungen bis weit in das nächste Jahrhundert hat. Dies gilt auch und gerade für die Eisenbahnkonzeption. Deshalb haben wir im SIGNAL seit Anfang 1990 die meisten der so zahlreichen Bahnkonzepte dokumentiert. Und deshalb wollen wir Ihnen auch die neueste Planung vorstellen: das politisch beschlossene "Pilzkonzept". Hinter diesem Namen verbirgt sich nach eigenem Bekunden der Autoren nichts anderes als die erste Ausbaustufe des "Achsenkreuzmodells". Weil die Bundesregierung nicht bereit ist, für das Projekt "Eisenbahnknoten Berlin" mehr als 10,0 Mrd. DM bereitzustellen, wurde das Nord-Süd-Tunnel-Projekt in die erste Ausbaustufe vorgezogen und so lange um Begleitmaßnahmen ergänzt, bis ein Beitrag von 9,9 Mrd. DM herauskam. Auf der Strecke geblieben ist dabei u.a. der Südring. Das, was für die erste Ausbaustufe übrig blieb, wurde wegen seiner Gestalt Pilzkonzept genannt. Daß dieses "abgespeckte" Achsenkreuz am Ende doch viel mehr als 10 Mrd. DM kosten wird und im Jahr 2000 noch nicht in Betrieb genommen werden kann, das wissen natürlich alle: Die DE-Consult, die das Konzept ausgearbeitet hat, der Berliner Senat und die DR, die es in Bonn eingereicht haben, und die Bundesregierung, die Mitte Juli zugestimmt hat. Wegen des Umfanges mußten wir die Dokumentation auf dieses und das nächste SIGNAL aufteilen. Danach folgen Kommentare und Bewertungen: Ist das Pilzkonzept genießbar, gar wohlschmeckend, oder wird Berlin, werden die Fahrgäste damit vergiftet?

IGEB

aus SIGNAL 6/1992 (August 1992), Seite 4