Brandenburg
1. Jan 2004
Am 14. Dezember 2003 endet der fahrplanmäßige Personenverkehr auf dem Abschnitt Brandenburg - Belzig der Brandenburgischen Städtebahn. Bereits am 3. Dezember 2003 fand zu dieser doch recht schnellen Abbestellung durch das Land Brandenburg im Schloss Reckahn ein Runder Tisch statt, an dem sowohl Verwaltung, Politik, betroffene Bürger und der Deutsche Bahnkunden-Verband teilnahmen.
Der Ort hätte nicht besser gewählt werden können. Das Schloss Reckahn beherbergt eine sehenswerte Ausstellung zum Leben und Wirken des Schulreformators Friedrich Eberhard von Rochow. Die Dauerausstellung dort, die den Titel „Vernunft fürs Volk" trägt, müsste manchem Beteiligten als Provokation in den Ohren geklungen haben. Denn mit Vernunft hat die überstürzte Abbestellung wirklich nichts zu tun. Während sich das Bundesministerium für Verkehr seit etwa zwei Jahren mit einer unabhängigen Untersuchung ein realistisches Bild über die Möglichkeiten zum Erhalt und zur Förderung des Tourismus ein Bild machen will und das Ergebnis für das Frühjahr 2004 angekündigt ist, setzte sich das Landesverkehrsministerium und die Landkreis-Verwaltung Potsdam-Mittelmark über solches Engagement hinweg und schaffte kurzerhand Fakten. Unterstützt wurden beide, die aus ihrer Abneigung gegen die Städtebahn nie einen Hehl machten, durch ein Gutachten des Berliner IVU-Institutes. In diesem eiligst zusammengetragenen Gutachten wurde ausschließlich die Busverbindung, die (wie sollte es auch anders üblich sein!) parallel zur Bahn verkehrt, untersucht.
Der Vertreter aus dem Bundesverkehrsministerium verbat sich in der Diskussion, dass das Brandenburgische Verkehrsministerium die Abbestellung mit dem Ergebnis der vom Bund in Auftrag gegebenem Gutachten rechtfertige. Das Ergebnis dieser Untersuchung, wie bereits erwähnt, liegt noch gar nicht vor! Die Tendenz der Untersuchung, so der Vertreter aus dem Bundesverkehrsministerium, sei aber, keineswegs negativ.
Wenn nun innerhalb von nicht einmal drei Monaten die Stillegung nicht nur vorangetrieben sondern auch durchgeführt wurde, zeigt dies nach Ansicht des Regionalverbandes Potsdam-Mittelmark das Desinteresse des Landes und zahlreicher Kreisverwaltungen an einem funktionierenden Bahnverkehr in der Fläche. Der Beschluss des Kreistages, den Bahnverkehr zu priorisieren und eine Abstimmung mit Busverkehren herzustellen, hat die Kreisverwaltung erfolgreich hintertrieben und damit gleichzeitig dem Bestreben der Landespolitik in die Arme gespielt, alle Zweigstrecken, die nicht auf Berlin zuführen, langfristig abzubestellen.
Nach dem Runden Tisch jedenfalls bot die stellvertretende Landrätin dem Bahnkunden-Verband die Zusammenarbeit beim Erhalt und der Wiederbelebung des Städtebahn-Abschnitts Brandenburg - Belzig unter Einbeziehung von Güter- und Tourismusverkehr an. Vielleicht erlebt ja die Städtebahn auf diesem Abschnitt noch ihren 100. Geburtstag, der im kommenden April gefeiert werden soll?!
DBV Brandenburg
aus SIGNAL 6/2003 (Dezember 2003/Januar 2004), Seite 31