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Frankfurter stimmen gegen Straßenbahn nach Slubice


Wolfgang Höfer und IGEB Stadtverkehr

1. Mär 2006

In Frankfurt (Oder) fand am 22. Januar 2006 eine Bürgerbefragung zum geplanten Bau der Straßenbahnstrecke über die Oder ins polnische Slubice statt. Es nahmen knapp 30 % der etwa 58.000 Wahlberechtigten teil. Von denen stimmten 83 % gegen das Projekt und nur 17% dafür. Umgerechnet auf alle Frankfurter Wahlberechtigten bedeutet das, dass knapp ein Viertel von ihnen gegen eine Straßenbahn nach Slubice sind.

Diese Bürgerbefragung gilt als „unechter Bürgerentscheid", weil das Ansinnen zu diesem Entscheid nicht von den Frankfurter Bürgern selbst kam, sondern von den Stadtverordneten beschlossen worden war. Das Ergebnis ist deshalb auch nicht verbindlich.

Die Stadtverordneten wollen nun am 16. Februar im Hinblick auf das Ergebnis der Bürgerbefragung erneut über das Vorhaben entscheiden und wohl leider gegen die Straßenbahn nach Stubice stimmen. SIGNAL wird berichten.

Der ganze Vorgang ist ein einziges Trauerspiel, denn am Sinn des Vorhabens hat sich durch die Abstimmung nichts geändert. Die Chance, durch Neubau von lediglich ca. 300 Meter Strecke auf deutscher Seite ein Stadtgebiet mit rund 18.000 Einwohnern - Tendenz steigend - in den Einzugsbereich der Frankfurter Straßenbahn zu bekommen und diese damit wirtschaftlicher betreiben zu können, wird es wahrscheinlich kein zweites Mal geben.

Vergleichsweise müsste man in Frankfurt (Oder) mindestens zwei Kilometer Neubaustrecke mit zweistelligem Millionenaufwand bauen, um zum Beispiel die Nordstadt, ausgehend von der Strecke zur Lebuser Vorstadt, an das Straßenbahnnetz anzuschließen. So wünschenswert eine solche Erweiterung des Streckennetzes wäre, mit der zugleich Leistungen im Omnibusverkehr eingespart werden könnten, so unrealistisch ist sie wegen der Kosten.

Aus der Traum? Die Stadtverordneten hatten die Straßenbahn beschlossen, die Bürger Frankfurts votierten jetzt dagegen. Vor allem in Slubice ist die Enttäuschung groß.

Es war den Befürwortern der Straßenbahn nach Slubice, darunter auch der Oberbürgermeister, nicht gelungen, die Vorteile einer neuen Verbindung überzeugend darzustellen. Im Gegenteil: Mit der in einem Brief der Stadtverwaltung an die Frankfurter Einwohner angekündigten Stilliegung der Strecke zur Lebuser Vorstadt - gleichzeitig mit einer Inbetriebnahme nach Slubice, wurden in dem betroffenen Stadtteil noch zusätzliche Straßenbahngegner „gewonnen"

Fast alle Gründe der Gegner des Vorhabens, wie sie zum Beispiel in einer Umfrage der Märkischen Oderzeitung vom 21. Januar genannt werden, sind widerlegbar. Deshalb muss die Zeit bis zur Abstimmung am 16. Februar genutzt werden, Zweck und Nutzen des Vorhabens verständlicher zu erläutern, auch wenn die Chancen für eine positive Entscheidung äußerst gering sind.

Deshalb ist es unvermeidbar, sofort mit Untersuchungen zu beginnen, wie das Streckennetz auch ohne die Strecke nach Slubice künftig so gestaltet werden kann, dass dieses Verkehrsmittel in Frankfurt (Oder) noch eine Zukunft hat. Soll der Beschluss der Stadtverordneten, dass die Straßenbahn als Grundverkehrsmittel erhalten bleibt, mit Leben erfüllt werden, dann muss sie mehr Fahrgästen als jetzt die gewünschte Verkehrsverbindung anbieten können. Nur dann wird verhindert, dass die Straßenbahn in Frankfurt (Oder) zum teuren Spielzeug degradiert wird, womit die Stilllegung insgesamt vorprogrammiert wäre.

Wolfgang Höfer und IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 1/2006 (Februar/März 2006), Seite 5