Brandenburg

Licht und Schatten

Busverkehr in Teltow mit der S-Bahn-Eröffnung angepaßt


IGEB Stadtverkehr

1. Mai 2005

Anläßlich der Verlängerung der Berliner S-Bahn von Licherfelde Süd nach Teltow am 24. Februar 2005 wurde sinnvollerweise das Teltower Busnetz in seiner Linienführung und Fahrplangestaltung überarbeitet und auf den neuen Bahnhof ausgerichtet. Doch insbesondere bei der Fahrplangestaltung besteht noch erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Am Anfang, noch vor der Betriebsaufnahme der S 26, stand erst einmal ein Rückschritt. Mit der Einstellung der Buslinie 602 auf dem Abschnitt zwischen Teltow und Schönefeld ging eine traditionsreiche Tangetialverbindung südlich von Berlin verloren. Diese Linie hatte trotz der Regionalbahn auf dem südlichen Außenring große Bedeutung für die Erschließung der bahnfernen Siedlungen und für die direkte Anbindung an das Oberzentrum Potsdam. Zu DDR-Zeiten als D 1 teilweise alle 20 Minuten auf der Gesamtstrecke Schönefeld—Potsdam unterwegs, wurde in der Nachwendezeit das Angebot auf einen Stundentakt an Werktagen ausgedünnt und der durchgehende Betrieb am Wochenende ganz eingestellt.

Buslinie 602 über Nacht gekappt

Besonders die Art der Betriebseinstellung ist für die Fahrgäste nicht akzeptabel. Im VBB-Fahrplanbuch für 2005 ist eine Fortführung der Bedienung inclusive Fahrplananpassung an die neue S 26 enthalten. Tatsächlich aber wurde nach dem 30. Dezember 2004 zwischen Flughafen Schönefeld und Teltow (Regionalbahnhof) nicht mehr gefahren - ohne ein Mindestmaß an Fahrgastinformation. Auch die Haltestellen, die nun von der Linie 704 Teltow—Großbeeren—Blankenfelde—Dahlewitz angefahren werden, verloren damit die Direktverbindungen nach Potsdam und Schönefeld. Außerdem ist der Ort Mahlow nicht mehr in diese Verbindung einbezogen. Wie überall sind auch hier fehlende Finanzen der Auslöser dieser Verschlechterung. Hinzu kam der Umstrukturierung der ÖPNV-Finanzierung. Seit Jahresbeginn überweist das Land seine Mittel vollständig direkt an die Kreise und kreisfreien Städte, die die Aufgabenträger sind. Eine Buslinie wie die 602, die über mehrere Kreisgrenzen führte, hat unter diesen Bedingungen in Brandenburg jetzt schlechte Karten. Der Autoverkehr, den die Kreisgrenzen nicht stören, zeigt in seiner Dichte auf dieser Relation deutlich das Potenzial, das der 602er bei akzeptablem Angebot erschließen könnte.

Deshalb muß nun nach neuen Lösungen gesucht werden, denn es ist nicht hinnehmbar, daß Orte wie Mahlow, Teltow und Stahnsdorf völlig von der direkten Verbindung mit dem Bahnhof und Flughaben Schönefeld abgeschnitten sind. Will man eine durchgehende Verbindung von Potsdam bis Schönefeld wegen der indirekten Parallelität zur Regionalbahn 14 vermeiden, sollte es wenigstens eine Verbindung Teltow—Schönefeld geben, zum Beispiel in Form einer verlängerten Linie X10 (Bahnhof Zoo—) Zehlendorf Eiche—Teltow Stadt—Mahlow—Flughafen Schönefeld.

Tagsüber Zubringer zur S-Bahn

Mit der Inbetriebnahme der S 26 nach Teltow Stadt wurde das Busnetz in Teltow und Umgebung erheblich verändert zugunsten einer Zubringerfunktion zum S-Bahnverkehr. Doch bei der Fahrplangestaltung gibt es noch Nachbesserungsbedarf. So kommen die Bahnen aus Berlin zu den Minuten 10, 30 und 50 an, während die verkürzte Linie 602 Richtung Teltow/Zentrum—Potsdam sonnabends und abends zur Minute 51 abfährt. Eine Minute Übergangszeit ist jedoch zu wenig! Noch schlechter sieht es im Nachtverkehr aus, wo gute Anschlüsse besonders wichtig sind. Die S-Bahn kommt zur Minute 21 an, der N 12 nach Zehlendorf fährt zur Minute 17 ab - Kommentar überflüssig. Auch der N 43 (Beelitz—Potsdam—Teltow) ist eine „Fehlleistung" Er fährt in denselben Nächten wie die S 26, erreicht diese aber nicht, weil er 5 Minuten vor dem S-Bahnhof an der Warthestraße endet.

Abends kein Anschluß

In der Woche müssen S-Bahnfahrgäste bis 19.30 Uhr in Teltow Stadt angekommen sein, um noch einen Busanschluß ins Teltower Zentrum mit jeder S-Bahn zu erreichen. Am Wochenende liegt diese Grenze am Sonnabend um 15.30 Uhr. Danach fahren zwei von drei S-Bahnen pro Stunde „ins Leere".

Die IGEB stellt sich einen attraktiven ÖPNV im Berliner Umland anders vor. Auch abends und am Wochenende muß es von jeder S-Bahn einen Bus ins Stadtzentrum geben. Um dabei nicht zu viel der knappen Mittel im ÖPNV für den Stadtverkehr zu verbrauchen, ist auf jeden Fall eine Entzerrung der Fahrplantakte der Linien 117 und 601 zwingend. Zur Zeit wird der S-Bahnhof Teltow Stadt durch diese beiden Linien in der Schwachverkehrszeit (SVZ) in nahezu identischer Zeitlage bedient. Das führt zu der Unsinnigkeit, daß eine Stunde überhaupt kein Bus kommt und dann zwei Busse hintereinander auf derselben Route vom S-Bahnhof durch den Ort Teltow bis zum Umsteigeknotenpunkt Warthestraße verkehren. Grund ist die Anschlußsicherung der im Raum Stahnsdorf/Kleinmachnow/Teltow verkehrenden Linien an der Warthestraße.

Neue Fahrplankonzepzion nötig

So sinnvoll diese Fahrplanvariante bislang auch war, durch die verkehrliche Veränderung nach Inbetriebnahme der S 26 müssen völlig neue Linien- und Fahrplankonzeptionen für diesen an das Berliner Stadtgebiet anschließenden, bereits über 50.000 Einwohner zählenden und noch wachsenden Raum her. Dazu gehört zweifellos auch das Hinterfragen aller Linienführungen in diesem Bereich. Die jetzige Linienführung der Linie 117 erscheint Überdenkenswert, gleiches trifft auch für die Linien 623 und 629 zu, obwohl beide Busse den S-Bahnhof nicht berühren.

Der neue Expreßbus X 1 bietet eine schnelle Verbindung vom S-Bahnhof Teltow Stadt zum Potsdamer Hauptbahnhof im 30-Minuten-Takt. Allerdings fährt er nur im Berufsverkehr. Foto: Florian Müller

Richtig war die Verlagerung der Hauptlast auf die am stärksten nachgefragte Linie 601. Hier wird zumindest werktags im 20-Minuten-Takt gefahren. Dazu gibt es noch Verstärker durch den 602er und X 1er. Hier sollte es einen Ansatzpunkt zur Ausdehnung dieses Taktgefüges auch in der SVZ geben. Parallelität mit anderen Linien in Teltow darf es zu diesen Zeiten natürlich nicht geben, aber eine 601 E, z. B. vom Bahnhof Teltow (Regionalbahn) bis Stahnsdorf, Bahnhofstraße, erscheint denkbar. Die anders verkehrenden Linien sollten in ihren Linienführungen und Fahrplantakten auf diese Hauptlinie ausgerichtet werden. So kann ohne nennenswerte Mehrleistung eine Erschließung der drei Gemeindebereiche untereinander, mit Berlin-Zehlendorf und, ggf. mit Umsteigen in die Linie 601, zur S-Bahn nach Teltow Stadt hergestellt werden. Auch die örtliche Teltower Linie 622 sollte in diesem Zusammenhang auf ihren verkehrlichen Sinn überprüft und, mindestens taktmäßig, in das Gesamtkonzept eingegliedert werden.

Endstation Kreisgrenze

Verbesserungsbedürftig ist auch die ÖPNV-Anbindung der östlich in unmittelbarer Nähe gelegenen, aber zum Kreis Teltow-Fläming gehörenden Gemeinde Großbeeren, mit ihrem großen Gewebegebiet. Nach der handstreichartigen Einstellung der Linie 602 gibt es zwar immerhin den neuen 704er, der - das zumindest ist löblich - eine Verbindung vom S-Bahnhof Teltow Stadt ins benachbarte Großbeeren herstellt. Aber wie oft und wann? Brandenburger Überlandverkehr eben: zeitweise stündlich, zeitweise auch gar nicht (Wochenendruhe).

Im Übrigen stünde es den Landkreisen und Verkehrsbetrieben gut zu Gesicht, wenn sie bei so weitreichenden Umstrukturierungen im Busnetz künftig die Fahrgäste nicht mehr vor vollendete Tatsachen stellten. Es muß keineswegs eine so aufwändige Kampagne sein wie vor der Einführung von „BVG 2005 plus", aber so kurzfristige Änderungen ohne jede Öffentlichkeitsinformation wie bei der Linie 602 darf es nicht mehr geben.

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 2/2005 (April/Mai 2005), Seite 17-18