Berlin

Neuer Bahnhof Karower Kreuz wird vorbereitet

Im September 2003 wurde die Öffentlichkeit im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens über die Pläne für den Ausbau der Stettiner Bahn informiert. Betroffen ist der Abschnitt Berlin-Nordkreuz bis Berlin-Karow (Kilometer 4,2 bis 11,6).


IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

1. Jan 2004

Die Regional- und Fernbahn-Gleise der Stettiner Bahn (Strecke Berlin-Gesundbrunnen Richtung Bernau) werden zweigleisig ausgebaut.

Karower Kreuz

Die meisten Veränderungen finden im Bereich Karower Kreuz statt. Die Fern-/Regionalbahn-Verbindungskurve Blankenburg - Abzweig Karow West (zum nördlichen Berliner Außenring/BAR) wird in neuer Lage neu gebaut.

Im Kreuzungspunkt der Stettiner Bahn mit dem BAR wird auf Wunsch der Senatsverwaltung ein neuer S- und Regionalbahnhof vorbereitet, dessen Inbetriebnahme aber nicht absehbar ist. Es handelt sich also um Vorleistungen für spätere Jahre.

Der neue Turmbahnhof

Auf der Stettiner Bahn ist ein kombinierter S- und Regionalbahnsteig mit vier Kanten geplant. Das Ferngleispaar wird vom S-Bahn-Gleispaar abgerückt, und dazwischen soll ein Mittelbahnsteig errichtet werden, so dass ein bahnsteiggleicher Übergang von der S-Bahn zum Regionalverkehr möglich wird. Jeweils außen sollen das Ferngleis Richtung Bernau sowie das S-Bahn-Gleis Richtung Gesundbrunnen einen Seitenbahnsteig bekommen.

Unter diesem Bauwerk sind zwei Außenbahnsteige am BAR geplant, die für den Regionalverkehr vorgesehen sind. Eine weitere Brücke für die Unterführung möglicher S-Bahn-Gleise parallel zum BAR ist nicht geplant, ebensowenig wird es einen Halt von S-Bahn-Zügen der Relation Blankenburg - Schönfließ geben.

Für den Bahnhof sollen im Rahmen dieser Planfeststellung vorbereitend verwirklicht werden:

Industriebahn und Heidekrautbahn

Am Kreuzungsbauwerk der Stettiner Bahn (oben) mit dem Berliner Außenring (unten) ist ein neuer Umsteigebahnhof geplant. Beim zweigleisigen Ausbau der Stettiner Bahn sollen schon umfangreiche Vorbereitungen dafür gebaut werden. Wann der neue Bahnhof in Betrieb gehen soll, ist jedoch vollkommen unklar. Foto: Florian Müller

Das Kreuzungsbauwerk mit der Industriebahn Tegel - Friedrichsfelde der Niederbarnimer Eisenbahn zwischen Pankow und Blankenburg soll ersatzlos entfernt werden. Es ist bereits seit längerer Zeit außer Betrieb.

Das heutige Kehrgleis der Heidekrautbahn (Regionalbahn-Linie 27) südlich des Bahnhofes Karow soll entfallen. Stattdessen ist eine Weichenverbindung vom S-Bahn-Gleis zu den Fernbahngleisen geplant. So können die Züge der Heidekrautbahn vom S-Bahnsteig Karow auf die Ferngleise gelangen und nach Gesundbrunnen oder Lichtenberg weitergeführt werden.

Schallschutz

Da es sich planungsrechtlich um eine bedeutende Veränderung handelt, sind lange Schallschutzwände geplant. So soll unter anderem der Abschnitt vom Bahnhof Blankenburg bis zum Karower Kreuz lückenlos „bewandet" werden, die Wandhöhe soll zwei bis drei Meter betragen.

Erneute Auslegung

Aufgrund der Einstellung des bereits 1999 begonnenen Planfeststellungsverfahrens für den gleichen Bereich wurde eine erneute Planauslegung erforderlich. Alle zum alten Verfahren gemachten Einwendungen werden somit als erledigt betrachtet. Sollten sie nun nicht erneut geltend gemacht worden sein, so werden sie nicht berücksichtigt.

Kommentar

Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt die Pläne zum Ausbau und zur Modernisierung der Stettiner Bahn. Es mutet fast erstaunlich an, dass der Senat Regionalbahn-Infrastruktur bestellt. Es ist dabei natürlich der lange Vorlauf der Bestellung und Planung bis zur Planauslegung zu berücksichtigen.

Erst kürzlich wurden aus der Senats-Verkehrsverwaltung noch Ideen laut, Regionalbahnen aus Kostengründen bis an den Stadtrand zurückzuziehen.

Eine Inbetriebnahme des Bahnhofes ist aber derzeit nicht abzusehen. Da er fast ausschließlich von Umsteigern genutzt werden würde, ergibt eine Teilinbetriebnahme keinen Sinn. Insofern steht dieser Bahnhof auch nicht an oberster Stelle der wichtigen neuen Bahnhöfe (Stichwort Kolonnenstraße).

Der geplante S- und Regionalbahnhof Karower Kreuz. Zeichnung: Florian Müller

Der Fortfall des Kehrgleises der Heidekrautbahn und der Nutzung der S-Bahnsteig-Kante am Bahnhof Karow bedeutet, dass Heidekrautbahn-Züge in Richtung Innenstadt zwangsläufig durchgebunden werden müssen. Dabei ist eine Einfädelung in den laufenden Fern-/Regionalverkehr nötig. Eventuell auftretende Wartezeiten am S-Bahnsteig können somit den S-Bahn-Verkehr blockieren. Eine weitergehende Lösung erscheint aber in diesem Fall vom Aufwand her nicht angemessen.

Durch die Schallschutzwände wird für die Fahrgäste das Erlebnis Bahnfahren erheblich beeinträchtigt, denn der Blick vom Bahndamm auf die vorbeiziehende Landschaft wird durch hässliche, bald beschmierte Wände blockiert werden.

Entsprechend versteckt sich - von außen betrachtet - die in diesem Gebiet stadtbildprägende Eisenbahn nicht nur akustisch, sondern auch optisch hinter grauen Mauern. Ob das wirklich im Sinne aller Anwohner ist, sei derem Urteil überlassen.

Einwendungen

Wie erwähnt, soll der vorzubereitende Turmbahnhof Karower Kreuz an der Stettiner Bahn (oben) einen Mittelbahnsteig bekommen, an dessen einer Kante die Regionalbahnen Richtung Nordkreuz und an der anderen Kante die S-Bahnen nach Bernau halten würden. Die Länge des Bahnsteiges ist mit 140 Metern angegeben. Das ist für S-Bahn-Vollzüge mit acht Wagen nicht ausreichend. Hierfür sind 152,5 Meter üblich. Die vorzubereitenden S-Bahnsteige sollten entsprechend von Acht-Wagen-Zügen genutzt werden können.

Darüber hinaus sollte untersucht werden, ob anstatt der geplanten drei oberen Bahnsteige des Bahnhofes Karower Kreuz an der Stettiner Bahn (ein Mittelbahnsteig und zwei Seitenbahnsteige) es nicht sinnvoller ist, zwei Mittelbahnsteige anzulegen. Dadurch reduzieren sich die nötigen Ausstattungskosten und Betriebskosten (vier statt sechs Zugangsbauwerke bzw. Aufzüge, Bahnsteigmöblierung, Fahrgastinformation usw.) und die ganze Bahnsteiganlage wird für den Fahrgast übersichtlicher.

Der Komfortverlust durch den Fortfall der Möglichkeit des bahnsteiggleichen Übergangs von S-Bahnen von Nordkreuz/Gesundbrunnen zu Regionalbahnen nach Gesundbrunnen dürfte minimal sein.

Die vorzubereitenden Seitenbahnsteige des Bahnhofes Karower Kreuz am Berliner Außenring (unten) sollten ebenfalls für 8-Wagen S-Bahn-Züge nutzbar sein (Länge und Höhe), um einem möglichen Einsatz von Duo-S-Bahn-Fahrzeugen nicht entgegenzustehen (siehe Signal 4/2003 , Seite 28).

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 6/2003 (Dezember 2003/Januar 2004), Seite 27-28