Report

Wetterforscher auf Schienen


Gerhard Peters, Meteorologisches Institut, Universität Hamburg
Hans Münster, Max-Planck-Institut für Meteorologie

1. Mär 2006

Die Zuverlässigkeit der Wettervorhersage ist in den letzten Jahren stark verbessert worden. Darin sind sich jedenfalls die Experten einig. Dass dieser Fortschritt in der Öffentlichkeit nicht unbedingt so wahrgenommen wird, hat neben subjektiven Ursachen (an Fehlprognosen erinnert man sich länger als zutreffende Vorhersagen) auch einen objektiven Grund: Die erreichten Verbesserungen betreffen nicht alle Wetterkomponenten gleichmäßig. Am wenigsten hat sich bei der Vorhersage des Niederschlags getan - ausgerechnet bei dem Wetterelement, das im Alltag als das wichtigste empfunden wird. Aber nicht nur die Vorhersage, selbst die Erfassung von Niederschlag ist für viele professionelle Anwender (Wasserwirtschaft, Hochwasserwarnung, Landwirtschaft) von ungenügender Genauigkeit.

Regen schwer vorhersagbar

Mit einer Motordraisine fuhren die Meteorologen auf der Niederlausitzer Eisenbahn zu ihren Regen-Messpunkten. Foto: Gerhard Peters

Woher kommt diese Schwierigkeit? Der Forscher Irving Langmuir hat schon 1948 erkannt, dass die Niederschlagsentstehung oft den Charakter einer Kettenreaktion besitzt. Kleine lokale Störungen atmosphärischer Parameter können unter kritischen Bedingungen lawinenartig starke Niederschlagsereignisse auslösen. Dementsprechend ist der Regen zeitlich und räumlich oft extrem inhomogen und kann in einem Messnetz leicht „durch die Maschen fallen" Ein Beispiel für die zerrissene Struktur eines Regengebietes zeigt das Radarbild.

Regenvermessung im Detail

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaftgeförderten Projekt AQUARADAR versucht eine Gruppe von Wissenschaftlern verschiedener Forschungseinrichtungen und des Deutschen Wetterdienstes, Regenereignisse im Detail zu vermessen. So soll zum Beispiel die Änderung der Tropfengrößen während des Lebenszyklus eines Schauers erfasst werden, weil man hofft, dass man mit dieser Kenntnis die Genauigkeit künftiger Radar-Regenmessungen verbessern kann.

Dieses Vorhaben ist allerdings schwierig in die Tat umzusetzen, weil die Regenschauer mit dem Wind verdriften und an einem Ort meistens nur ein kurzer Ausschnitt aus dem Leben eines Schauers beobachtet werden kann.

Beliebte Wartungsfahrten

Hier kommt nun die Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) insSpiel: Auf dem Radarbild ist ein Abschnitt der zurzeit betrieblich gesperrten Strecke von Groß Leuthen-Gröditsch nach Beeskow (Land Brandenburg, Landkreise Dahme-Spreewald und Oder-Spree) eingezeichnet.

Die farbigen Flecken auf dem Radarbild zeigen Regen am 25. Oktober 2005 um 15.18 Uhr. In der Mitte ist die Messstrecke an der Niederlausitzer Eisenbahn markiert.

Der Bahndamm wurde über eine Länge von 7 Kilometer mit einer Serie von 15 so genannten Radar-Profilern „bepflastert", die dort von August bis November 2005 betrieben wurden und bei passender Windrichtung komplette Daten der Schauer bis in 3000 Meter Höhe mit 20 Sekunden Auflösung von der Entstehung bis zum Zerfall lieferten.

Für den Aufbau der Messstrecke und die Wartung der Geräte wurde eine Draisine gebaut, die - sehr innovativ - von einem alten Motorrad der Type MZ angetrieben wurde. Da es zum Glück nicht immer regnete, vermittelten die beliebten Wartungsfahrten oft eine Eisenbahnromantik ganz besonderer Art. Das Forschungsvorhaben konnte im November 2005 erfolgreich abgeschlossen werden.

Gerhard Peters, Meteorologisches Institut, Universität Hamburg
Hans Münster, Max-Planck-Institut für Meteorologie

aus SIGNAL 1/2006 (Februar/März 2006), Seite 28