Hessen
Ab 5 Minuten Verspätung Fahrgeld zurück!
1. Jul 2006
Am 8. Mai 2006 gab der Nordhessische Verkehrsverbund (NW) in einer Presseerklärung die 5-Minuten-Garantie ab: Wenn sich Busse und Bahnen im NW-Bereich zwischen Göttingen und Schwalmstadt, zwischen Willingen und Bad Hersfeld um mehr als 5 Minuten verspäten, wird auf das entwertete NW-Ticket das Fahrgeld in voller Höhe erstattet. Besitzer von Spartickets sowie von Zeitkarten werden anteilig entschädigt. Darüber hinaus übernimmt der NW Taxikosten bis zu einer Höhe von 25 Euro falls ein Fahrgast nach 20 Uhr seinen Anschluss verpasst. Bis zur gleichen Höhe werden auch Reinigungskosten für den Fall getragen, dass ein Gast seine Kleidung an verunreinigten Sitzen im Fahrzeug oder an Haltestellen verschmutzt hat. Die 5-Minuten-Garantie gilt mit jedem NW-Ticket auf allen Strecken und rund um die Uhr. Ausgenommen sind lediglich die NW-Schülertickets, die durch den Schulträger bezahlt werden, und die Tickets für die Anruf-Sammeltaxen, die im Taxi verkauft werden.
NW-Kunden können sich bis spätestens drei Tage nach einem Vorfall beschweren und ihren Garantie-Anspruch geltend machen: persönlich in allen Infopoints und NW-Kundenzentren, am Service-Telefon unter der Rufnummer 0180-234-0180 oder online unter www.nvv.de . Innerhalb der folgenden drei Monate erhält der Fahrgast in jedem NW-lnfoPoint oder in den NW-Kundenzentren seine Fahrtkosten in bar erstattet. Hierbei muss er sein entwertetes Ticket vorlegen, bei einer gewünschten Erstattung von Taxi- und Reinigungskosten sein Ticket und Quittungen. Bei Erstattungsbeträgen über 5 Euro ist grundsätzlich der Personalausweis vorzulegen. Garantieformulare liegen in Fahrzeugen aus.
Am 11. Mai, also drei Tage nach der Presseerklärung, teilte NW-Geschäftsführer Thomas Rabenmüller in einer Pressekonferenz mit, dass seit Bekanntgabe der 5-Minuten-Garantie 130 Beschwerden eingegangen seien. Das seien 0,02% aller Fahrgäste im genannten Zeitraum. „Die Tatsache, dass einige unserer Gäste überhaupt ihr Fahrgeld zurückgefordert haben, werten wir ausdrücklich nicht als Misserfolg, im Gegenteil", sagt Rabenmüller. „Jeder, der berechtigt etwas an unseren Leistungen zu bemängeln hat, findet bei uns Gehör und wird für Verspätungen und Versäumnisse entschädigt. Es ist ja gerade unser Ziel, Unzulänglichkeiten aufzudecken und auszuschließen, von denen wir auf anderem Wege womöglich nie etwas erfahren hätten." So kann der Fahrgast mithelfen, Leistungen in seinem Sinne zu optimieren. Die Pünktlichkeitsgarantie soll auch gelten, wenn Bus oder Bahn zu früh fahren und der Fahrgast dadurch einen wichtigen Anschluss versäumt. Da über 95 % aller NW-Fahrten pünktlich sind, werden die Erstattungsansprüche in überschaubaren Grenzen bleiben.
Wer seine Kunden für berechtigte Beschwerden bezahlt, kann einigermaßen sicher sein, dass Fahrgäste auch den Zustand von Fahrzeugen und Haltestellen kontrollieren. Allerdings wird die Garantie nicht ganz reibungslos ablaufen: Lange Schlangen beim Buseinstieg vor einer Ampel (z.B. am Altmarkt in Kassel) führen ebenso leicht zu einer Verspätung wie das Verladen von Kinderwagen und Rollstühlen. Probleme gibt es auch bei langer Wartezeit nach einem Unfall. Auch überlastete eingleisige Strecken (Hessentag in Hessisch Lichtenau) führen leicht zu Verspätungen.
Trotzdem begrüßt Pro Bahn & Bus die NW-Initiative mit der Bargelderstattung. Dagegen müssen sich DB-Fahrgäste auf Nicht-NW-Strecken meistens mit einem Gutschein zufrieden geben, dessen Einlösung oft schwierig ist - und auch das nur im Fernverkehr. Die Garantieregelungen des RMV bleiben ähnlich weit hinter denen des NW zurück. Bis Ende 2006 wird der NW das Garantie-Projekt systematisch beobachten, auswerten und danach über eine Verlängerung entscheiden. (HerHof)
Pro Bahn & Bus Hessen
aus SIGNAL 3/2006 (Juni/Juli 2006), Seite 16