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DB verärgert Regionalbahnfahrgäste in und um Potsdam
6. Mai 2013
Seit dem 9. Dezember 2012 verkehren die Linien RB21 und RB22 zusätzlich zur Linie RE1 von Potsdam nach Berlin Friedrichstraße. Leider kam es immer wieder vor, dass diese Fahrten wegen Verspätung bereits am Bahnhof Zoologischer Garten endeten und die Züge von dort zurückfuhren. Hinzu kamen Probleme am Bahnhof Friedrichstraße, wo ein Betonteil abbrach und die Zwischendecke durchschlug. In der Folge wurde das darüber befindliche Gleis 4 vorübergehend gesperrt und der gesamte Verkehr in westlicher Richtung über das Gleis 3 abgewickelt. Allerdings können die Züge aus Potsdam nur über dieses Gleis zur Rückfahrt kehren, so dass die Fahrten während der etwa einwöchigen Gleissperrung komplett zum Zoo zurückgezogen wurden. Als problematisch erweist sich zudem die sehr kurze Wendezeit von nur 6 bis 8 Minuten in Friedrichstraße.
Um den Fahrplan zu stabilisieren,
hatte die Deutsche Bahn kurzfristig beschlossen, den Fahrplan ab dem 7. Januar 2013 zu ändern. Die Öffentlichkeit erfuhr das am 3. Januar aus einer Pressemitteilung – also gerade einmal vier Tage vor dem Inkrafttreten. Doch wer sich über die kurzfristigen Änderungen im Internet informieren wollte, wurde genauso ratlos zurückgelassen wie derjenige, der den Fahrplanaushang konsultierte:
„Gedruckte Fahrplaninformationen mit den geänderten Fahrplänen sowie neue Streckenfahrpläne werden in den nächsten Tagen produziert und demnächst in den Zügen und auf den Bahnhöfen verfügbar sein.
Für diese kurzfristigen Fahrplanänderungen, die leider erst ab 11. Januar 2013 in der elektronischen Fahrplanauskunft unter www.bahn.de enthalten sein werden, bitten wir um Verständnis.
Die veränderten Fahrpläne für diese Züge als Download erhalten Reisende im Internet unter www.bahn.de/aktuell . Informationen erhalten Reisende beim Kundendialog DB Regio Nordost unter: Telefon (0331) 235 6881 oder -6882 und unter der Service-Rufnummer 01805996633.“
Im Klartext: Die Bahn änderte die Fahrpläne, sagte aber erst eine Woche später, was geändert wurde. Unter der angegebenen Website befand sich lediglich der Text der Pressemitteilung mit identischem nichts sagendem Inhalt. Außerdem verzichtete die Bahn auf die rechtzeitige Einrichtung einer kostenlosen 0800er Rufnummer. Die angegebene Service-Rufnummer (Vorwahl 01805) kostete dagegen 14 Cent pro Minute aus dem Festnetz und 42 Cent aus den Mobilfunknetzen - ein nicht gerade preiswerter Service.
Neben früheren Abfahrten einzelner Züge der Linien RE7, RB 20, RB 21, RB 22 und RB 23 zwischen drei und sechs Minuten war der Ausfall des Verkehrshaltes in Griebnitzsee in der morgendlichen Hauptverkehrszeit am stärksten zu kritisieren. Da diese Änderungen weder auf den Fahrplanaushängen des Bahnhofs noch in den elektronischen Medien enthalten waren, standen Fahrgäste auf dem Bahnsteig und warteten vergeblich auf ihren Zug. Diesen sahen sie stattdessen auf dem Nachbargleis am Bahnhof vorbeifahren.
Genutzt hatten diese Änderungen allerdings nur wenig, es endeten weiterhin Züge wegen zu hoher Verspätung am Bahnhof Zoologischer Garten oder begannen die Fahrt in Friedrichstraße mit einer “Folgeverspätung aus vorheriger Fahrt”.
Eine Ursache ist offensichtlich, dass die von DB Regio eingesetzten Fahrzeuge des Typs Talent 2 zu wenige Türen haben. So hat jeder Wagenteil nur eine Tür, was bei einem dreiteiligen Zug gerade einmal drei Türen ergibt. Dadurch verzögert sich der Fahrgastwechsel, zumal alle Türen mit einer Spaltüberbrückung ausgestattet sind. Diese muss nach der Türfreigabe vor dem Öffnen der Türen erst ausfahren und nach dem Schließen wieder eingefahren werden. Das alles funktioniert jedoch nur im Stand, so dass eine vorzeitige Türöffnung bei Schrittgeschwindigkeit bereits vor dem Erreichen des Stillstands nicht mehr möglich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fahrgastzahlen (erfreulicherweise) immer weiter steigen und die Züge entsprechend voll sind, was durch die fehlenden Auffangräume im Türbereich den Fahrgastwechsel zusätzlich verlängert.
Am gravierendsten aber war wohl, dass auch DB Regio von Bauarbeiten an der Havelbrücke in Potsdam Hbf überrascht wurde, die einige Zeit nur eingleisig befahren werden konnte.
Doch trotz aller Erklärungen bleibt unverständlich, dass es die Deutsche Bahn nicht schaffte, die Änderungen ab 7. Januar 2013 rechtzeitig in die elektronischen Medien aufzunehmen - ein Armutszeugnis. Die Änderungen verärgerten die teilweise umsonst wartenden Fahrgäste und sorgten für schlechte Schlagzeilen in der örtlichen Presse.
Für die Zukunft fordert die IGEB eine Verlängerung der Fahrten über den Bahnhof Friedrichstraße hinaus zum Ostbahnhof. Dies erfordert zwar bei einer Fahrzeit von 8 Minuten pro Richtung einen Zug mehr, sollte aber durch die Entkoppelung der Linien, längere Wendezeiten (18 bis 25 Minuten) und eine flexibler nutzbare Infrastruktur (in Ostbahnhof gibt es 5 Bahnsteiggleise) den Fahrplan deutlich entspannen. Zudem würde dadurch auch der wichtige Umsteigeknoten am Alexanderplatz bedient. (md), (ge)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 2/2013 (Mai 2013), Seite 17