Planung
1. Mai 1993
Die Noch-Kreisstadt Strausberg ist einer jener Orte in der Berliner Umgebung, die ihre Beschäftigungs- und Siedlungsstruktur völlig veränderten Gegebenheiten anpassen müssen. Früher vorrangig durch das DDR-Verteidigungsministerium und die NVA geprägt, liegen die Perspektiven der Stadt heute vor allem in der Neuansiedlung von Gewerbe, in der Entwicklung als Siedlungsraum für die nahe Hauptstadt. aber auch in der Wiederbelebung der traditionellen Funktion als Berliner Naherholungsgebiet. Die verkehrliche Infrastruktur bietet gute Voraussetzungen, muß aber unbedingt weiterentwickelt werden. Das Dresdener Planungsbüro Dr. Hunger hat im Auftrag der Stadt Strausberg hierzu in enger Zusammenarbeit mit allen Interessierten eine Verkehrskonzeption entwickelt. die als Richtschnur für die künftige Gestaltung des Strausberger Verkehrs dienen soll. Die überarbeitete Konzeption wurde den Stadtverordneten am 3. Juni 1993 auf einer Sondersitzung vorgestellt und mehrheitlich befürwortet. Bemerkenswert ist der breite Konsens, ein Ergebnis der guten Vorarbeit aller Beteiligten - (nicht nur) hierin unterscheidet sich die Arbeit wesentlich von der Berliner Verkehrsplanung.
Oberster Grundsatz der künftigen Verkehrsplanung in Strausberg ist eine ökologisch orientierte Gestaltung des Verkehrs. Großen Stellenwert haben deshalb der Ausbau und perspektivisch die Erweiterung der Strausberger Eisenbahn, die bereits heute die Hauptlast des innerstädtischen Verkehrs trägt, die aber dringend verbessert werden muß. Neben zeitgemäßeren Straßenbahn fahrzeugen gehören dazu auch Streckenerweiterungen nach Strausberg Nord und nach Eggersdorf, wobei abzuwarten bleibt, wann die Finanzlage der Stadt dies zuläßt. Herr Hiller von PRO BAHN Märkisch-Oderland stellte während der Sitzung anhand von Lichtbildern verschiedene Beispiele moderner Straßenbahnen vor. um auf Entwicklungsperspektiven des Strausberger Betriebes aufmerksam zu machen. So könnte durch Einsatz von Mehrsystem- oder Hybridfahrzeugen ein systemüberschreitender und damit umsteigefreier Betrieb von Strausberg in die Region eingerichtet werden.
Zu wenig Beachtung in der beschlossenen Konzeption findet die S-Bahn nach Strausberg Nord. die für den Verkehr nach Berlin eine wesentliche Rolle spielt. Dem Abschnitt zwischen Vorstadt und Nord werden seitens der Reichsbahn kaum Zukunftschancen eingeräumt, da bei der Stromversorgung und den Bahnhofsanlagen Investitionen anstehen, die in keinem Verhältnis zu dem gegenwärtigen 40-Minuten-Verkehr stehen. Deshalb ist zu überlegen, ob ein Teil der Aufgaben der S-Bahn von der (in ihrer Attraktivität gesteigerten) Strausberger Eisenbahn übernommen werden kann. Außerdem gibt es für die Direktverbindung nach Strausberg Nord (künftiger Regionalflugplatz) Überlegungen privater Investoren, auf dieser Strecke einen dieselbetriebenen Schnellverkehr nach Berlin einzurichten.
Dringend empfohlen wird von den Dresdener Verkehrsplanern die Neuordnung des derzeit sehr unübersichtlichen Stadtbusnetzes. Das vorhandene Straßennetz wird in seiner Struktur als ausreichend eingeschätzt. Interessant ist die Empfehlung von Kreisverkehren an mehreren Knotenpunkten - als preiswerte und sichere Alternative zu teuren und unfallträchtigen Ampelknoten.
PRO BAHN
Regionalverband Märkisch-Oderland
aus SIGNAL 5/1993 (Juli 1993), Seite 9