Berlin

Das S-Bahn-Linienkonzept

Ein Diskussionsbeitrag der IGEB


IGEB, Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr

1. Nov 2001

Seit Erscheinen des IGEB-S-Bahn-Konzepts im Heft 5/99 hat sich einiges verändert. Das Land Berlin strebt an, daß die zweite Nord-Süd-S-Bahn („S21") in einer ersten Stufe von Norden her zugleich mit der Inbetriebnahme des Fernbahntunnels in Betrieb geht, also voraussichtlich 2007. Daraus ergeben sich gegenüber dem ursprünglichen Konzept mehrere Veränderungen

1. Alle Streckeneröffnungen verschieben sich in „bewährter" Berliner Manier nach hinten. Deshalb hat die hier vorgestellte Neufassung lediglich Bezeichnungen der verschiedenen Betriebsphasen erhalten, nennt aber keine Termine.

2. Nach der Schließung des Vollringes (voraussichtlich am 16. Juni 2002) tritt keine längere Ausbaupause ein, da seit 2001 an der „Nordring-Spitzkehre" als erstem Teil der neuen Nord-Süd-Bahn gebaut wird. Daher kann sich das überarbeitete Konzept nicht mehr auf einen kurzfristig zu realisierenden Ausbauzustand beschränken, sondern muß die verschiedenen zu erwartenden Netzveränderungen berücksichtigen.

3. Die Nordring-Spitzkehre selbst verlangt ein ganz neues Herangehen an die Betriebsabwicklung auf dem Ring, inklusive der Verflechtung mit den Nord-Süd-Linien am Nordkreuz, so daß schon relativ kurzfristig eine beachtliche Änderung der Linienführungen notwendig wird.

Alle diese Punkte führten dazu, daß sich für die Überarbeitung des Konzepts eine noch weiter reichende Perspektive anbot, bei der Linienumlegungen und -umbenennungen so früh und weitestgehend wie möglich den derzeitigen Planungshorizont erreichen. Die grundsätzlichen Gedanken des Originals können jedoch unverändert übernommen werden:

Phase 1

Eröffnung Ringbahn mit Nordkreuz, alle Fahrmöglichkeiten.

Das Nordkreuz mit dem Ring-Lückenschluß wird als erste große Etappe fertig sein. Deshalb bietet sich die endgültige Linienführung der meisten Nord-Süd- und Ostringlinien an. Solange die zweite Nord-Süd-Bahn und die sogenannte „Cheruskerkurve" Kolonnenstraße-Papestraße (Ringbahn) noch nicht fertig sind, reichen die drei Linien 2, 4 und 8 im Tunnel aus. Die S6 als Nachfolgerin der heutigen S46 verdichtet das Angebot auf dem Südring.

Die S-Bahn GmbH hat sich allerdings ohne Not von ihrer Liniennummer 10 verabschiedet, sie möchte sich für alle Zukunft auf neun Stammlinien beschränken (theoretisch müßte dann ein Ausbaustopp verhängt werden, weil die Liniennummern nicht mehr ausreichen!). Die hier vorgestellte Planung akzeptiert aber diese Entscheidung und nennt die zweite Ostringlinie 15, als wäre es eine Zweiglinie des Ringes. Im Interesse einer besseren Fahrgastinformation ist aber auch hier eine eigene Farbe zu verwenden.

Phase 2

Spitzkehre Lehrter Bahnhof/Teltow/Falkensee.

Mit Fertigstellung der Nordring-Spitzkehre sollte in jedem Falle die Linie 6 zum Zentralbahnhof (heute Lehrter Stadtbahnhof) geführt werden, weil sie damit schon einen Teil ihrer späteren Strecke im zweiten Nord-Süd-Tunnel bedient und weil zu diesem Zeitpunkt die Ost-West-Verkehrsströme auf dem Ring soweit gewachsen sein werden, daß ohnehin eine Verdichtung der Ringlinie 1 nötig wird, wodurch im Bereich Westhafen/Wedding keine Angebotsverminderung eintritt. Die Linie 45 ist der Vorgriff auf die künftige Linienführung der S4 , die lediglich in diesen Zwischenausbaustufen noch nicht durchgängig den zweiten Tunnel benutzen kann.

Phase 3

Hier ist das zweite Teilstück der neuen Nord-Süd-S-Bahn von größter Bedeutung; die Linie S4 bekommt dadurch ihre endgültige Führung unter dem Zentralbahnhof und die S6 wird bis Potsdamer Platz verlängert. Eine weitere Verlängerung nach Süden scheidet leider wegen fehlender Kapazitäten im Altbautunnel via Anhalter Bahnhof aus. Durch geschickte Fahrplangestaltung ist es möglich, ein bahnsteiggleiches Umsteigen von und zur Linie S6 am Bahnhof Potsdamer Platz zu realisieren.

Phase 4

Nun stehen in Nord-Süd-Richtung auf allen Abschnitten vier Gleise zur Verfügung - viel wichtiger ist aber die Cherusker-Kurve, die für die vierte Nord-Süd-Linie eine sinnvolle südliche Endstelle ermöglicht.

Schlußbemerkung

In allen Phasen ist zu sehen, wie durch frühzeitige Verlegung der S-Bahn-Linien auf ihre endgültige Führung eine schnelle Gewöhnung der Kunden an die zukünftigen Verhältnisse möglich ist, was auch dem Betrieb zugute kommt, denn in jeder Phase werden dadurch frühzeitige Erfahrungen mit künftigen Linienführungen möglich.

Die abgebildeten Endbahnhöfe sind natürlich nur Optionen, die erst schrittweise mit der Entwicklung der Verkehrsbedürfnisse und der Bereitstellung der Finanzen realisiert werden. Entscheidend bleibt die Linienführung im Zentrum, die die Voraussetzung für eine flexible Verlängerung einzelner Linien ist, ohne das gesamte Fahrplangefüge umstürzen zu müssen. Die eigenständigen Linien S45 und S75 sollten zur besseren Erkennbarkeit des zusätzlichen Angebots trotz gleicher Farbe wie die Stammlinien eine separate Darstellung erhalten, zum Beispiel extra Linienbalken.

In der Tabelle sind Angaben für zwei verschiedene Varianten der Linienführung aufgelistet, die es ermöglichen, auf verschiedene Entwicklungen der Nachfrage zu reagieren, ohne das Streckennetz zu verändern.

IGEB, Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 7/2001 (November 2001), Seite 8-10