Verkehrsrecht & Tarife

Schlichtungsstelle für Konflikte mit Verkehrsunternehmen

Seit einem guten halben Jahr gibt es die Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD - hier stellt sie sich vor.


Schlichtungsstelle Mobilität

1. Sep 2005

Die Schlichtungsstelle vermittelt in Streitfällen zwischen Fahrgästen und Verkehrsunternehmen, bevor es zum Rechtsstreit kommt. Es sind alle Probleme von Interesse, die rund um eine Zug-, Bus-, Flug- oder Schiffsreise entstehen können: Verspätung, Überbuchung, verpasste Anschlüsse, falsche Informationen, zu teure Tickets, zu hohe Gebühren, mangelhafter Service etc. Die Schlichterinnen beim VCD kümmern sich um alle Angelegenheiten, die im Fernverkehr zu Schwierigkeiten geführt haben.

Einzige Voraussetzung für das Anrufen der Schlichtungsstelle ist, dass die Reisenden zunächst direkt beim betreffenden Anbieter Beschwerde einlegen. Wer dort erfolglos war, mit dem Ergebnis der Beschwerde unzufrieden ist oder innerhalb von vier Wochen keine Antwort bekommen hat, kann sich an die Schlichtungsstelle Mobilität wenden. Nachdem die Unterlagen bei der Schlichtungsstelle eingegangen sind (per E-Mail, Post oder Fax), wird ein neutraler Schlichtungsvorschlag erarbeitet. Dieser Vorschlag wird gleichzeitig an die Beschwerdeführerin und an das Verkehrsunternehmen gesandt. Beide Beteiligten haben dann vier Wochen Zeit, den Schlichtungsvorschlag anzunehmen.

Der Aufgabenbereich des Projektes, das vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft finanziert wird, ist in verschiedener Hinsicht eingegrenzt. Da sich der Auftrag auf den öffentlichen Fernverkehr bezieht, werden keine Fälle des Nahverkehrs und keine Pauschalreisen behandelt.

Zahlen, Daten, Fakten

Vom ersten Tag an erreichten uns zahlreiche Anliegen. In der Folgezeit schwankten die Nachfrage und die Verteilung auf Verkehrsmittel und Beschwerdeanlässe teilweise beträchtlich.

Das erste Zwischenfazit im März 2005 ergab ein Schwergewicht im Bahnverkehr. Im Laufe der Zeit spielt aber auch der Flugverkehr eine bedeutendere Rolle, ist inzwischen sogar beinahe genauso häufig Konfliktauslöser wie der Bahnverkehr. Dagegen werden Angelegenheiten aus dem Bus- oder Fährverkehr nur vereinzelt an uns herangetragen.

Insgesamt haben wir bis Mitte Juli über 1000 Kontakte mit Beschwerdeführerinnen gezählt. Daraus haben sich 920 Fälle ergeben, von denen bisher 690 abgeschlossen werden konnten. Abgeschlossen ist ein Fall dann, wenn Reisende beispielsweise auf eine allgemeine Anfrage eine fachkundige Antwort erhalten haben, mangels Zuständigkeit weiterverwiesen werden mussten oder aber ein Schlichtungsvorschlag unterbreitet wurde.

Bei der Bahn sind am häufigsten Probleme durch Verspätung Anlass für Beschwerden, häufig in Kombination mit Folgekosten (z.B. verpasste Anschlussreisen). Die genaue Verteilung sah zum Zeitpunkt der ersten Bestandsaufnahme wie folgt aus, bezogen auf alle abgeschlossenen Fälle, die den Eisenbahnverkehr betrafen:

Bei der Bearbeitung der Beschwerden, die die Bahn betreffen, und den ggf. erfolgenden Schlichtungsvorschlägen ist die Kooperationsbereitschaft der DB AG bisher sehr hoch. Hervorzuheben ist hierbei die gute Zusammenarbeit mit der Abteilung „Kundendialog"

Erste Erfolge und kommende Aufgaben

Neben der Hilfestellung, die die individuellen Fahrgastanliegen sehr häufig zu akzeptablen Lösungen geführt hat, sind weitere positive Entwicklungen im Sinne einer Besserstellung der Nutzerinnen ablesbar.

Die KundInnenposition wird generell gestärkt. Die Durchsetzung der aktuellen Fahrgastansprüche wird erheblich erleichtert - nicht allein dadurch, dass man keine Gerichtskosten riskieren muss.

Die Qualität der Beschwerdereaktionen von Verkehrsunternehmen wird gehoben. Die von uns geleistete Auseinandersetzung mit dem individuellen Fall schafft Beurteilungen, die in der Regel präziser sind als die aus dem „Massengeschäft" hervorgehenden Antworten.

Es wird aber auch darauf hingewiesen, wenn Forderungen von Beschwerdeführerinnen als zu weit gehend erscheinen. Aufgrund der neutralen Stellung der Schlichtungsstelle kann dies eine überzeugendere Wirkung haben, als wenn diese Aussage vom beschuldigten Verkehrsunternehmen getroffen wird.

Durch den vielfachen Kontakt mit Fahrgästen, die sich ungerecht behandelt fühlen bzw. ungerecht behandelt worden sind, und der intensiven Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte der Konfliktursachen, erarbeiten wir uns auch die Kompetenz, qualifizierte Hinweise auf Schwachstellen im System geben zu können. Wovon Gebrauch gemacht wird, indem entsprechende Hinweise an die betroffenen Verkehrsunternehmen sowie an Politik und Ministerium gegeben werden.

Nicht zu vergessen: Gerichte werden durch außergerichtliche Einigungen entlastet.

Auch in Zukunft wird im Kern weiterhin die Fall-Bearbeitung stattfinden. Nach wie vor gehört auch die Recherche der Anspruchsgrundlagen und rechtlichen Hintergründe zur begleitenden Aufgabe der Fallbearbeitung.

Zu den begleitenden Aufgaben gehört jedoch vor allem das Bekanntmachen der Schlichtungsstelle. Dazu werden wir diverse Werbemedien nutzen, das Internet als Plattform intensiver einsetzen, eine Fachveranstaltung am 17. November 2005 abhalten und Präsentationen durchführen - u. a, auf den kommenden Schienenverkehrs-Wochen am 23. September 2005 um 19 Uhr im Fahrgastzentrum Berlin im Bahnhof Jannowitzbrücke.

Schlichtungsstelle Mobilität

aus SIGNAL 4/2005 (August/September 2005), Seite 22-23