Aktuell
Anlässlich des Jubiläums 25 Jahre IGEB führte Michael-Peter Jachmann, Mitarbeiter der Kundenzeitung punkt 3 von S-Bahn Berlin und DB Regio, ein Interview mit dem Vorsitzenden, Christfried Tschepe. Wir danken für die Genehmigung zum Abdruck.
1. Nov 2005
Am 3. Juli 1980 wurde der Verband gegründet als Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin, um etwas gegen die schlechten Zustände im Eisenbahntransitverkehr zwischen West-Berlin und Westdeutschland zu unternehmen. Als im September 1980 die S-Bahner in West-Berlin streikten, erweiterte sich das Themenfeld schnell um den Nahverkehr. Wir änderten den Namen in Berliner Fahrgastverband, behielten aber das eingeführte Kürzel IGEB bei.
Es ging zunehmend darum, die Politik, Verwaltung und Verkehrsunternehmen in einen Dialog mit den Fahrgästen zu bringen, damit deren Wünsche an den öffentlichen Nahverkehr berücksichtigt werden - aber sie nicht als „ Beförderungsfall" zu betrachten so nach dem Motto: Wie schön könnte doch der Nahverkehr klappen, wenn es bloß diese Fahrgäste nicht gäbe... Und so betrachtete man die IGEB in den 80er Jahren eher als Störenfried und Querulant, ja sogar als Sicherheitsrisiko, weil sie sich im Westteil Berlins für die von der DDR-Reichsbahn betriebene S-Bahn einsetzte. Informationen zu Verkehrsprojekten wurden damals behandelt wie Staatsgeheimnisse, oft erhielten wir sie nur auf inoffiziellem Wege.
Der Fahrgastverband hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die Verkehrsunternehmen die Fahrgäste heute als Kunden betrachten. Inzwischen suchen sie sogar selbst das Gespräch, den Kontakt zum Fahrgast - Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür zeugen davon. Bei den jährlichen Schienenverkehrswochen des Fahrgastverbandes ist es inzwischen selbstverständlich, dass sich die großen Verkehrsunternehmen Berlins und Brandenburgs an Sprechtagen den Fragen der Fahrgäste stellen. Ein Meilenstein waren die Jahre 1983/84, als wir maßgeblich dazu beitragen konnten, dass die S-Bahn auch in West-Berlin eine Zukunft bekommt und damit für die Gesamtstadt erhalten wurde.
Die 90er Jahre brachten besonders viele Fortschritte. Die Stadtplanung mit der Bürgerbeteiligung setzte seit Ende der 70er Jahre Maßstäbe, die nun auch bei der Verkehrsplanung Eingang fanden. Nach der Wende wurden erstmals Mitarbeiter der S-Bahn und der Ost-BVB Mitglieder in unserem Verband. Zu West-Berliner Zeiten war das undenkbar, es hätte als Geheimnisverrat gegolten. Inzwischen ist die IGEB in den Baukoordinationsrunden der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Gast wie die IHK und der VBB dabei, ausdrücklich unterstützt von Senatsstaatssekretärin Maria Krautzberger.
Das erste Verkehrsunternehmen, das von sich aus den regelmäßigen Austausch suchte, war übrigens dank S-Bahn-Chef Günter Ruppert die S-Bahn Berlin. Alle zwei Monate treffen wir uns mit Marketingleiter Dr. Wilfried Kramer, um aktuelle Probleme zu erörtern. Auch im Beirat der Länder für den Schienenpersonennahverkehr und im VBB-Fahrgastforum sind wir von Beginn an dabei.
Ein Dankeschön an die Medien, die in den 80er Jahren als Erste auf unsere Arbeit aufmerksam wurden und sie in die Öffentlichkeit brachten. Der dadurch entstehende Druck veranlasste allmählich immer mehr Politiker und Verwaltungsmitarbeiter, uns einzubeziehen, nicht zuletzt, um eine schlechte Presse zu vermeiden.
Generell geht es uns um die öffentliche Diskussion von Belangen des öffentlichen Nahverkehrs, um das Einbeziehen der Fahrgäste, um das Berücksichtigen ihrer Anliegen. Inhaltlich geht es uns auch darum, die Länder Berlin und Brandenburg und die Landkreise in ihrer Rolle als Besteller des Nahverkehrs zu unterstützen, damit sie ihre Rolle besser ausfüllen und auf die Ausgestaltung des Nahverkehrs im Interesse der Bürger stärker Einfluss nehmen - aber nicht im Sinne sinnloser Knebelungen, wie sie der Senat zum Teil in den S-Bahn-Vertrag eingebaut hat. Vielmehr geht es um das Festschreiben bestimmter Standards und Qualitäten: zum Beispiel das Betreiben der Linien mindestens von fünf Uhr bis Mitternacht oder um Anschlusssicherung beim Umsteigen.
Auch kleine Dinge nehmen wir ernst, beispielsweise das Zukleben von Verkehrsmitteln mit Werbung, was die Sicht nach draußen verhindert, so dass sich der Fahrgast wie in einer Höhle fühlt. Da muss das Wohlgefühl der Fahrgäste vor den Werbeeinnahmen stehen. Doch trotz aller Meinungsverschiedenheiten verbindet uns mit allen Verkehrsunternehmen das gemeinsame Ziel: Attraktiver Nahverkehr, damit möglichst viele Menschen die Bahnen und Busse nutzen.
IGEB
aus SIGNAL 5/2005 (Oktober/November 2005), Seite 5-6