Berlin

Erich Kratky ist tot


IGEB

1. Mär 2003

In den frühen Morgenstunden des 6. Dezember 2002 starb der ehemalige Bahnchef der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Erich Kratky. Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat diese Nachricht mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen müssen.

Erich Kratky am 1. Februar 1985 bei der Eröffnung der Wannseebahn. Foto: BVG-Archiv

Erich Kratky war ein fairer, ja freundschaftlicher Partner, wenn die Fahrgastverbände Berlins Probleme mit „seiner" U-Bahn hatten. Der intensive Kontakt zu den Fahrgastverbänden ist selbst in Zeiten des erbitterten Kampfes der IGEB und des Berliner Schienenverkehrs-Verbandes (BSW), dem heutigen DBV Berlin, Anfang der 1980er Jahre um die Integration der S-Bahn in das West-Berliner Nahverkehrssystem nicht verloren gegangen.

Obwohl die BVG in dieser Phase einer der schärfsten Kontrahenten der IGEB war, riss der Dialog nie ab. Als im Januar 1984 die S-Bahn in West-Berlin an die BVG überging, übernahm Erich Kratky hierfür die Betriebs - verantwortung. Ängste der Fahrgastverbände, die S-Bahn könnte nunmehr das ungeliebte Stiefkind bei der BVG werden, blieben unbegründet. Die Entwicklung der zum Teil schrottreifen S-Bahn innerhalb West-Berlins war einer seiner größten Erfolge.

Zum 100jährigen Jubiläum des Bahnhofs Berlin Zoo im Herbst 1984, das die Fahrgastverbände mit einer dreimonatigen Ausstellung im Bahnhof Zoo begingen, stellte er den Verbänden den ersten BVG-S-Bahn-Sonderzug zur Verfügung. Ein Jahr später durften die Teilnehmer der Berliner Schienenverkehrs-Wochen mit diesel-gezogenen S-Bahn-Wagen von Charlottenburg über den Südring zum S-Bahn-Tag nach Herrmannstraße fahren.

Im Jahre 1986 erhielt Erich Kratky vom Berliner Schienenverkehrs-Verband den erstmals vergebenen „Schienenverkehrs-Preis" eben für seine Leistungen um die Integration der S-Bahn.

Erich Kratky war auch Künstler. Er malte gerne Landschaften und war auch in Ausstellungen zu sehen. Drei Monate dauerte es, bis Kratky auf intensives Drängen des IGEB-Vorsitzenden Curth Bilder mit S-Bahn-Motiven für eine Ausstellung 1987 im Fahrgastzentrum Bahnhof Beusselstraße malte. Von den zwölf Bildern wurden neun verkauft.

In den Umbruchzeiten bei der BVG Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre hat Erich Kratky außerhalb der BVG andere Aufgaben übernommen, so dass die intensive Zusammenarbeit nachgelassen hat - die persönlichen Kontakte jedoch blieben bis zu seinem Ruf nach Shanghai lebendig.

Die IGEB und vor allem die Mitstreiter jener Tage haben in Erich Kratky einen wirklichen Freund verloren, der als Weggefährte Bestandteil der Vereinsgeschichte ist und den wir schon deshalb nicht vergessen können und werden.

IGEB

aus SIGNAL 1/2003 (Februar/März 2003), Seite 19