Der Bahnhofsvorsteher informiert
Schwerpunkt Fahrgastrechte & Tarife
6. Mai 2013
Nach der Fahrradkarte für den Fernreisenden (SIGNAL 1/2013 ) kommen nun die Angebote für diejenigen Bahnreisenden unter die Lupe, die nur mal eben einen Tagesausflug mit dem Fahrrad machen wollen und eher kurze Distanzen im Regionalverkehr zurücklegen. Hierbei ist besonders zu beachten, in welcher Region man sich befindet und wohin man fährt. Nimmt man das nicht so genau, kann eine Fahrradmitnahme schnell 40,00 Euro für das EBE extra kosten.
Im Gegensatz zur Fahrradkarte für den Fernverkehr, die nur für eine Fahrt von A nach B gilt, ist die „kleine Schwester“ richtig flexibel. Sie ist eine Tageskarte, mit der man von 0 Uhr bis 3 Uhr des Folgetages, also 27 Stunden lang, mit allen Nahverkehrszügen (RE, RB, NE) kreuz und quer durch Deutschland fahren kann. Vorausgesetzt, man hat dazu ein passendes DB-Nahverkehrsangebot. Diese Fahrradkarte gilt i.d.R. nicht,
wenn man sich ausschließlich innerhalb eines Verkehrsverbundgebietes bewegt bzw. wenn der Reisende mit Verbundtickets fährt. Auch gibt es gut ein Dutzend Nichtbundeseigene Eisenbahnen (NE), welche die DB-Fahrradkarten nicht anerkennen.
Da die Tageskarte nicht an Strecken gebunden ist, eignet sie sich vor allem für Spontane oder Wankelmütige. Man kann überall (bitte nur an einem Haltebahnhof – nicht auf freier Strecke) seine Fahrt unterbrechen und an einem beliebigen anderen Ort fortsetzen. Entgegen der Fernverkehrsfahrradkarte kann eine Strecke auch beliebig oft befahren werden. Aussteigen, zurückradeln, Teilstrecke noch einmal befahren – all das ist kein Problem, wenn die Fahrkarte für den Reisenden die gleiche Flexibilität gewährt, wie z. B. das Schönes-Wochenende-Ticket (SWT).
Die Fahrradtageskarte Nahverkehr kostet für jedes handelsübliche Fahrrad, Dreirad, Tandem oder Liegerad nur 5 Euro. Eine Bahn-Card-Ermäßigung gibt es darauf nicht. Wer für das Reisegepäck einen zusammenklappbaren Fahrradanhänger mitnimmt, braucht ein zweites Ticket.
Der Fahrgast ist verpflichtet, sein Fahrrad zu sichern und nur auf für Fahrräder gekennzeichneten Plätzen so unterzubringen, dass andere Fahrgäste nicht beeinträchtigt werden. Fahrgäste mit Kinderwagen oder Schwerbeschädigte mit Rollstuhl haben – auch bei späterem Zustieg – in jedem Fall Vorrang. Die Entscheidung des Personals gilt als bindend.
Wenn einem das Wetter die Laune raubt, kann man das Ticket bis einen Tag vor dem Geltungstag kostenlos umtauschen oder stornieren. Eine Erstattung ab dem Geltungstag ist ausgeschlossen, falls zum Beispiel der Wolkenbruch erst am Morgen des gewünschten Ausflugstages auftauchen sollte.
Es gibt einige Regionen und Gebiete in Deutschland, da darf der Reisende im Nahverkehr sein Fahrrad kostenlos mitnehmen. Beispielsweise ist in Sachsen-Anhalt in allen S-Bahnen, RB, RE der DB sowie in HEX und MRB von Veolia die Mitnahme der Fahrräder im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten möglich. Wenn kein Platz mehr ist, besteht natürlich kein Mitnahmeanspruch.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt solche Regelungen und wünscht sich, Berlin und Brandenburg, vertreten durch den VBB, würden sich daran ein Beispiel nehmen. Wichtig aber ist, wenn der gute ökologische Gedanke funktionieren soll, für den Reisenden einheitliche und vor allem leicht verständliche Regelungen zu schaffen – für alle Verkehrsmittel mit Fahrradmitnahme. Besonders weit entfernt von diesem Ziel ist das Bundesland Baden-Württemberg. Hier gilt zwar eine kostenlose Fahrradmitnahme in DB-Zügen der Produktklasse C (Regio) montags bis freitags, aber erst ab 9 Uhr (in den Verbünden VVS, DING, naldo, Filslandverbund ab 8.30 Uhr – bei Letztgenanntem auch vor 6 Uhr), an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen dafür ganztägig. Auf 26 Strecken gelten davon aber verschiedene besondere Ausnahmeregelungen: beispielsweise erst ab 19.30 Uhr oder nur an Sonn- und Feiertagen im Saisonverkehr oder nur auf Teilstrecken. Es ist daher dringend erforderlich, sich ausgiebig beraten zu lassen. Notfalls dreimal bei verschiedenen Verkaufsstellen nachfragen (und sich über fünf verschiedene Auskünfte freuen).
Einige Verkehrsverbünde haben den Nutzen für den Fahrgast erkannt und bieten auch teilweise kostenlose Fahrradmitnahmen an. Beispielsweise in Hessen gibt es jeweils eine kostenfreie Fahrradmitnahmeregelung in den beiden Verbundgebieten des Nordhessischen- und des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, wenn man ausschließlich in dem jeweiligen Verbund mit einer NVV- oder RMV-Fahrkarte unterwegs ist. Verlässt man eines der beiden Gebiete oder wechselt von einem in das andere, so ist es vorbei mit Fahrrad frei. Vollkommen unverständlich nicht nur für den Gelegenheitsfahrgast: Zwei direkt aneinandergrenzende Freifahrzonen – und dennoch benötigt man bei „Grenzüberschreitungen” vom letzten Bahnhof im NVV zum ersten Bahnhof im RMV eine Fahrkarte für das Fahrrad (außer beim SWT)! Fünf Euro für oft nur wenige Minuten! In der Regel gelten Freifahrten innerhalb von Verbundgebieten nur in Zusammenhang mit einer Verbundfahrkarte des Reisenden. Bietet der Verkehrsverbund, in dem man ausschließlich reist, keine kostenfreie Mitnahme an, so ist für das Fahrrad eine Fahrkarte zu lösen.
Dafür gibt es primär zwei unterschiedliche Tarifierungsansätze. Entweder gibt es spezielle Fahrradfahrkarten wie im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) oder es ist ein normaler Verbundfahrschein (ggf. zum Ermäßigungstarif) zu lösen. Interessant ist dabei, dass Verbünde die Ticketarten Einzel-, Tages-, Wochen- und Monatskarten unterschiedlich priorisieren. So gibt es im Filslandverbund eine Fahrradtageskarte für 2,50 Euro, die aber nur in den morgendlichen Berufsverkehrszeiten zwischen 6.00 und 8.30 Uhr erforderlich ist.
Zu beachten ist, dass in einigen Verkehrsverbünden die Fahrradmitnahme zeitlich eingeschränkt ist. So darf im Gebiet des Hamburger Verkehrsverbundes HVV in U-, A- und S-Bahnen ein Rad montags bis freitags jeweils bis 6.00 Uhr, zwischen 9.00 Uhr und 16.00 Uhr sowie zwischen 18.00 Uhr und Betriebsschluss mitgenommen werden. Außerhalb der freigegebenen Zeiten dürfen weder Fahrten mit Fahrrädern begonnen noch bereits begonnene Fahrten zu Ende geführt werden. Gleiches gilt für den Aufenthalt mit Fahrrädern in einem abgegrenzten Bahngebiet. Zuwiderhandlungen kosten 10 Euro. In „R-Bahnen“ gibt es glücklicherweise keine Einschränkung.
Im VBB kann jeder Fahrgast maximal ein Fahrrad mitnehmen. Dabei kann er, sofern Platz vorhanden ist, Regio-, S- und U-Bahnen nutzen. Busse und Straßenbahnen dürfen nur mit Fahrrädern benutzt werden, wenn diese speziell für die Fahrradmitnahme platzlich ausgestattet und gekennzeichnet wurden. Da hier der Platz tendenziell eher knapp bemessen ist, haben Rollstühle, Kinderwagen und Gehhilfen Vorrang. Das Personal entscheidet in allen Verkehrsmitteln letztendlich über die Mitnahme.
Sie gelten nur für die Tarifbereiche ABC in Berlin, Brandenburg (Havel), Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam und berechtigen zu einer Fahrt mit beliebigem Umsteigen in Richtung auf das Reiseziel über den reiseüblichen oder durch die Fahrplanlage bedingten Weg. Wer will, kann seine Fahrt innerhalb der Geltungsdauer (Berlin 2 Stunden/BRB, CB, FF, P jeweils 1 Stunde) beliebig oft unterbrechen. Rück- und Rundfahrten sind nicht zulässig. Im Tarifbereich Berlin kann auch eine Fahrrad-Kurzstrecke erworben werden, die aber nicht in den Regio-Zügen gilt.
Mit ihr kann ein Fahrrad für eine einzelne Fahrt mitgenommen werden. Das Umsteigen ist zulässig, wenn man den nächstfolgenden Anschluss auf Richtung Ziel verwendet. Unterbrechungen und Aufenthalte sowie das Zurück- und Rundreisen sind daher hier nicht zulässig.
Sie können in ihrem jeweiligen Geltungsbereich den ganzen Tag bis 3 Uhr am folgenden Tag für beliebig viele Fahrten ohne Richtungsbeschränkung genutzt werden. Gerne auch mit Aufenthalten. Abhängig vom Geltungsbereich gibt es Tickets, die nur am beim Kauf aufgedruckten Tag gelten oder andere, die erst durch den Entwerteraufdruck „aktiviert“ werden.
können für die Tarifbereiche AB in Berlin, Brandenburg (Havel), Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam sowie den Tarifbereich Berlin ABC und das VBB-Gesamtnetz gekauft werden. Wenn der Reisende im Besitz einer persönlichen Zeitkarte für die Tarifbereich AB, BC oder ABC in Berlin, Frankfurt (Oder) und Potsdam ist und die Beförderungsbedingungen es zulassen, kann ein Fahrrad kostenlos mitgenommen werden. Wer in Brandenburg (Havel) oder Cottbus eine solche Monatskarte sein eigen nennt, muss für sein Fahrrad zahlen.
Betrachtet man die Vielfalt der Nahverkehrstarife, kann man eigentlich nur verrückt werden. Fahrgastfreundlich ist das definitiv nicht. Um den Gordischen Knoten zu entwirren, muss der klassische Schwerthieb erfolgen und die Fahrradmitnahme im Nahverkehr schlicht und einfach entgeltfrei werden. Eine Vereinheitlichung der Tarife ist praktisch kaum umsetzbar.
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 2/2013 (Mai 2013), Seite 14-15