Chat-Stop

Die vernetzte Bushaltestelle als Sicherheits- und Kommunikationskonzept Chat-Stop ist eine Bushaltestelle, die durch den Einsatz von Videotechnik die Kommunikation der Benutzer verschiedener Bushaltestellen untereinander ermöglicht, um das individuelle Sicherheitsempfinden zu steigern.


Deutscher Studienpreis - Forschungswettbewerb der Körber-Stiftung

1. Apr 2000

Chat-Stop entstand in der Auseinandersetzung um „Sicherheit" in der Stadt und gewann beim Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung einen 2. Preis.

„Sicherheit" ist in der gegenwärtigen Diskussion um die Stadt ein wichtiges Schlagwort geworden. Wie sicher ist die Stadt? Wie sichert man Plätze, Unterführungen, Parkhäuser, U-Bahnen? Englischen Vorbildern folgend werden in Deutschland mehr und mehr Videokameras zur Überwachung solcher Orte eingesetzt, um so mehr Sicherheit zu gewährleisten. Dabei findet die Kontrolle durch eine anonyme, unsichtbare Instanz statt, was bei vielen Bürgern die Angst vor umfassender Kontrolle und Überwachung weckt - das Bild vom „gläsernen Mensch" entsteht.

Foto: Preisträger

Von diesem Konzept des anonymen, zentralisierten, polizeistaarlichem Überwachungssystems distanziert sich das Projekt Chat-Stop. Chat-Stop setzt Videotechnik nicht zur zentralen Überwachung, sondern zur vernetzten Kommunikation ein. So entsteht ein Kommunikationsnetz, das eine Art „Selbstüberwachung" ausübt und gleichzeitig durch die Kommunikation mit anderen das subjektive Sicherheitsempfinden erhöht, die Langeweile beim Warten auf den Bus vertreibt und auch Spaß macht. Während bei herkömmlicher Videoüberwachung dem Gefilmten das eigene Bild nicht zugänglich ist, wird bei dem Konzept der Videokommunikation die Technik transparent: das Bild ist jedem zugänglich und wird für die Kommunikation untereinander genutzt.

Die Bushaltestelle besteht aus drei Elementen: einer Kamera, einem Screen und einem blau leuchtenden Feld. Über den Bildschirm fließen Bilder aller vernetzten Bushaltestellen, der Wartende bekommt einen Überblick, was wo passiert. Per Trackball oder Touchscreen kann er anderen Wartenden seine Kommunikationsbereitschaft signalisieren - tritt der andere Wartende an den Bildschirm heran wird - in Großformat - eine direkte Bild/Ton-Verbindung hergestellt und der Chat kann beginnen. Gleichzeitig wird das großformatige Bild von kleinen Bildern der anderen Bushaltestellen umflossen, so daß die Gesprächspartner die Funktion als Beobachter ausüben können.

In der Bushaltestelle befindet sich auch ein Notknopf, der direkt mit der Polizei verbunden ist. Da er im Blickfeld der Kamera liegt, ist er vor Mißbrauch geschützt. Das blaue Leuchten der Bushaltestelle signalisiert zweierlei: zum einen strahlt das blau auf farbpsychologischer Ebene Ruhe aus und zeigt von weitem, daß hier ein „sicherer" Ort ist. Zum anderen macht es dem Wartenden deutlich, daß er in einer Videohaltestelle ist (Blue-Screen) und macht so die Teilnahme am Videokommunikationsnetz zu einem freiwilligen, bewußten Akt. Darüber hinaus kann der Screen in der Bushaltestelle kann auch für Verkehrsleitsysteme, Fahrgastinformationen und zielgruppengerechte Werbung genutzt werden.

Foto: Preisträger

Chat-Stop ist der Versuch, durch Einsatz von interaktiver Videotechnik die Balance zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und der Angst vor Kontrolle zu finden. An Stelle von Sicherheit durch Überwachung seitens einer unbekannten, zentralen Instanz tritt die vernetzte Kommunikation untereinander: Kommunikation statt Kontrolle!

Wir - die Preisträger - sehen diese Arbeit als einen Beitrag zur Diskussion über Sicherheit in der Stadt und als einen neuen Ansatz im Umgang mit Videotechnik im öffentlichen Raum.

Deutscher Studienpreis - Forschungswettbewerb der Körber-Stiftung

aus SIGNAL 2/2000 (März/April 2000), Seite 10