Umland
Voraussichtlich am 12. April, und damit bereits sechs Wochen vor dem Fahrplanwechsel, wird die neue Gleisschleife der Straßenbahn am Südausgang des Potsdamer Hauptbahnhofes in Betrieb gehen.
1. Apr 2000
An einem verlängertem Wochenende werden zuvor die Gleisanschlüsse zur bestehenden Trasse in der Heinrich-Mann-Allee hergestellt. Es folgt dann bis Mai die Inbetriebnahme des neuen zentralen Omnibusbahnhofes, der den jetzigen am Bassinplatz weitgehend ersetzen wird.
Schon 1989/90 wurden erste Überlegungen zur Entwicklung des Areals um den damaligen Bahnhof Potsdam Stadt angestellt, der nach der Wende schnell an Bedeutung gewann.
Im Januar 1990 begann mit dem S-Bahn-Vorlaufverkehr zwischen Wannsee und Potsdam Stadt, einem stündlichen Doppelstock-Zugpaar, das „zweite Leben" des alten Bahnhofs, und schon am 1. April 1992 rollten wieder planmäßige S-Bahn-Züge nach Berlin. Es war klar, daß der Bahnhof den Anforderungen nicht mehr gewachsen war. Bereits im Dezember 1992 legte deshalb die LEG Brandenburg eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung des gesamten Gebietes vor. Schnell Abstand genommen wurde von einer ursprünglich geplanten Überbauung des gesamten Bereichs mit etwa 580.000 Quadratmetern Bruttogeschoß-Fläche. Die Planungen wurden in den Folgejahren konkretisiert. Dabei gab es teilweise turbulente Auseinandersetzungen um das ehrgeizige und für Potsdam in der Tat mehr als reichlich dimensinierte Projekt, das, wie anderswo inzwischen auch, den Charakter eines „Kaufhauses im Gleisanschluß" bekam.
Frühzeitig zeichnete sich ab, daß es bei der Anbindung des ÖPNV zu Problemen kommen würde. Der neue Hauptbahnhof sollte sich zur historischen Potsdamer Mitte öffnen, während der ÖPNV in den Südbereich des Bahnhofs verbannt wurde. Das rief den DBV-Regionalverband Potsdam-Mittelmark auf den Plan. Er verwies auf bewährte Beispiele, wo Straßenbahn und Bus auf kürzestem Wege mit den Bahnsteigen verbunden sind, wie in Freiburg oder Kassel-Wilhelmshöhe. Auch in Potsdam wäre eine Überquerung der Bahnsteige durch eine ÖPNV-Spange optimal und durchaus realisierbar gewesen. Doch konnten sich die ÖPNV-Befürworter, zu denen auch die „Aktionsgemeinschaft für ein stadtverträgliches Potsdam-Center" und die Bürgerinitiative Argus gehörten, wohl vor allem aus finanziellen Gründen nicht durchzusetzen. Die Stadt favorisierte dagegen frühzeitig die heutige Lösung. Auch ein DBV-Vorschlag, die Straßenbahn am Leipziger Dreieck in der alten Lage zu belassen und eine ausgebaute Haltestelle Schwimmhalle mit Rollbändern an den Bahnhof anzubinden, wurde verworfen.
Stattdessen wird nun die Straßenbahn in einer doppelgleisigen Schleife von der Heinrich-Mann-Allee, in Höhe des Wirtschaftsministeriums beginnend und die Friedrich-Engels-Straße querend, an den Südausgang des Bahnhofs herangeführt, wo sie eine neue Haltestelle bekommt. Kurz vor der Eisenbahnbrücke schließt sie wieder an die alte Strecke in Richtung Zentrum an. Eines der beiden durchgehenden Gleise verbleibt in der Heinrich-Mann-Allee, so daß eine Wendeschleife entsteht.
In einer solchen Führung sah der DPV nicht nur Probleme für alle Verkehrstt nehmer, sondern insbesondere einen Attraktivitätsverlust der Tram, die nun am Leipziger Dreieck insgesamt dreimal Straßen queren muß. Andere Kritiker der Schleifenlösung sahen Gefahren wegen der Neigungsverhältnisse der Trasse, die jedoch ausgeräumt werden konnten. Eine Computersimulation des Planungsbüros Zerna, Köpper & Partner sollte verdeutlichen, daß die Verkehrsprobleme beherrschbar sein werden. Der DBV kann nur hoffen, daß der reale Betrieb dieser Computersimulation weitgehend entsprechend wird und fordert weiterhin Ampelvorrang für die Bahnen an Stelle eines befürchteten faulen Kompromisses, der es allen Verkehrsteilnehmern recht machen soll.
Inzwischen ist die Gleisschleife und mit ihr der gesamte Bahnhofsvorplatz mit Bushaltestellen und Taxihalteplätzen, Einfahrt zur Tiefgarage, Kurzzeitparkplätzen und Fahrradabstellanlagen weitgehend fertig gestellt. Bereits in Betrieb sind die Kundenbüros von DB AG und der S-Bahn auf der Spange im Hauptbahnhof sowie die Kundenbüros von ViP und Havelbus am Südausgang. An den Haltestellen wird modernste Technik die Fahrgäste informieren. Ein weiteres Plus der neuen Anlagen: sie sind hundert Prozent behindertengerecht.
Besondere Bedeutung wird die Gleisschleife zur Buga 2001 erhalten, denn dann kann der ViP den Betriebsablauf hier besonders flexibel gestalten. So sind Verstärkerfahrten ab bzw. bis Hauptbahnhof möglich. Auch für Havariefälle und bei Schienenersatzverkehr ist die Schleife gut nutzbar, da sie in beiden Richtungen Wendemöglichkeiten bietet. Und schließlich sind auch die beliebten DBV-Tram-Tours-Sonderfahrten mit den ViP-Oldtimern nun wieder ab Bahnhof möglich, die zu den Zeiten der alten Wendeschleife am ehemaligen Stadtbahnhof sehr beliebt waren.
Deutscher Bahnkunden-Verband, Regionalverband Potsdam-Mittelmark
aus SIGNAL 2/2000 (März/April 2000), Seite 14