Berlin

1. März 2000: Schon wieder ein schwarzer Tag für die Berliner Stadtbahn

Zu Personenschäden kam es zum Glück nicht, als ein ICE-T nahe dem Lehrter Stadtbahnhof auf der Humboldthafen-Brücke entgleiste. Jedoch bedeutete dies fünf Tage und Nächte Ausnahmezustand.


IGEB, Abteilung Fernverkehr

1. Mai 2000

Der entgleiste Wagen des ICE-T richtete erheblichen Schaden am Gleis und an der Brückenkonstruktion an, so daß Gleis 1 (Fernbahngleis in Richtung Osten) fünf Tage lang repariert werden mußte.

Schlimm genug, daß die Reparatur so lange dauerte (angeblich sind die Holzschwellen hier Maßanfertigung), aber die weitere eingleisige Betriebsführung der Fernbahn war mindestens genauso schlimm für die Fahrgäste.

Die RE-Züge wurden von der Stadtbahn genommen und endeten meist weit draußen vor der Innenstadt bzw. vor der Stadtgrenze. Der RE2 wendete in Spandau bzw. Schöneweide, wer zum RE5 wollte, mußte sogar mit der S-Bahn bis Hennigsdorf oder nach Schönefeld „vor"fahren. Einzig der RE1 kam mit seinen Endpunkten Zoo und Ostbahnhof noch in die Innenstadt. Die S-Bahn fuhr ohne Einschränkungen.

Einige Fernzüge wurden eingleisig über die Stadtbahn geleitet, etliche begannen in Lichtenberg. Es gab erhebliche Verspätungen. Ein großes Problem war, wie schon traditionell bei Störungen, die ungenügende Fahrgastinformation.

Tatort Humboldthafen-Brücke mit dem entgleisten ICE-T am . März. Foto: P. Wagner

Während der ersten beiden Tage gab es widersprüchliche Auskünfte zu den Zügen. Fahrgäste irrten zwischen den Bahnhöfen der Stadtbahn umher auf der Suche nach ihrem Zug. Die Treppe zum Regionalbahnsteig in Friedrichstraße war einen Tag nach dem Unfall einfach mit einer rot-weißen Flatterleine abgesperrt. Keine weitere Information an der Treppe. Tags darauf waren drei rote Zettel mit „Kurzinfos" ausgehängt.

Auch die bundesweite DB-Telefon-Fahrplanauskunft wußte teilweise nichts von den Änderungen. Immerhin wurde hierfür eine spezielle kostenfreie Telefon-Auskunft geschaltet. Ob deren Existenz auch Berlin-Reisenden aus Köln oder Hamburg bekannt war?

Sicher wird es mit der Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels eine Rückfallebene geben, damit der Fern- und Regionalverkehr nicht ganz zum Erliegen kommt - aber das dauert noch mindestens sechs Jahre.

Wenn man davon ausgeht, daß etwa alle halbe Jahre eine massive Störung auf der Stadtbahn eintritt, so haben wir noch viele Ersatzverkehre vor uns ...

IGEB, Abteilung Fernverkehr

aus SIGNAL 3/2000 (April/Mai 2000), Seite 7