Brandenburg
Kleine Anfrage vom 9. November 2004
1. Mai 2005
Antwort zu 1. und 2.: Die Finanzierungszusage des Bundes zur Grunderneuerung des Berliner S-Bahnnetzes besteht fort.
Mit der im Dezember 2002 abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung „Sammelvereinbarung Nr. 14/2002 Grunderneuerung der S-Bahn Berlin" erklären der Bund und die DB AG die Grunderneuerung der S-Bahn Berlin fortzuführen. Ziel ist, das Netz der S-Bahn Berlin zum Bezugszeitpunkt vom 12. August 1961 weitestgehend wiederherzustellen und das zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung von der Deutschen Reichsbahn betriebene Netz zu sanieren und zu modernisieren.
Nach Auskunft der DB AG sind bis November 2002 insgesamt 92 km Strecke und mehr als 40 Haltepunkte wieder hergestellt bzw. grunderneuert worden sowie große Teile des am 3. Oktober 1990 betriebenen Netzes grunderneuert.
Nach aktueller Auskunft der DB AG werden im Zeitraum 2003 bis 2007 gemäß Anpassungsvereinbarung vom November 2004 zwischen Bund und der DB AG über die Aktualisierung bestehender Finanzierungsvereinbarungen die Mittel der Sammelvereinbarung 14 für die Grunderneuerung der S-Bahn Berlin gegenüber dem ursprünglichen Ansatz um rund 120 Millionen Euro, von 672 Millionen Euro auf cirka 552 Millionen Euro reduziert.
Nach Aussage der DB AG können damit gleichwohl folgende wesentlichen Vorhaben zur Ausführung kommen:
Zum Mitteleinsatz und der zeitlichen Einordnung der Projekte hat die DB AG keine Angaben übermittelt.
Antwort zu 3.: Über die Grunderneuerung der S-Bahn im Sinne der SV 14/2002 hinausgehende Maßnahme ist nach dem Stadtentwicklungsplan Verkehr - StEP die Verbindung vom Nordring zum Hauptbahnhof Lehrter Bahnhof (S 21). Die Trasse der Osthavelländischen Eisenbahn (OHE) wird nach StEP nicht als S-Bahn aktiviert. Eine Aktivierung dieser Trasse für den Eisenbahnregionalverkehr ist allerdings nur sehr langfristig denkbar und ist im StEP-Verkehr daher für den Zeitraum bis 2030 nur als „Trassenfreihaltung" enthalten.
Antwort zu 4.: Aufgrund der Netzabhängigkeiten ist die Zusammenarbeit zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin zwingend erforderlich. Die Länder Brandenburg und Berlin arbeiten länderübergreifend eng zusammen, wenn es um die Entwicklung der Verkehrsnetze in Berlin und im Umland geht. Insbesondere arbeiten sie bei der Planung und Finanzierung von Verkehrsbauten und bei der Planung und Bestellung von SPNV-Leistungen eng zusammen.
Antwort zu 5. und 6.: Im Rahmen der vom Bund beauftragten „Untersuchungen zum Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Korridor Spandau—Nauen, Berlin 2001" wurde auch die Erweiterung des Regionalverkehrskonzeptes in Verbindung mit einem dritten Nahverkehrsgleis Spandau—Falkensee geprüft. Unter den vom Bund und der DB AG vorgegebenen Randbedingungen wurde als Ergebnis ein negativer Gesamtnutzen für diese Infrastrukturmaßnahme ermittelt. Der Bund sieht daher keinen Handlungsbedarf für ein drittes wechselstrombetriebenes Gleis.
Berlin und Brandenburg befürworten die Verlängerung der S-Bahn über Spandau hinaus nach Falkensee als reine Gleichstrom-Bahn, da nur unter diesen Bedingungen ein stabiler, von Fern- und Regionalverkehr unabhängiger Fahrplantakt garantiert werden kann. Als Voraussetzung für die Finanzierung im Rahmen der Grundsanierung fordert der Bund für diese Gleichstrom-S-Bahn den Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Die Länder Berlin und Brandenburg haben im Einvernehmen mit dem Bund mit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Verlängerung der Gleichstrom-S-Bahn von Spandau nach Falkensee begonnen.
Antwort zu 7.: Bei Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels ist die Anbindung des Bahnhofs Flughafen Schönefeld durch den Tunnel wegen fehlender Infrastruktur noch nicht möglich: Die Dresdner Bahn sowie die Mahlower Kurve stehen im Jahre 2006 für die Anbindung des Flughafens Schönefeld noch nicht zur Verfügung. Eine Führung über die Anhalter Bahn scheidet ebenfalls aus, weil die Verbindungskurve Anhalter Bahn/Berliner Außenring nicht über die erforderliche Kapazität verfügt, um die Regionalbahn im 30-Minuten-Takt neben den geplanten Fernverkehrsangeboten zu bewältigen.
Außerdem müssen die Linienführungen des schienengebundenen Regionalverkehrs wegen der Inbetriebnahme des Eisenbahn-Nord-Süd-Tunnels ab Mai 2006 angepaßt werden. Unter anderem stehen dann die Linien RE 4 und RE 5 wegen einer veränderten Linienführung nicht mehr für die Flughafenanbindung zur Verfügung. Es werden daher zusätzliche Regionalverkehrsleistungen für die Anbindung der Berliner Innenstadt an den Flughafen Schönefeld über die Stadtbahn erforderlich.
Diese müßten aus Sicht des Landes Berlin durch Abbestellungen von anderen Regionalverkehrsleistungen kompensiert werden. Der Senat hat vorgesehen, dafür u.a. die RB 10 von Charlottenburg nach Spandau zurückzuziehen. Auch künftig wird eine RE-Linie, über Nauen geführt, in Falkensee und Spandau halten. Diese RE-Linie wird über den Nord-Süd-Tunnel nach Süden ins Land Brandenburg geführt. Das konkrete Linienkonzept 2006 (nach Tunnelöffnung) befindet sich derzeit in Abstimmung mit dem Land Brandenburg. Nur unter diesen Randbedingungen kann Berlin ab Mitte 2006 ein attraktives und nachfragegerechtes Regionalbahnangebot bestellen und finanzieren.
Berlin, den 5. Januar 2005 Staatssekretärin Maria Krautzberger Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
[IGEB] Es ist immer wieder erstaunlich, daß wichtige Informationen vom Senat so lange vorenthalten werden, bis zum Beispiel eine Kleine Anfrage zur Offenlegung zwingt. Dies gilt bei den vorstehenden Antworten insbesondere für die Information, daß „nach aktueller Auskunft der DB AG ... im Zeitraum 2003 bis 2007 gemäß Anpassungsvereinbarung vom November 2004 zwischen Bund und der DB AG ... die Mittel ... für die Grunderneuerung der S-Bahn Berlin gegenüber dem ursprünglichen Ansatz um rund 120 Millionen Euro, von 672 Millionen Euro auf cirka 552 Millionen Euro reduziert" wurden. Ungeheuerlich!
Und was hat der Berliner Senat dagegen getan? Hat sich die DB AG gewehrt? Zugegeben: Geändert hätte sich im konkreten Fall wahrscheinlich wenig. Aber der Bund hätte im Hinblick auf künftige Auseinandersetzungen wenigstens spüren müssen, daß Berliner Senat und DB AG nicht jede Unverschämtheit lammfromm abnicken.
Daß der Berliner Senat auch anders kann, hat er bei den Auseinandersetzungen um die Verbreiterung der Marienfelder Allee gezeigt, für die in kürzester Zeit Planungsrecht geschaffen und eine Finanzierung durch den Bund erkämpft wurde. Doch wenn es um den Schienenverkehr geht, bleiben Politik und Verwaltung passiv.
So bleibt dem frustrierten Fahrgast derzeit nur die Hoffnung, daß die aktuelle Feinstaubdebatte den Blick für die Schädlichkeit des Autoverkehrs und die Notwendigkeit von attraktivem Schienenverkehr bei den Verantwortlichen zumindest ein wenig schärft.
Claudia Hämmerling (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
aus SIGNAL 2/2005 (April/Mai 2005), Seite 18-19