Verkehrsrecht & Tarife

Unternehmensübergreifender SPNV-Tarif


DBV Recht

1. Sep 2005

Im Juni 2005 fand in Erfurt eine Vollversammlung des Personen-Tarifverband der Deutschen Bundeseigenen und Nichtbundeseigenen Eisenbahnen (TBNE) statt. Es waren Vertreter von 21 Mitgliedsbahnen sowie Vertreter des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der DB AG anwesend. Wie wirkt sich die Tätigkeit des TBNE auf die Zusammenarbeit der bisher existierenden und der neu entstehenden Eisenbahnverkehrsunternehmen aus?

Seit der Existenz von Eisenbahnen unterschiedlicher Eigentumsstrukturen in Deutschland war es notwendig, dass zur Vereinfachung der Abfertigung und der Tarife im Personenverkehr und Güterverkehr die Eisenbahnverwaltungen zusammenarbeiteten, gemeinsame Richtlinien ausarbeiteten und vervollkommneten. Zum einen sollten den Fahrgästen des Fernverkehrs nahtlose Übergänge auf Anschlusszüge des Regionalverkehrs und umgekehrt ermöglicht werden, zum anderen sollten durch ein internes Verfahren der Abrechnungen zwischen den beteiligten Eisenbahnen die Fahrgeldeinnahmen entsprechend den jeweils erbrachten Leistungen verteilt werden.

Der TBNE ist der Tarifverband, der laut seiner Satzung die Aufgabe wahrnimmt „...durchgehende Tarife aufzustellen und direkte Abfertigung einzurichten." Die Geschäftsführung des TBNE liegt gegenwärtig in den Händen der DB Regio AG. Ort und Zeitpunkt einer Vollversammlung bestimmt sie im Einvernehmen mit dem VDV. Der VDV vertritt die Interessen der Mitgliedsbahnen gegenüber der geschäftsführenden Bahn außerhalb der Tätigkeit der Vollversammlung und der Ausschüsse. Die Stimmenverteilung der Mitgliedsbahnen in der Vollversammlung richtet sich nach einem bestimmten Einnahmeanteil des zuletzt abgeschlossenen Kalenderjahres. Mit grundsätzlichen Angelegenheiten sowie der Fortbildung des Verbandstarifes und zur Behandlung von Fragen der Abfertigung, der Beförderung und der Abrechnung befassen sich Ausschüsse.

Anstoßverkehr und Parallelverkehr

Gegenwärtig konzentriert sich die Tätigkeit des TBNE auf zwei Bereiche: zum einen den Wechselverkehr (auch als Anstoßverkehr bezeichnet) mit anschließenden Bahnen, zum anderen den Parallelverkehr von unterschiedlichen Bahnen auf denselben Streckenabschnitten. Der TBNE bemüht sich darum, dass möglichst viele Nichtbundeseigene Eisenbahnen (NE) die Fahrpreise und Beförderungsbedingungen der DB AG anwenden, damit diese Tarifbestandteile für die Fahrgäste überschaubar bleiben. Das schließt regionale Abweichungen nicht aus.

Beim Wechselverkehr ist zu berücksichtigen, dass die Preistafel der DB AG degressiv gestaltet ist: Je größer die Entfernung, desto niedriger wird der Preis pro Kilometer. Daher ist durch entsprechende interne Vereinbarungen zwischen den Bahnen zu sichern, dass der Gesamtpreis einer Fahrkarte im Innenverhältnis leistungsadäquat zwischen den beteiligten Bahnen aufgeteilt wird.

Bei Parallelverkehren kommt es darauf an, dass alle Fahrausweise für die jeweilige Strecke gegenseitig anerkannt werden und ein vernünftiger Modus für die interne Fahrgeldaufteilung gefunden wird.

Verbindliche Preise

Für die künftige Gestaltung der Arbeit legte auf der Erfurter Tagung der TBNE die Entwürfe eines „Eckpunktepapiers" und von „Musterverträgen für Tarif- und Vertriebskooperationen" vor.

Zu dem Eckpunktepapier schlägt der TBNE vor, einen unternehmensübergreifenden SPNV-Tarif einzuführen, „... um für die Kunden den Zugang zum System Bahn einfach zu gestalten und eine freie Wahl der Züge des SPNV mit einheitlichem Tarif zu gewährleisten. Der gemeinsame SPNV-Tarif dient auch der verbundübergreifenden Preisbildung und kann eine Orientierungsgrundlage für Ausschreibungen und Verbundtarife bilden." Dieser Tarif soll aus verbindlichen Preisen sowie einheitlichen Beförderungsbedingungen bestehen. Als Basis einer gemeinsamen und durchgehenden Preisbildung sollen die Preise und Beförderungsbedingungen der DB AG für den Nahverkehr (Produktklasse C) dienen. Für den Vertrieb der Fahrausweise bietet die DB AG an, ihn über das ab 1. Juli 2005 neu gegründete Service-Center DB Personenverkehr GmbH auf vertraglicher Basis zu übernehmen.

Die Tarif- und Verkehrskooperation im SPNV ist dort wichtig, wo bereits Parallelverkehre auf gleichen Strecken existieren. Es wurden dazu Muster-Kooperationsverträge vorgestellt und zur Anwendung empfohlen. Diese bilateralen Verträge sollen später in Richtung des einheitlichen SPNV-Tarifes weiterentwickelt werden.

Durchlösen zur Döllnitzbahn

Für die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH in ihrer Funktion als Eisenbahnverkehrsunternehmen werden in diesem Jahr lediglich die Bahnhöfe der Döllnitzbahn vom TBNE erfasst. Wenn im Jahre 2006 die regulären Personenverkehre auf der Niederlausitzer Eisenbahn und auf der Jeetzeltalbahn (Lüchow—Dannenberg Ost) wieder aufgenommen werden, können auf der Basis des TBNE Fahrkarten nach und von allen Bahnhöfen (Tarifpunkten) dieser Strecken nach und von allen Bahnhöfen in Deutschland - soweit deren Bahnen dem TBNE angeschlossen sind - ausgestellt werden.

DBV Recht

aus SIGNAL 4/2005 (August/September 2005), Seite 23