Umland
Das mögliche Aus für die Straßenbahn in Schöneiche und Rüdersdorf zeigt deutlich, wie sehr sich die Brandenburger Verkehrspolitik in eine falsche Richtung bewegt.
1. Aug 2000
Immer mehr Schienenverkehrs-Strecken werden stillgelegt, zuletzt unter anderem zwischen Templin und Prenzlau. Auch die Busfahrpläne werden vielerorts ausgedünnt, selbst gut genutzte Buslinien von und nach Berlin (zum Beispiel die Linien 107, 263). Statt dessen leistet sich Brandenburg grandiose Fehlplanungen wie zum Beispiel das Güterverkehrszentrum in Großbeeren. Hier wurden bekanntermaßen 30 Millionen DM im märkischen Sand vergraben, ohne daß dort ein nennenswerter Verkehr stattfindet. Hinzu kommen solche Absonderlichkeiten wie der Lausitzring, wo im Rahmen der „Wirtschaftsförderung" stolze 241 DM Millionen ausgegeben werden.
In diese Reihe gehört auch, wie sich Brandenburg kürzlich das „Ja" zur Steuerreform erkaufen ließ - unter anderem mit der Förderung von zehn (!) Straßenbauprojekten in Brandenburg. Wurde eine Förderung ausgewählter ÖPNV-Projekte überhaupt in Erwägung gezogen?
Bedarf zur ÖPNV-Förderung gibt es mehr als genug, so auch für die Straßenbahnen in Schöneiche, Rüdersdorf und Strausberg. Und so liegt der „Schwarze Peter" beim brandenburgischen Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) und den Lokalpolitikern von Märkisch-Oderland. So sind sie gefordert sind, die Straßenbahnen nach Rüdersdorf und in Strausberg endlich auf eine solide wirtschaftliche Grundlage zu stellen und ihnen so eine planbare Zukunft zu geben.
Nicht mehr zeitgemäß ist die immer wieder erhobene Forderung, das Land Berlin solle sich an der Finanzierung beteiligen. Die Schöneicher-Rüdersdorfer Straßenbahn fährt einen Gutteil auf Berliner Gebiet. Denn inzwischen gilt auch hier die Vereinbarung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg, gegenseitige Verkehrsleistungen im Naturaltausch abzugelten. So fährt die BVG auf Brandenburger Gebiet als Gegenleistung die Buslinie 161 mit den Endpunkten Schöneiche, Dorfaue und Erkner, S-Bahnhof über Berlin-Rahnsdorf.
Die BVG-Leistungen in Brandenburg sind explizit die Kompensation für die Linie 88 auf Berliner Gebiet. Wenn also die Straßenbahn-Linie 88 eingestellt wird, wird auch die BVG sofort die Linie 161 in Erkner und Schöneiche einstellen. Das Nachsehen haben die täglichen Pendler und die Ausflugssuchenden am Wochenende! Hier fällt dem Fahrplan-Leser auf, daß die Übergangszeiten in Rahnsdorf von der S-Bahn zur Buslinie 161 jetzt zeitweise 20 Minuten betragen.
Schöneiche ist ein attraktiver Wohnort; die öffentlichen Verkehrsmittel tragen dazu bei. Brandenburg und der Landkreis Märkisch-Oderland scheinen dies ändern zu wollen - zumindest für ÖPNV-Benutzer. Der Bürgermeister von Schöneiche und Landkreis Oder-Spree sind engagierte Streiter für den ÖPNV, aber allein schaffen sie es nicht. Minister Meyer - handeln Sie!
IGEB, Abteilung Stadtverkehr
aus SIGNAL 6/2000 (August 2000), Seite 15-16