Planung
1. Jul 1993
"Die Vorentwurfsplanung für die Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich zwischen dem Spreebogen am Reichstag und dem Gleisdreieck ist abgeschlossen. Damit sind in Rekordzeit die Voraussetzungen für das im Spätsommer dieses Jahres beginnende Planfeststellungsverfahren geschaffen worden." Dies erklärte Bausenator Wolfgang Nagel zur Eröffnung einer Ausstellung über die jetzt vorliegenden konkreten Pläne. Der Bausenator betonte, daß mit dem Beschluß der Bundesregierung zum Bundesverkehrswegeplan vom Juli 1992 die Grundlage für eine neue Nord-Süd-Durchquerung Berlins durch die Eisenbahn geschaffen wurde, die nun nicht mehr in Frage gestellt wird. Das Vorhaben soll durch den Bau einer neuen S- und U-Bahn-Linie sowie eines Straßentunnels ergänzt werden. Diese vier Verkehrswege stellen insgesamt die Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich Berlins dar.
Die Vorentwurfsplanung bezieht sich konkret auf
Weiter führte der Bausenator aus: "Wir haben den ersten wichtigen Schritt hinter uns. der mit der Bestätigung der Vorentwurfsplanung endet. Nun ist es Aufgabe der beiden Bauherren. Deutsche Reichsbahn und Senat, genau festzulegen, was der Entwurfsplanung zugrundezulegen ist. Wir wollen im Frühjahr 1995 mit ersten Bauarbeiten beginnen. Diese Terminkette stellt unter anderem die Fertigstellung der Tunnelanlagen im Spreebogenbereich bis Ende 1997 sicher."
Als "Wermutstropfen" in diesem Zusammenhang
bezeichnete Senator Nagel die Notwendigkeit des
Abrisses des alten Lehrter Stadtbahnhofes. Dieser
Entscheidung vorangegangen waren intensive
Untersuchungen der Senatsverwaltung für
Bau- und Wohnungswesen unter Beteiligung auch
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umweltschutz. Diese Untersuchungen haben ergeben,
daß der S-Bahnhof selbst bei einer Verschiebung
des neuen Lehrter Bahnhofs zu 60%
abgerissen werden müßte. Darüber hinaus wären
bei einer Verschiebung nach Westen die unter
Denkmalschutz stehenden Reste des Zellengefängnisses,
die Moltkebrücke. die Schweizer
Botschaft, der Reichstag und die Bebauung der
Lehrter Straße betroffen. Außerdem würde sich,
auch zur Vermeidung sehr ungünstiger Betriebsbedingungen
für die Bahn, eine weitreichende
Umplanung für den Lehrter Bahnhof mit einer
Terminverschiebung von mindestens einem halben
Jahr ergeben. Sie würde sich zwangsläufig auf
den Baubeginn für die Regierungsbauten im
Spreebogen sowie die Privatinvestitionen am
Potsdamer Platz auswirken.
Landespressedienst, 12. Mai 1993
Am gravierendsten ist der Wegfall von Fernbahnhöfen. Selbst leidenschaftliche Anhänger des Pilzkonzeptes werden zugeben müssen, daß damit die Fundamente der auf Dezentralität ausgerichteten Berliner Stadt- und Verkehrsplanung zerstört werden. Diese Dezentralität ist allerdings zwingend, denn der Lehrter Bahnhof wird sonst doch zum Zentralbahnhof gemacht, ohne aber aufgrund seiner Größe und Lage diese Rolle übernehmen zu können. "Pfifferling oder Fliegenpilz? " dürfte damit selbst für die Befürworter des Pilzkonzeptes keine Frage mehr sein. Von Anfang an war das Pilzkonzept der Eisenhahn durch einen an die Bahnplanung angehängten Straßentunnel belastet, dessen Realisierung im Großen Tiergarten ohne den Bahntunnel niemals durchsetzbar wäre und dessen Finanzierung bis heute ungeklärt ist. Mit dem Streichen von Fernbahnhöfen ist das Pilzkonzept nun endgültig ungenießbar geworden.
Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen
aus SIGNAL 5/1993 (Juli 1993), Seite 8