Brandenburg

Braucht der Fahrgast den VBB?

Die Bedeutung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg und seine Aufgaben sind für Fahrgäste nicht nachvollziehbar.


DBV Berlin

1. Nov 2002

Diese Frage stellten sich die Teilnehmer in einem Fahrgastforum im Rahmen der 19. Deutschen Schienenverkehrs-Wochen.

Die einzige Beziehung, die der Fahrgast zum VBB hat, sind die Fahrkarten: hier zeigt sich das Logo des Verbundes.

Auch Tarifbroschüren und Beförderungsbedingungen tragen seinen Titel. Das war es dann schon. Eine einheitliche Information, wie man sie von anderen Verbünden kennt, sucht man vergebens. Das fängt bei den Netzplänen an und hört bei Verkehrsänderungen auf. Diese machen nämlich die Verkehrsunternehmen selbst. Für die Kommunikation nutzen sie ihre hauseigenen Kundenzeitschriften, wie „BVG plus" oder „punkt 3" bzw. Bauinfo-Flyer. Die Kundenzeitung des VBB, „In Fahrt", ist kaum bekannt, weil sie im stärksten Verkehrsgebiet, im Berliner Raum, nicht flächendeckend verteilt wird. Uninteressant ist sie zudem, kommt sie doch über die Berichterstattung zu irgendwelchen brandenburgischen Festivitäten nicht hinaus. In einer Ausgabe hat man es sogar fertig gebracht, diese von vorn bis hinten mit Anzeigen und Artikeln diverser Autohäuser zu füllen!

Der Verkehrsverbund wird aus Haushaltsmitteln der Bundesländer Berlin und Brandenburg finanziert. Die Euphorie seiner Gründung, die eigentlich mit der dann gescheiterten Länderfusion einher gehen sollte, ist vorbei. Jetzt kommt auch der Verbund auf den fiskalischen Prüfstand, wie der Vertreter des Berliner Senats, Georg Müller, betonte. Hierbei müssen die zukünftigen Aufgaben des VBB geklärt werden, beispielsweise im Marketing. Auf die Notwendigkeit eines Verkehrsverbundes für das länderübergreifende Verkehrsgebiet wies Dr. Karlheinz Beilner als Vertreter der Landesregierung Brandenburg hin. Regiefunktionen seien hierbei aber nicht zwangsläufig, sollten aber vom Verbund möglicherweise als Moderator wahrgenommen werden.

Der IGEB-Vorsitzende Gerhard Curth erinnerte an den kleinen Vorläufer des VBB, die Tarifgemeinschaft Berlin und Umland (TBU): unter anderem, weil sie sich auf das überschaubare Gebiet des früheren Berliner S-Bahn-Tarifbereichs mit bekannten Verkehrsunternehmen reduzierte, war die Identifikation der Bevölkerung stärker, als mit dem aufgeblähten VBB. Die Leistungen des Verbundgeschäftsführers Uwe Stindt gehen gegen Null, seine Ablösung, wie sie von den Fahrgastverbänden gefordert wird, sei mehr als überfällig. Das die Politik in der Frage des Auslaufens des Geschäftsführervertrages umgefallen ist, ist sachlich nicht nachvollziehbar.

Aus Sicht der verkehrspolitischen Sprecherin der brandenbursigischen PDS im Landtag, Anita Tack, sei schon die Besetzung des Aufsichtsrates mit allen 14 Landräten und vier Oberbürgermeistern problematisch. Eigentlich würden hier Vertreter der fünf Planungsregionen genügen. Die Aufgabenträgerschaft liegt aber bei den Ländern und den Landkreisen. Alexander Kaczmarek, verkehrspolitische Sprecher der Berliner CDU im Abgeordnetenhaus, betonte, das der VBB klarer verfasst hätte werden müssen - was die Aufgabenträgerschaft betrifft, sei das ÖPNV-Gesetz praktisch nicht umgesetzt. Nur für eine Moderationsfunktion werde ein Verbund nicht benötigt.

Die Vorteile des Verbundes hob Stefan Kohte vom VCD Berlin hervor. So seien Fortschritte in der Abstimmung von Bahn und Bus erreicht worden. Sven Munzinger vom DBV Berlin bemängelte dagegen das fehlende einheitliche Marketing im Verbundgebiet: wo jeder seins mache, sei eine gemeinsame Einrichtung fragwürdig. Die positive Sacharbeit zu Einzelfragen mit Verbundvertretern gebe der Institution noch lange kein ausgezeichnete, Prädikat.

Das Publikum kritisierte, das sich die Verkehrsunternehmen an einigen Standorten parallel Kundenzentren mit jeweils eigenen Informationen leisten, was durch einen Verbund effektiver gestaltet werden sollte (zum Beispiel Potsdam Hauptbahnhof: ViP, Havelbus, S-Bahn, DB AG). Auch die unterschiedlichen Regelungen der Tarife wie bei den ABC-Gebieten in den Städten und bei den Kurzstrecken tragen zum Verständnis des Verbundes nicht bei.

Im Koordinierungsprozess bei den Tarifen würde sich der Berliner Senat zukünftig Moderation wünschen statt Besserwisserei. In der Vergangenheit sei daran einiges verschlissen worden. Auch aus Sicht der brandenburgischen Landesregierung sollte der Vorlauf von TarifentScheidungen besser werden. Frau Tack forderte statt Tariferhöhungen bessere Angebote. In diesem Zusammenhang sollte auch die Einnahmeaufteilung endlich geregelt werden. Nach der Ausweitung des VBB-Gebietes um den bisherigen ZÖLS-Raum im Süden Brandenburgs müssten jedoch vorher neue Fahrgasterhebungen stattfinden.

Die Notwendigkeit einer veränderten Struktur des Verkehrsverbundes konnte während der Veranstaltung festgestellt werden. Dazu sei letztendlich die Politik gefordert, wie die Vertreter der Fahrgastverbände herausstellten.

DBV Berlin

aus SIGNAL 5/2002 (November 2002), Seite 32-33