Brandenburg

Harte Einschnitte für Fahrgäste in Brandenburg/Havel


Berlin-Brandenburgischer Bahnkunden-Verband

1. Jan 2006

Zum Fahrplanwechsel Dezember 2005 hat der Verkehrsbetrieb in Brandenburg GmbH (VBBr) sein Angebot drastisch reduziert. Das ist die Folge der Kürzung der Zahlungen für den VBBr durch die Stadt Brandenburg, beschlossen durch eine Mehrheit von CDU und FDP im Stadtparlament. Begründet wird diese Kürzung mit den hohen Schulden der Stadt, bei denen man eben überall sparen müsse.

Studie unter Verschluss

Bereits im Sommer hatte sich die Stimmung zum Thema Nahverkehr in der Politik aufgeheizt, denn es gab eine lange unter Verschluss gehaltene Studie zum Weiterbetrieb der Straßenbahn bzw. zum besten Ausstiegszeitpunkt im Hinblick auf die Bindungsfristen von eingesetzten Fördermitteln. Immer wieder gab es Anlass, am Demokratieverständnis der Stadtoberen und der bereits erwähnten zwei Fraktionen zu zweifeln. Ohne jegliche öffentliche Beteiligung, ohne Diskussion in den Fachausschüssen und sogar mit Beschimpfungen von Gegnern der Reduzierung, zum Beispiel Vertreter der Fachhochschule, wollte man das Thema schnell „durch haben"

Angesichts der wenigen Zeit bis zur Reduzierung geriet der VBBr in eine schwierige Lage. Bei ausreichender Zeit hätte er beispielsweise versuchen können, für einige Linien (so die Linie W aus der Innenstadt zum Einkaufs- und Freizeitzentrum Wust vor den Toren der Stadt) die Unterstützung von Kooperationspartnern bei der Finanzierung zu gewinnen. Hierfür gibt es im Land Brandenburg einige realisierte Beispiele.

Stilliegung abgewendet

Die Stilllegung der Straßenbahn zur Quenzbrücke ist erst einmal abgewendet. Aber der Sparhammer hat schon zugeschlagen: Bei allen Linien gibt es Fahrplanausdünnungen. Foto: Florian Müller

Dennoch ist der neue Fahrplan dank der Bemühungen der Fachleute bei den VBBr nicht ganz so verheerend, wie man am Anfang der kurzen, aber heftigen politischen Diskussion fürchten musste. Eine ursprünglich ins Gespräch gebrachte Einstellung der Linie 2 zur Quenzbrücke wurde abgewehrt. Der neue Fahrplan bringt nun den Nutzern einen mehrfach am Tag wechselnden Takt (je nach der bisher festgestellten Auslastung), in Teilen notwendige Änderungen des Weges zu bestimmten Zielen und an den Wochenenden ein neues Fahrkonzept. Die Innenstadt wird dann im 30-Minuten-Takt nur noch mit der Linie 6 durchfahren, welche Anschluss zur verknüpften Linie 1/2 hat - jedoch nur in einer Richtung. Die Linie 1/2 fährt alle Stunde. Reduziert bis zur Quenzbrücke wurde an den Wochenenden auch der Linienweg der als Ersatz für die alte Strecke der 1 nach Kirchmöser einst verlängerten Linie E. Ganz entfallen sind die Fahrten des Nachtverkehrs von Mitternacht bis etwa vier Uhr.

Widerstand gegen Kürzungen

In Brandenburg formiert sich nun langsam Widerstand gegen die massiven Kürzungen durch die Stadt, verbunden mit konstruktiven Vorschlägen an den Verkehrsbetrieb. Die Politiker der verschiedenen Parteien werden sich daran messen lassen müssen, wie sie auf die Entwicklung nach den Angebotsreduzierungen reagieren werden, denn erfahrungsgemäß wird es nach dem Fahrplanwechsel nochmals Bevölkerungsproteste geben. Dann wird sich zeigen, ob Oberbürgermeisterin Thiemann sich tatsächlich immer weiter von ihrem Ziel entfernt, die Stadt Brandenburg attraktiv zu machen, denn den Handel in der Innenstadt und den Tourismus wird die jetzt erzwungene Reduzierung des Angebots sicherlich nicht fördern.

Berlin-Brandenburgischer Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 6/2005 (Dezember 2005/Januar 2006), Seite 19-20