Berlin

Straßenbahn M10 muss zum Bahnhof Friedrichstraße fahren können!


IGEB Stadtverkehr

1. Nov 2005

Zu den vielen Altlasten von Berlins ehemaligem Verkehrssenator Peter Strieder gehört die verpatzte Straßenbahnanbindung des künftigen Hauptbahnhofes. Geplant ist eine Trasse in Verlängerung der Eberswalder Straße über die Bernauer und Invalidenstraße zum Hauptbahnhof Lehrter Bahnhof. Beim Planfeststellungsverfahrenfürdenzweiten Straßenbahnabschnitt zwischen Nordbahnhof und Hauptbahnhof versuchte Strieder, die Straßenraumaufteilung der Invalidenstraße entscheidend zu verändern, um die Planungen zum sogenannten inneren Stadtring durchsetzen zu können. Als Trojanisches Pferd diente dabei die Straßenbahnplanung, hinter der die erhebliche Ausweitung der Fahrbahnbereiche zugunsten der Autos und zulasten der Fußgänger versteckt wurde. Dagegen haben sich die Anwohner erfolgreich gewehrt. Die Kläger sprachen sich zwar nicht gegen die Straßenbahn aus, jedoch blieb die Tram-Planung mit auf der Strecke. Und so wird zurzeit die neue Straßenbahnstrecke nur auf dem Abschnitt zwischen Eberswalder Straße und Nordbahnhof gebaut. Der westliche Abschnitt ist um Jahre verschoben und führt nun zu einer entsprechend verspäteten Direktanbindung des Hauptbahnhofs aus den dicht bebauten Bereichen in Wedding und Prenzlauer Berg.

Straßenbahn-Neubaustrecke am Nordbahnhof. Im Hintergrund ist die Straßenbahn auf der Invalidenstraße zu sehen. Unverständlicherweise bekommen die neuen Gleise hier auf Jahre keinen Anschluss an das bestehende Netz. Foto: Alexander Frenzel

Dass die Tramlinie M10 auf absehbare Zeit nicht an den Hauptbahnhof herangeführt werden kann, ist schon ärgerlich genug, doch es kommt noch schlimmer. Wenn nun, wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander Kaczmarek ersichtlich ist, die neu gebaute Strecke nicht einmal mit der bestehenden verknüpft wird, vergibt man für die nächsten Jahre weitere Chancen. Mit der Verknüpfung wäre es möglich, die U-Bahn-Linie 6 und den Bahnhof Friedrichstraße direkt zu erreichen, so dass mit einmaligem Umsteigen am Bahnhof Friedrichstraße der Hauptbahnhof für die Straßenbahnfahrgäste bereits 2006 einigermaßen gut erreichbar wäre.

Man habe verlorene Kosten für eine Zwischenlösung vermeiden wollen, sagt die Staatssekretärin, als ob es hier um ein paar Monate ginge. Mit dem Verzicht auf das Provisorium wird den Fahrgästen für mehrere Jahre ein weiter Fußweg von der Straßenbahnendstelle Nordbahnhof zur U 6 und ein zusätzliches Umsteigen auf dem Weg zur Stadtbahn zugemutet. Zugleich werden den Autofahrern zusätzliche Straßenbahn-Abbiegefahrten am „stark belasteten Knoten Chausseestraße/Invalidenstraße" erspart. Geht es hier vielleicht mehr um flüssigen Autoverkehr als um verlorene Kosten? Und warum sind eigentlich Kosten, die die Straßenbahn für einige Jahre attraktiver machen, „verlorene" Kosten?

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 5/2005 (Oktober/November 2005), Seite 12