International
EU-Kommissarin Loyola de Palacio denkt über mehr Verbraucherschutz für Bahnreisende nach.
1. Jan 2004
So soll nach dem Willen der Europäischen Kommission für die Bahngesellschaften die Verpflichtung eingeführt werden, bei Verspätung von mehr als einer Stunde den vollen Fahrpreis zu erstatten. Dagegen regt sich naturgemäß der Widerstand der Bahngesellschaften. Fürchten sie doch erhebliche betriebswirtschaftliche Probleme, sollten die Schadenersatzleistungen größere Dimensionen annehmen. Kein Wunder in einer Bahnwirklichkeit, in der Verspätungen an der Tagesordnung sind. Angesichts dieses für die Bahnen bedrohlichen Ansinnens der Kommission sind die Eisenbahnen nun bereit, den Zugreisenden entgegenzukommen, will man dadurch doch eine Ausweitung des staatlichen Verbraucherschutzes verhindern.
Johannes Ludewig, Generalsekretär der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen, lässt verlauten: „Wir werden unsere Selbstverpflichtung zugunsten der Passagiere kontinuierlich weiterentwickeln." Dies soll im Gespräch mit den verschiedenen Fahrgast- und Verbraucherverbänden erreicht werden. Wie weit diese Selbstverpflichtung geht, ist aber zur Stunde noch offen.
„Wenn Europas Bahnen ihre Selbstverpflichtung nicht bis Herbst 2003 nachbessern, schlagen wir eine Regelung vor", ist aus dem Büro de Palacios zu hören. Bedrohlich! Zumal die Bahnen keinen Hang zum Konkreten verspüren. Tatsächlich sprechen sie vage von Entschädigungen, die eventuell in Geld zu leisten seien. Zu wenig an Zusage, finden die EU-Kommission und sicher auch die Vertreter der geplagten Kunden. Es bleibt abzuwarten, was unter dem Strich herauskommt. Seitens des Europäischen Fahrgast-Verbandes (EFV) war zu hören, dass de Palacios Vorgehen sich zunächst einmal verlangsamt hat - in diesem Jahr wird es wohl nichts mehr.
Im Nachsatz wäre jedoch zu berichten, dass die Deutsche Bahn AG nach Aussage der Stuttgarter Zeitung bei mehr als 30 Minuten Verspätung ein Fünftel des Fahrpreises zurückerstatten will, bei viel späterer Ankunft soll es 50 Prozent zurückgeben. Die DB wollte sich zu diesem Bericht nicht näher äußern. Es wird jedoch verlautbart, dass aufgrund des Drucks aus Brüssel zwischen Bahn und Bundesregierung Gespräche über eine Neuregelung stattfinden sollen.
DBV Bundesverband
aus SIGNAL 6/2003 (Dezember 2003/Januar 2004), Seite 38