Barrierefreiheit
25. Feb 2013
Während andere sinnvolle Funktionen aus überzogenem Sparwahn deaktiviert werden, lässt es sich die BVG nicht nehmen, von Zeit zu Zeit das eingesparte Geld in die Hand zu nehmen und damit etwas herumzuexperimentieren. Jetzt soll den Haltestellen das Sprechen beigebracht werden.
Dazu wurden sechs Haltestellensäulen im Berliner Stadtgebiet mit unterschiedlicher Technik ausgerüstet. Drei Varianten sind dabei zum Einsatz gekommen:
Vorgelesen wird jeweils die DAISY-Anzeige, Zeile für Zeile, also Linie, Fahrtziel und Abfahrt in Minuten. Dabei kommt erneut das bereits bei
Baustellendurchsagen auf U-Bahnhöfen bemängelte Sprachmodul zum Einsatz, was ohne Betonung, Punkt und Komma die dargestellten Buchstaben zu Wortimitationen zusammensetzt. Das klingt nicht nur seltsam, sondern ist auch noch kaum zu verstehen. Besonders die Haltestellenziele, die meist aus Eigennamen bestehen, sind nicht wiederzuerkennen.
Die Lautstärke hingegen ist angemessen. Steht man direkt davor, kann man selbst bei Straßenlärm alles sehr deutlich hören. Zwei, drei Meter weiter ist die Ansage dann nicht mehr zu hören. Die befürchtete Lärmverschmutzung ist also nicht eingetreten, und Anwohner können nachts ungehindert weiterschlafen.
Fahrgäste, die die Vorlesefunktion
bereits
getestet haben, können
ihre Testergebnisse
noch bis zum 28. Februar
2013 der BVG mitteilen.
Alle Informationen
zum Test und den Link
zur Befragung gibt es
auf der Internetseite der
Berliner Verkehrsbetriebe:
bvg.de/haltestelle
Abschließend betrachtet wirkt der Test wieder ein wenig wie „mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Mit dieser Technik wird man nie jede der tausenden Berliner Haltestellen ausrüsten können.
Stattdessen wäre es sinnvoller, das zu nutzen, was bereits da ist. Für jede Bus- und Straßenbahnhaltestelle der BVG stehen die Echtzeitinformationen von den DAISY-Anzeigern im Internet zur Verfügung. Handysoftware für Gehörgeschädigte kann diese Informationen aus dem Internet abrufen und vorlesen.
Will man seitens der BVG jetzt einen besonderen Service anbieten, so kann man kostengünstige passive RFID-Chips (wie sie auch die Deutsche Bahn für ihr Touch&Travel- System verwendet) in die Haltestellen oder sogar in die Fahrpläne einlassen, die die passende Haltestellennummer bei Nähe an ein betreffendes Handy übertragen. Das ist sogar für Nicht-Hörgeschädigte interessant. Wenn die BVG dann noch endlich auch die Echtzeitdaten für die U-Bahn im Internet veröffentlichen würde, wäre der Service flächendeckend nutzbar. (hm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 1/2013 (März 2013), Seite 7