Berlin

Diepgens Vermächtnis

Als im Juni 2001 der damalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen und seine Berliner CDU nach 10 Jahren auf die Oppositionsbank wechseln mussten, witterten die Befürworter des Straßenbahnausbaus Morgenluft.


IGEB

1. Mär 2002

Einer der härtesten Verfechter der U5-Verlängerung war weg. Doch Diepgen war, anders als beispielsweise der langjährige CDU-Verkehrsstaatssekretär Ingo Schmitt, kein Straßenbahn-Hasser. Über ein entsprechendes Dokument verfügt - man höre und staune - Michael Cramer, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Am 20. November 2000 schrieb ihm Eberhard Diepgen persönlich: „Haben Sie Dank für Ihr Schreiben vom 9. November 2000, mit dem Sie sich für eine schnellstmögliche Verlängerung der Straßenbahn vom Eckernförder Platz bis zum S-Bahnhof Beusselstraße einsetzen.

Im November 1997 war auch von der S-Bahn am Bahnhof Beusselstraße noch nicht viel zu sehen. Eine Straßenbahn-Anbindung würde vielen Fahrgästen nützen. Foto: Florian Müller
Einer hier vorliegenden Stellungnahme der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entnehme ich, dass diese Maßnahme bereits Bestandteil des Straßenbahnneubauprogramms ist und von der Fachverwaltung als Maßnahme mit hoher Priorität eingeordnet wurde. Angesichts der nicht einfachen Streckenführung dieser Straßenbahn über die Beusselbrücke und des noch durchzuführenden Planfeststellungsverfahrens scheint mir allerdings die von Ihnen angestrebte Fertigstellung der Straßenbahnstrecke im Jahre 2001 nicht realisierbar. Nach Aussagen der Verwaltung wird noch im ersten Quartal 2001 eine Machbarkeitsstudie erstellt, so dass nachfolgend das Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden kann. In der Sache besteht also völliges Einvernehmen mit meiner Forderung nach schnellstmöglicher Realisierung dieser Straßenbahnstrecke."

Nun sind also SPD und PDS gefordert. Herr Senator Strieder: Wo ist die Machbarkeitsstudie? Was wurde bisher für das Planfeststellungsverfahren getan? Ab 2002 wird sich zeigen, ob der seit der Wiedervereinigung Berlins so langsame Straßenbahnausbau vor allem ein „Verdienst" der CDU war, oder ob die von Auto-Lobbyisten durchsetzte Berliner Verwaltung jedem Senat, auch einem rotroten, ihren Anti-Tram-Stempel aufdrücken kann.

IGEB

aus SIGNAL 1/2002 (Februar/März 2002), Seite 13